Erteilt der Entleiher einem Leiharbeiter Hausverbot, muss der Verleiher nicht automatisch weiter den Lohn zahlen.
Erteilt der Entleiher einem Leiharbeiter Hausverbot, muss der Verleiher nicht automatisch weiter den Lohn zahlen.

Der Arbeitnehmer war als Gebäudereiniger beschäftigt. Wegen einer Klausel im Arbeitsvertrag durfte er nur in einem einzigen Objekt eines Kunden eingesetzt werden. Der Arbeitnehmer geriet mit dem Betriebsleiter des Kunden in Streit. Dieser erteilte ihm daraufhin angeblich ein Hausverbot. Im Prozess war das allerdings umstritten.

Annahmeverzug nach unwirksamer Kündigung

Der Arbeitgeber kündigte dem Arbeitnehmer am selben Tag fristlos, ein halbes Jahr später erneut fristlos. Die Arbeitsgerichte erklärten die Kündigungen in beiden Instanzen für unwirksam. Im Anschluss daran klagte der Arbeitnehmer nun für mehr als drei Jahre den Annahmeverzugslohn ein.

Der Arbeitgeber meinte, er müsse den Lohn wegen des Hausverbots nicht nachzahlen. Er habe den Arbeitnehmer schließlich nicht einsetzen können.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg hatten der Klage stattgeben, das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat die Entscheidung aufgehoben und zurückverwiesen.

Es kommt auf das Hausverbot an

Nach Meinung des BAG ist entscheidend, ob ein Hausverbot tatsächlich erteilt worden ist. Das LAG müsse hierüber daher ergänzend Feststellungen treffen.

Beschäftigt ein Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach Ausspruch einer Kündigung nicht weiter, hat er ein erhebliches finanzielles Risiko. Erweist sich die Kündigung als unwirksam, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Nachzahlung des Lohns. Der Arbeitgeber gerät in den sogenannten Annahmeverzug. Der Arbeitgeber ist nämlich zur Annahme der angebotenen Arbeitsleistung verpflichtet.

Der Arbeitgeber trägt das Betriebsrisiko. Er muss den Lohn auch dann zahlen, wenn er wegen betriebstechnischer Gründe den Arbeitnehmer den beschäftigen kann, zum Beispiel bei Stromausfall. Kann der Arbeitgeber ihn aber wegen des Hausverbots eines Kunden nicht einsetzen, ist dies nach Auffassung des BAG kein Fall des Betriebsrisikos.

Kein Annahmeverzug bei Unvermögen

Der Arbeitgeber befindet sich dann nicht im Annahmeverzug. Das Hausverbot muss auf ein Verhalten des Arbeitnehmers zurückgehen. Um seine Arbeitsleistung anbieten zu können, muss der Arbeitnehmer an die Arbeitsstelle gelangen können. Kann er dies nicht, liegt ein Fall des sogenannten Unvermögens vor.

Bei Unvermögen behält der Arbeitnehmer den Lohnanspruch nur, wenn der Arbeitgeber für die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung allein oder weit überwiegend verantwortlich ist.

Da das LAG diese Frage nicht ausreichend aufgeklärt hatte, muss hierüber nun neu entschieden werden. Anhaltspunkte für eine Verantwortlichkeit des Arbeitgebers liegen aber wohl nicht vor. Es dürfte daher schwierig sein, den Lohnanspruch durchzusetzen.

Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

Dem Arbeitnehmer wurde hier voraussichtlich zum Verhängnis, dass er nur in einem einzigen Objekt eingesetzt werden konnte. Eigentlich ist es für Arbeitnehmer von Vorteil, wenn sie einen festen Arbeitsort haben und das Weisungsrecht des Arbeitgebers eingeschränkt wird. Wie man an dieser Entscheidung sieht, kann dies aber auch nachteilige Folgen haben.Das Hausverbot muss auf ein Verhalten des Arbeitnehmers beruhen. Willkürliche Hausverbote ohne Sachgrund oder diskriminierende dürften damit den Lohnanspruch nicht ausschließen. In Betriebsvereinbarungen zum Einsatz der Beschäftigten bei Kunden sollte geregelt sein, dass sich der Arbeitgeber bei Streitigkeiten mit den Kunden vermitteln muss. Seiner Fürsorgepflicht gegenüber den Beschäftigten kann er nur gerecht werden, wenn er sie vor unberechtigten Sanktionen schützt.
Dieser Artikel ist zuerst erschienen in: „AiB-Newsletter, Rechtsprechung für den Betriebsrat“ des Bund-Verlags, Ausgabe 8/2017 vom 15.03.2017.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28.09.2016 - 5 AZR 224/16 hier im Volltext


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§ 615 BGB

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Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.