Geklagt hatte eine Erzieherin gegen ihren Arbeitgeber, einem Verein der Betreuungsleistungen anbietet. Die Klägerin hatte zwar einen Arbeitsvertrag mit einer Wochenarbeitszeit von 30,0 Stunden, war jedoch in den drei Jahren ihrer Beschäftigung stets mit 35,0 Stunden eingesetzt, da entsprechende Betreuungsbedarfe vorhanden waren.

Arbeitgeber kürzt Lohn im Beschäftigungsverbot

Just in dem Monat, in dem die Klägerin ins Beschäftigungsverbot für werdende Mütter ging, machte der Beklagte sinkende Auslastungszahlen und Betreuungsbedarfe geltend, welche insgesamt für alle Mitarbeiter*innen der Kindertageseinrichtung zu geringeren Wochenarbeitszeiten führen würden.

Dies hatte zur Folge, dass der Beklagte das Arbeitsentgelt der Klägerin im Beschäftigungsverbot auf der Basis von 30,0 Stunden berechnete anstatt auf Basis der zuvor bestehenden Wochenarbeitszeit von 35,0 Stunden.

Daraufhin wendete sich die Klägerin an das zuständige Büro des DGB Rechtsschutz. Dieser klagte für die Klägerin den Lohn auf der Basis von 35 Stunden ein.

Während des Beschäftigungsverbotes ist der Lohn weiter zu zahlen

Schwangere, für die ein Beschäftigungsverbot gilt, bekommen von ihrem Arbeitgeber in diesem Zeitraum mindestens den Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen oder der letzten drei Monate vor Beginn des Monats, in dem die Schwangerschaft eingetreten ist.

Bei dauerhaften („nicht nur vorübergehenden“) Verdiensterhöhungen, die während oder nach Ablauf des Berechnungszeitraums eintreten, ist von diesem erhöhten Verdienst auszugehen. Dagegen bleiben Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, für die Berechnung des Durchschnittsverdienstes außer Betracht.

Dauerhafte Verdienstkürzungen, die während oder nach Ablauf des Berechnungszeitraums eintreten und nicht auf einem mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbot beruhen, sind dagegen bei der Berechnung des Entgelts zu berücksichtigen.

Keine monatsweise Betrachtung der Auslastungszahlen

Hierauf berief sich der Beklagte. Die Auslastung sei in den Monaten des Beschäftigungsverbotes zurückgegangen, so dass die Klägerin nur 30 Stunden hätte arbeiten müssen.

Der Prozessvertreter der Klägerin argumentierte dagegen, dass eine monatsweise Betrachtung der Auslastungszahlen und Betreuungsbedarfe nicht herangezogen werden könne, wenn es darum geht, ob das Entgelt dauerhaft gemindert ist.

Steige der Betreuungsbedarf, so würden die aktiven Mitarbeiter Einkommenszuwächse für sich in Anspruch nehmen können, während die Klägerin leer ausginge.

Arbeitsgericht teilt die Einschätzung der Klägerin

Das Arbeitsgericht Stralsund teilte die Ansicht der Klägerin und führte in der Kammerverhandlung am 13.05.2015 insbesondere aus, dass das Bundesarbeitsgericht sich mit der Dauerhaftigkeit von Entgeltkürzungen nach dem Mutterschutzgesetz bereits befasst habe. 

Der dort zu Grunde liegende Sachverhalt sei auf diesen Fall jedoch nicht übertragbar. Im vorliegenden Fall sei bei einer monatsweisen Betrachtung von Auslastungszahlen und Betreuungsbedarfen eine dauerhafte Verdienstkürzung ausgeschlossen. Der Beklagte habe darüber hinaus nicht dargelegt, dass sich die Auslastung dauerhaft vermindert habe.

Das Verfahren endete trotz insofern eindeutig geäußerter Rechtsauffassung des Gerichts zur Vermeidung weiterer prozessualer Folgen in einem Vergleich. Die Beklagte verpflichtete sich, den rückständigen Lohn in Höhe von 467,31 EUR brutto zu zahlen. Im Gegenzug verzichtete die Klägerin freiwillig auf ein erhöhtes Weihnachtsgeld in Höhe von 150,00 EUR brutto. Auch auf diese Zahlung hätte die Klägerin einen Anspruch gehabt, da hier derselbe rechtliche Maßstab hätte angelegt werden müssen.

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Rechtliche Grundlagen

§ 11 Mutterschutzgesetz - (MuSchG)

Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz - MuSchG)

§ 11 Arbeitsentgelt bei Beschäftigungsverboten

(1) Den unter den Geltungsbereich des § 1 fallenden Frauen ist, soweit sie nicht Mutterschaftsgeld nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung beziehen können, vom Arbeitgeber mindestens der Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen oder der letzten drei Monate vor Beginn des Monats, in dem die Schwangerschaft eingetreten ist, weiter zu gewähren, wenn sie wegen eines Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs. 1, §§ 4, 6 Abs. 2 oder 3 oder wegen des Mehr-, Nacht- oder Sonntagsarbeitsverbots nach § 8 Abs. 1, 3 oder 5 teilweise oder völlig mit der Arbeit aussetzen. Dies gilt auch, wenn wegen dieser Verbote die Beschäftigung oder die Entlohnungsart wechselt. Wird das Arbeitsverhältnis erst nach Eintritt der Schwangerschaft begonnen, so ist der Durchschnittsverdienst aus dem Arbeitsentgelt der ersten 13 Wochen oder drei Monate der Beschäftigung zu berechnen. Hat das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 oder 3 kürzer gedauert, so ist der kürzere Zeitraum der Berechnung zugrunde zu legen. Zeiten, in denen kein Arbeitsentgelt erzielt wurde, bleiben außer Betracht.
(2) Bei Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur, die während oder nach Ablauf des Berechnungszeitraums eintreten, ist von dem erhöhten Verdienst auszugehen. Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, bleiben für die Berechnung des Durchschnittsverdienstes außer Betracht. Zu berücksichtigen sind dauerhafte Verdienstkürzungen, die während oder nach Ablauf des Berechnungszeitraums eintreten und nicht auf einem mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbot beruhen.
(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes im Sinne der Absätze 1 und 2 zu erlassen.