Vor Ablauf der Kündigungsfrist

In der Zeit vor Ablauf der Kündigungsfrist besteht das Arbeitsverhältnis trotz erhobener Klage unverändert fort. Der Arbeitnehmer hat daher ein Recht, vom Arbeitgeber beschäftigt zu werden. 

Nach Ablauf der Kündigungsfrist

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Arbeitnehmer nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Ende des Klageverfahrens weiter zu beschäftigen, wenn die Voraussetzungen des allgemeinen oder betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruches vorliegen.  

Betriebsverfassungsrechtlicher Weiterbeschäftigungsanspruch

Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch besteht, 

  •  wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ordentlich kündigt,
  •  der Betriebsrat der Kündigung form- und fristgerecht widerspricht, 
  •  der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage erhebt 
  •  und der Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung ausdrücklich verlangt

Widerspruchsgründe des Betriebsrates

Das Gesetz legt fest, in welchen Fällen es dem Betriebsrat möglich ist, der Kündigung zu widersprechen.

Ein Widerspruch ist beispielsweise mit der Begründung möglich, dass der Arbeitgeber bei der Entscheidung, welcher Arbeitnehmer zu kündigen ist, soziale Aspekte nicht ausreichend berücksichtigt hat.

Das gleiche gilt für den Fall, dass es möglich ist, den gekündigten Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb weiter zu beschäftigen.

Ein Widerspruch kommt ebenso in Betracht, wenn eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers durch Änderung der Vertragsbedingungen in Betracht kommt und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt. 

Fristgerechter Widerspruch

Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Er kann innerhalb einer Woche nach der Anhörung zur Kündigung schriftlich Stellung nehmen.

Für den Weiterbeschäftigungsanspruch ist erforderlich, dass der Betriebsrat innerhalb dieser Frist der Kündigung formgerecht widerspricht.

Formgerechter Widerspruch

Für eine ausreichende Begründung des Widerspruchs kommt es nicht darauf an, ob die im Gesetz genannten Widerspruchsgründe tatsächlich vorliegen. Es genügt, wenn der Widerspruch nicht offensichtlich unbegründet ist. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Widerspruch mutwillig erfolgte oder dessen Grundlosigkeit sich geradezu aufdrängt.

Die Gründe muss der Betriebsrat jedoch durch Angabe von konkreten, auf den jeweiligen Einzelfall bezogenen Tatsachen nachvollziehbar darlegen.

Der Betriebsrat muss den Widerspruchsgrund plausibel machen. Das bedeutet, dass der Betriebsrat verpflichtet ist, einen Sachverhalt vor zu tragen, der das Vorliegen eines Widerspruchsgrundes möglich erscheinen lässt. 

Ausdrückliches Verlangen der Weiterbeschäftigung

Der Arbeitnehmer muss ausdrücklich erklären, dass er bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigt werden möchte.

Der Weiterbeschäftigungsanspruch soll eine ansonsten entstehende Lücke in der Beschäftigung verhindern.

Der Arbeitnehmer muss seine Weiterbeschäftigung daher grundsätzlich innerhalb der Kündigungsfrist verlangen. Die Erklärung des Arbeitnehmers ein Tag nach dem Ende der Kündigungsfrist ist jedoch noch rechtzeitig. 

Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers

Auch bei ordnungsgemäßem Widerspruch des Betriebsrates kann sich der Arbeitgeber gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitsnehmers zur Wehr setzen.

Arbeitgeber können beim Arbeitsgericht beantragen, dass es sie durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung entbindet.

So kann sich der Arbeitgeber beispielsweise erfolgreich gegen das Weiterbeschäftigungsverlangen des Arbeitnehmers stellen, wenn der Widerspruch des Betriebsrates offensichtlich unbegründet war oder die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde. 

Allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch

Unabhängig von der Frage, ob die Voraussetzungen des betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruchs vorliegen, kann der Arbeitnehmer den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend machen. 

Interessenabwägung

Bei dessen Voraussetzungen kommt es auf die Bewertung der Interessenlage der Parteien an.

Der Arbeitnehmer kann die Weiterbeschäftigung verlangen, wenn sein Beschäftigungsinteresse das Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung überwiegt. Bei der Interessenabwägung sind insbesondere die Erfolgsaussichten im Prozess zu berücksichtigen. 

Kündigung offensichtlich unwirksam

Wenn eine Kündigung offensichtlich unwirksam ist, überwiegt das Interesse des Arbeitnehmers.

Dies ist der Fall, wenn sich bereits aus dem eigenen Vortrag des Arbeitgebers ohne Beweiserhebung die Unwirksamkeit der Kündigung geradezu aufdrängt. In diesen Fällen ist der Arbeitgeber zur Weiterbeschäftigung verpflichtet. 

Vor Abschluss des Verfahrens erster Instanz

Von diesem Ausnahmefall abgesehen überwiegen vor Abschluss des Verfahrens erster Instanz in der Regel die Interessen des Arbeitgebers.

Er ist daher grundsätzlich nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen. 

Nach Abschluss des Verfahrens erster Instanz

Weist das Gericht die Klage des Arbeitnehmers ab, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen. In diesem Falle überwiegt das Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers.

Entscheidet das Gericht erster Instanz zu Gunsten des Arbeitnehmers, besteht ab diesem Zeitpunkt grundsätzlich eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers. 

Nach Abschluss des Verfahrens zweiter Instanz

Dasselbe gilt für den Fall, wenn die Klage erst in zweiter Instanz vom Arbeitnehmer erfolgreich beendet wird. Der Arbeitnehmer ist daher ab diesem Zeitpunkt ebenfalls weiter zu beschäftigen.