Höhere Abfindung nach Turboklausel erstritten. Autohaus scheitert mit Berufung beim Landesarbeitsgericht Hamm.
Höhere Abfindung nach Turboklausel erstritten. Autohaus scheitert mit Berufung beim Landesarbeitsgericht Hamm.

Wir hatten über den Fall des Kfz-Mechanikers berichtet, für den der DGB Rechtsschutz in Bielefeld eine höhere Abfindung erstritten hatte.
Vorausgegangen war ein Kündigungsstreit, der per Vergleich beendet wurde. Der Vergleich sah eine Erhöhung der Abfindung vor um die Vergütung, die sich der Arbeitgeber durch die vorzeitige Beendigung spart.

Erst Streit wegen Kündigung, dann Streit wegen Höhe der Abfindung

Als es dann zu einer solchen frühzeitigen Beendigung kam - denn der Kläger fand schnell wieder einen Job - zahlte das Autohaus nur den normalen Monatslohn als weitere Abfindung aus. Der Streit ging weiter, denn bei einer Beendigung wie vereinbart, wäre auch das tarifliche Urlaubsgeld zur Auszahlung gekommen. Dieses fällt unter die ersparte Vergütung, so die Ansicht der Klägerseite, die vom Arbeitsgericht Bielefeld bestätigt wurde.

Das Arbeitsgericht Bielefeld gab der Klage statt und verurteilte das Autohaus, dem ehemaligen Mitarbeiter noch eine weitere Abfindungssumme von knapp 1.800,- € zu zahlen.

Nicht vergleichsbereite Arbeitgeberseite legte Berufung ein

Wie zu vermuten, fand sich der ehemalige Arbeitgeber des IG Metall-Mitglieds damit nicht ab und legte Berufung ein. Diese Vermutung gründete sich allerdings nicht auf Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung, sondern auf der aus zahlreichen Verfahren bekannten Uneinsichtigkeit des Betriebsleiters.

In diesem Falle kam diesem die Uneinsichtigkeit nicht unbedingt teuer zu stehen, teurer geworden ist die Angelegenheit indes doch. Zuletzt hatten die Richter beim Arbeitsgericht 1.200,- € als Vergleich vorgeschlagen. Während der Kläger zugestimmt hatte, war die Beklagte nicht bereit, den Vorschlag anzunehmen. Nun muss sie 600,- € mehr zahlen. Nun, wie heißt es so schön: Hinterher ist man immer schlauer!

Auf Berufungsbegründung erfolgt deutlicher rechtlicher Hinweis

In der Berufungsbegründung wiederholte die Arbeitgeberseite kurz und knapp einen Teil des erstinstanzlichen Vorbringens, warum also das Urlaubsgeld nicht unter den Begriff „Vergütung“ aus der Turboklausel fallen sollte. Das überzeugte den vorsitzenden Richter beim Landesarbeitsgericht Hamm mindestens genauso wenig wie die Richter in Bielefeld.

Die Berufungsbegründung wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit einem richterlichen Hinweis zugeschickt. Diese besagte, dass „auch die umfangreiche Berufungsbegründung im Ergebnis keinen Anlass gibt, von der zutreffenden Entscheidung des Arbeitsgerichts abzuweichen“. Der Vergleich regele nicht die Zahlung einer Abfindung für eine klar definierte Vergütung, auch nicht für die regelmäßige Vergütung, sondern die Vergütung, welche ohne die vorzeitige Beendigung angefallen wäre. Dies beinhalte, so der Hinweis abschließend, auch das Urlaubsgeld, wie das Arbeitsgericht richtig ausgeführt habe.

Einen so klaren richterlichen Hinweis bekommt man nicht alle Tage zu sehen und er verfehlte auch nicht seine Wirkung: Bereits am folgenden Tag folgte die Rücknahme der Berufung.

Zahlung steht noch aus

Gezahlt wurde der Betrag trotz Rechtskraft des Urteils bisher nicht. Ob es das Autohaus noch auf eine Zwangsvollstreckung ankommen lassen will? In das Konzept würde es passen. Schon die Kündigungsgründe waren dürftig, zu dem Vergleich ist es aus Sicht des Klägers allein gekommen, weil er kein Interesse hatte, das Arbeitsverhältnis fortzuführen. Der Arbeitgeber hätte gut daran getan, mit dem Vergleich im Kündigungsschutzverfahren einen Strich hinter die Sache zu machen. Offenbar war die Einsicht eigentlich ganz glimpflich aus der Sache herausgekommen zu sein, aber nicht angekommen. Denn sonst wäre der Vergleich ordnungsgemäß erfüllt worden anstatt wegen der Höhe der Abfindung noch einen solchen Eiertanz zu veranstalten.