Kündigung eines Bankmitarbeiters auf Verlangen der New Yorker Finanzaufsichtsbehörde nach deutschem Arbeitsrecht unwirksam.
Kündigung eines Bankmitarbeiters auf Verlangen der New Yorker Finanzaufsichtsbehörde nach deutschem Arbeitsrecht unwirksam.

Über die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, welche die Commerzbank gemäß einer Vergleichsverpflichtung ("Consent Order") auf Verlangen der New Yorker Finanzaufsichtsbehörde ausgesprochen hatte, entschied das Hessische Landesarbeitsgericht am 13.07.2016.

Die Berufungsrichter*innen verwiesen darauf, dass die Verpflichtung der Commerzbank unter dem Vorbehalt stand, dass eine Kündigung durch ein deutsches Gericht überprüft werden kann. Nach deutschem Arbeitsrecht erwies sich die Kündigung als nicht gerechtfertigt.

Druckkündigung auf amerikanisch?

Zur Begründung der Kündigung machte die Commerzbank geltend, dass sie von der New Yorker Finanzaufsichtsbehörde durch eine Vergleichsverpflichtung gezwungen wurde, ein Arbeitsverhältnis mit einem Mitarbeiter zu beenden. Hiermit wollte die beklagte Bank offenkundig zum Ausdruck bringen, dass sie sich veranlasst sah, eine sogenannte Druckkündigung auszusprechen.

Die Finanzaufsichtsbehörde ging davon aus, dass insbesondere Mitarbeiter der Filiale Hamburg Zahlungen verschleiert hätten. Man habe bei deren Ausführung über die New Yorker Niederlassung der Bank nicht kontrollieren können, ob die US-amerikanischen Vorschriften zum Iran-Embargo eingehalten wurden.

Neben einer hohen Strafzahlung hatte die New Yorker Aufsichtsbehörde auch die Entlassung mehrerer Angestellter der Commerzbank in Deutschland verlangt. Damit habe sie Sanktionen gegen einzelne Personen zur Abschreckung durchsetzen wollen, wie sie dies auch bei Aufsichtsmaßnahmen in den USA forderte.

Voraussetzungen für sogenannte Druckkündigung nicht erfüllt

Bereits erstinstanzlich konnte das Frankfurter Arbeitsgericht keine Gründe erkennen, die zu einer wie auch immer gearteten Kündigung hätten berechtigen können. Die von der Commerzbank eingelegte Berufung blieb ohne Erfolg. Die 18. Kammer des Hessischen Landesarbeitsgerichts ließ offen, unter welchen Bedingungen sich eine Bank wegen einer solchen Sanktion darauf berufen kann, ein Arbeitsverhältnis beenden zu müssen, das dem deutschen Recht untersteht.

Da die Verpflichtung der Commerzbank nach der "Consent Order" unter dem Vorbehalt gestanden hat, dass eine Kündigung durch ein deutsches Gericht überprüft werden könne, habe die Überprüfung ergeben, dass diese nicht gerechtfertigt gewesen sei.

Denn die bisher von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannten Voraussetzungen für eine sogenannte Druckkündigung seien nicht erfüllt, wenn eine Aufsichtsmaßnahme eine Bestrafung bezwecke, die der Arbeitgeber umsetzen müsse.

Commerzbank ist vorerst nicht zur Weiterbeschäftigung des Angestellten verpflichtet

Vorerst ist die Commerzbank nicht verpflichtet, den Mitarbeiter tatsächlich zu beschäftigen. Gegenüber der Finanzaufsichtsbehörde hatte sie vertraglich zugesagt, ihren Arbeitnehmer in bestimmten Bereichen nicht mehr einzusetzen, wenn das Arbeitsverhältnis - wegen einer gerichtlichen Entscheidung - fortbestehe.

Der klagende Arbeitnehmer konnte durch seinen Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Beendigung des Kündigungsrechtsstreits keine vorübergehende Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes erreichen, welche bisher von der Commerzbank noch nicht vorgenommen wurde. Die Anschlussberufung des Angestellten ist ebenfalls zurückgewiesen worden.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Über den weiteren Verlauf werden wir berichten.

Anmerkung:

Man spricht dann von einer Druckkündigung wenn der Arbeitgeber unter Druck gesetzt wird, einem bestimmten Mitarbeiter zu kündigen. Der Druck kann von Mitarbeitern und/oder auch von Kunden ausgehen.
H2: Wann liegt eine Druckkündigung vor?

Nach der langjährigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist dann von einer Druckkündigung auszugehen, wenn Dritte die Entlassung eines Mitarbeiters von einem Arbeitgeber verlangen und dieser dem Druck nachkommt.

Anlässe für eine Druckkündigung können dann gegeben sein, wenn Mitarbeiter*innen nicht mit einem Kollegen zurechtkommen oder wenn Kunden sich von dem Angestellten beleidigt fühlen. Ein Grund für eine Druckkündigung kann auch sein, dass dem Arbeitgeber Nachteile drohen, wenn er der Aufforderung eine Kündigung auszusprechen, nicht nachkommt.

Nachteile können sein, dass Mitarbeiter*innen mit einer Eigenkündigung drohen, falls ein bestimmter Arbeitnehmer nicht entlassen wird, oder dass Kunden mit dem Abbruch der Geschäftsbeziehungen drohen.

Druckkündigung erhalten und nun?

Nicht gleich erschrecken sollte man, wenn eine Druckkündigung ausgesprochen wird. Denn die Chancen, dass im Falle der arbeitsgerichtlichen Überprüfung, die ausgesprochene Druckkündigung als rechtswidrig erkannt wird, sind nicht schlecht.

Eine Druckkündigung darf nur als letztes Mittel eingesetzt werden: Vor Ausspruch einer solchen Kündigung muss der Arbeitgeber versuchen, zwischen den Fronten zu vermitteln. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber nachweisen, dass ihm erhebliche wirtschaftliche Nachteile drohen, wenn er dem Mitarbeiter nicht kündigt.

Rechtliche Schritte gegen eine Druckkündigung

Druckkündigungen werden relativ selten ausgesprochen. Doch sollte man von einer solchen Kündigung überzogen werden, dann hilft der gewerkschaftliche Rechtsschutz weiter, der bei der Gewerkschaft zu beantragen ist, bei der eine Mitgliedschaft besteht.

Die Vertretung vor dem Arbeitsgericht kann nach erfolgter Rechtsschutzerteilung durch die Juristen*innen der DGB Rechtsschutz GmbH erfolgen, die bundesweit in 111 Büros die Interessen der gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer*innen vertreten.

Hier die Pressemitteilung des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 13.07.2016 zum Urteil