Soziale Netzwerke sind in unserem Leben längst zum festen Bestandteil geworden. Die Kommunikation ist schnell und unkompliziert, so dass manche Meinungsäußerungen unüberlegt ins Internet wandern. Dort können sie von vielen gelesen werden und Schaden anrichten. Diese Erfahrung mussten einige Arbeitnehmer machen, die in sozialen Netzwerken allzu schnell ihren Frust über Chef, Kollegen oder Kunden abließen und darauf ihre Kündigung in den Händen hielten. Auch von den Juristinnen und Juristen der DGB Rechtsschutz GmbH werden einige Kündigungsschutzklagen als Folge eines allzu leichtsinnigen Umgangs mit Facebook und Co. geführt.

So glaubte sich der Beschäftigte einer Hagener Metallfirma in einer intimen Unterhaltung mit seinem ehemaligen Kollegen. Deshalb ließ er Kraftausdrücken über seinen Vorgesetzten wie „Drecksau“ oder „kleiner Scheißhaufen“ freien Lauf. In Wirklichkeit jedoch erfuhren alle seine 70 Facebook-Freunde von der Unterhaltung. Da sich darunter überwiegend Arbeitskollegen befanden, erfuhr die Chefetage schnell von den Entgleisungen und reagierte prompt – mit sofortiger Freistellung und Kündigung. Wäre es nach dem Betriebsratsvorsitzenden Petros Andreou gegangen, hätten eine Abmahnung und Versetzung in eine andere Abteilung ausgereicht: „Natürlich hat auch der Betriebsrat die Handlungsweise des Beschäftigten verurteilt und duldet solche Umgangsformen nicht.“ Der Gekündigte klagte mit Hilfe des DGB Rechtsschutz-Büros Hagen dagegen, erhielt allerdings kein Recht: Die Kraftausdrücke und Schmähungen sind in deren Derbheit kaum noch steigerungsfähig, so die Richter. Erst in zweiter Instanz vor dem Landesarbeitsgericht Hamm gelang es, Frieden einkehren zu lassen: Beiden Seiten schlossen einen Vergleich, wonach der Gekündigte an einen anderen Arbeitsplatz im Betrieb zurückkehren kann.

 

Schutz der Firma geht vor

 

Weniger glimpflich endete ein Fall, den die DGB Rechtsschutz GmbH in Paderborn bearbeitete. Als ein Angestellter eines Lebensmittellabors auf Facebook mit ironischem Unterton angab, er sei ein „Sklave“ und „Labormensch bei der Paderborner Saftmafia“, hörte für den Hauptkunden des Labors der Spaß auf: Er verlangte von seinem Dienstleister die Entlassung des Beschäftigten wegen Geschäftsschädigung. Der Arbeitgeber stellte sich zunächst schützend vor seinen Angestellten, aber der Zulieferbetrieb, der sich durch den Facebook-Eintrag diskreditiert und in Verbindung mit kriminellen Machenschaften gebracht sah, beharrte auf seinem Standpunkt. Um schlimmstenfalls die Stilllegung des Labors mit 50 Mitarbeitern abzuwenden, blieb dem Arbeitgeber nichts anderes übrig, als dem Mitarbeiter zu kündigen. Vor Gericht teilten die Richter die Ansicht, dass „Sklave“ ironisch zu verstehen sei und unter die Meinungsfreiheit falle. Der Arbeitgeber hätte zunächst abmahnen müssen. Bei der ebenfalls ausgesprochenen fristgerechten Druckkündigung jedoch teilten die Richter die Arbeitgebersicht: Es sei besser, sich von einem Mitarbeiter zu trennen, als die Schließung des Labors in Kauf zu nehmen für den Fall, dass sich der Hauptkunde tatsächlich einen neuen Dienstleister suche. Somit musste der 32-jährige Laborant gehen.

 

Zuerst muss der Arbeitgeber abmahnen

 

Mit einem erzürnten Kommentar auf Facebook brachte sich ein Einzelhandelskaufmann aus Duisburg ins Abseits: Er regte sich auf Facebook über eine Kollegin auf, die ihn zu Unrecht angeschwärzt hatte, während seiner Krankschreibung im Café gesessen zu haben. Seine verletzenden Äußerungen, die auf die „Speckrollen“ und schlechten Sex seiner Kollegen anspielten, waren der Grund für die fristlose verhaltensbedingte Kündigung. Das Arbeitsgericht Duisburg, das über die Rechtmäßigkeit der Kündigung verhandelte, stellte im Anschluss zwar klar, dass die Meinungsfreiheit nach Artikel 5 Absatz 1 Grundgesetz grundsätzlich auch polemische und verletzende Äußerungen umfasst; hiervon ausgenommen seien jedoch die im vorliegenden Fall geäußerten Beleidigungen. Entscheidend für die Richter war allerdings, dass die Äußerungen nicht ohne Anlass, sondern im Affekt gemacht wurden. Deshalb sei von erneutem Fehlverhalten nicht auszugehen. Eine Abmahnung hätte ausgereicht, der Arbeitnehmer ist weiterzubeschäftigen.

Rechtliche Grundlagen

Druckkündigung

Wenn ein Arbeitgeber zunächst keine Kündigung anstrebt, sich jedoch dem Druck seitens der Kunden oder der Belegschaft beugt, spricht man von einer Druckkündigung. Diese Art der Kündigung wird von der Rechtsprechung nur in engen Grenzen zugelassen. Sie wird ausgesprochen, wenn schwere wirtschaftliche Schäden bis hin zur Firmenschließung infolge des Verhaltens eines Beschäftigten zu erwarten sind und nach Ausschöpfung aller rechtlichen Mittel der Druck nicht nachlässt.