Versuch des Autovermieters SIXT die Initiatorin einer Betriebsratswahl zu kündigen ist gescheitert. © Adobe Stock - Von Björn Wylezich
Versuch des Autovermieters SIXT die Initiatorin einer Betriebsratswahl zu kündigen ist gescheitert. © Adobe Stock - Von Björn Wylezich

Über die Wirksamkeit dreier außerordentlicher Kündigungen einer Mitarbeiterin des Autovermieters SIXT entschied das Arbeitsgericht Düsseldorf am 23. Februar 2022. Vorausgegangen war folgendes:
Die mit drei Kündigungen überzogene Mitarbeiterin hatte am 20. August.2021 mit zwei Kolleginnen zu einer Betriebsversammlung eingeladen um einen Wahlvorstand zur Durchführung einer Betriebsratswahl zu wählen.

Kündigung Nr. 1 wegen Zuspätkommens zur Arbeit

Am 27. August 2021 kündigte SIXT fristlos und hilfsweise fristgerecht. Begründet wurde die Kündigung mit wiederholtem Zuspätkommens zur Arbeit trotz einschlägiger Abmahnung.

Kündigung Nr. 2 wegen Absage einer Versammlung zur Wahl eines Wahlvorstands

Am 21.September 2021 sollte die Betriebsversammlung stattfinden um einen Wahlvorstand zu wählen. Rund 15 Beschäftigte waren der Einladung gefolgt. Da der zu diesem Zweck angemietete Raum im Hinblick auf die Coronaschutzvorschriften zu klein war, wurde die Versammlung abgesagt, nachdem die zur Betriebsversammlung eingeladenen Mitarbeiterinnen es abgelehnt hatten, diese in anderen, kurzfristig von der Arbeitgeberin zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten abzuhalten.


Weil die Klägerin das Angebot, die Versammlung in einem anderen Raum durchzuführen, nicht angenommen hatte, kündigte SIXT am 3. November erneut fristlos. SIXT begründete die Kündigung damit, dass die Mitarbeiterinnen absichtlich einen zu kleinen Raum angemietet hätten, um sicher zu sein, dass die Betriebsversammlung nur stattfinden kann, wenn kaum Beschäftigte der Einladung folgen und sie sich selbst zum Wahlvorstand hätten wählen können. Die Mitarbeiterinnen, so SIXT, seien davon ausgegangen, dass durch die Absage der Betriebsversammlung der Weg zum Arbeitsgericht offen stünde, um sich dort per Beschluss als Wahlvorstand einsetzen zu lassen.

Kündigung Nr. 3 wegen Hausfriedensbruch

Am 09. Dezember 2021 betrat die zweifach außerordentlich gekündigte Mitarbeiterin ohne vorherige Absprache mit der Arbeitgeberin zusammen mit einer Kollegin den Backoffice-Bereich der Filiale und hängte dort eine neue Einladung zu einer Wahlversammlung aus. Hierauf erblickte die Arbeitgeberin einen Hausfriedensbruch und kündigte erneut fristlos, zumal sie beim Durchqueren der Filiale Kunden massiv verschreckt habe.

Die wesentlichen Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts

Das Düsseldorfer Arbeitsgericht erkannte die außerordentlichen und auch die jeweils hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigungen als unwirksam. Im Wesentlichen begründete des Gericht seine Entscheidung wie folgt:


In der Regel könne das wiederholte Zuspätkommen nur den Ausspruch einer ordentlichen Kündigung, nicht aber einer fristlosen Kündigung rechtfertigen. Da die Klägerin als Initiatorin einer Betriebsratswahl besonderen Kündigungsschutz genieße sei eine ordentliche Kündigung jedoch ausgeschlossen.
Die zweite fristlose Kündigung könne schon deshalb keinen Bestand haben, weil es für die von der Arbeitgeberin behaupteten Absichten der Mitarbeiterinnen keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte gebe.


Auch die dritte Kündigung erweise sich als unwirksam. Die Klägerin habe zwar das Hausrecht verletzt, da sie als fristlos Gekündigte, ohne dies mit der Beklagten abzusprechen, deren Betriebsräume betreten habe. Jedoch sei die Pflichtverletzung nicht so schwer, dass sie eine fristlose Kündigung rechtfertigen könne. Völlig ausreichend sei der Ausspruch einer Abmahnung gewesen, da das Erscheinen der Initiatorin einer Betriebsratswahl keine gravierenden Auswirkungen auf die Betriebsabläufe gehabt habe. Im Übrigen habe der Besuch der Klägerin im Backoffice-Bereich aus deren Sicht, der Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Rechte gedient.


Gegen das Urteil kann die beklagte Arbeitgeberin Berufung beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf. Über den weiteren Verlauf werden wir berichten

Hier geht es zur Pressemitteilung des Arbeitsgericht Düsseldorf:

Rechtliche Grundlagen

§ 15 Absatz 3a und 3b Kündigungsschutzgesetz

Auszug aus Kündigungsschutzgesetz (KSchG) § 15 Abs. 3a und 3b - Unzulässigkeit der Kündigung

(3a) Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung nach § 17 Abs. 3, § 17a Nr. 3 Satz 2, § 115 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes einlädt oder die Bestellung eines Wahlvorstands nach § 16 Abs. 2 Satz 1, § 17 Abs. 4, § 17a Nr. 4, § 63 Abs. 3, § 115 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 oder § 116 Abs. 2 Nr. 7 Satz 5 des Betriebsverfassungsgesetzes beantragt, ist vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; der Kündigungsschutz gilt für die ersten sechs in der Einladung oder die ersten drei in der Antragstellung aufgeführten Arbeitnehmer. Wird ein Betriebsrat, eine Jugend- und Auszubildendenvertretung, eine Bordvertretung oder ein Seebetriebsrat nicht gewählt, besteht der Kündigungsschutz nach Satz 1 vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an drei Monate.
(3b) Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der Vorbereitungshandlungen zur Errichtung eines Betriebsrats oder einer Bordvertretung unternimmt und eine öffentlich beglaubigte Erklärung mit dem Inhalt abgegeben hat, dass er die Absicht hat, einen Betriebsrat oder eine Bordvertretung zu errichten, ist unzulässig, soweit sie aus Gründen erfolgt, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Der Kündigungsschutz gilt von der Abgabe der Erklärung nach Satz 1 bis zum Zeitpunkt der Einladung zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung nach § 17 Absatz 3, § 17a Nummer 3 Satz 2, § 115 Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes, längstens jedoch für drei Monate.