Die Arbeitnehmerin war seit 1983 als Sachbearbeiterin im Büro des Kreisverbandes einer politischen Partei beschäftigt. Sie wehrt sich vor dem Arbeitsgericht (ArbG) Düsseldorf gegen die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses. Außerdem verlangt sie die Berichtigung des ihr erteilten Zwischenzeugnisses.

Nur Mitarbeiter des Kreisverbandes zählen

Das Arbeitsgericht (ArbG) Düsseldorf hat die Klage insgesamt abgewiesen. Es hält das Kündigungsschutzgesetz für nicht anwendbar, da in dem Betrieb des Kreisverbandes - dies ist unstreitig - nicht mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden. 

Die Arbeitnehmer des Landesverbandes könnten nicht hinzugerechnet werden, da Landes- und Kreisverband keinen gemeinsamen Betrieb unter einheitlicher Leitung betrieben. Es gebe weder eine personelle oder technisch-organisatorische Verknüpfung der Arbeitsabläufe, noch fänden sich Anzeichen für einen gemeinsamen Einsatz der Betriebsmittel. 

Kein Verstoß gegen Treu und Glauben

Zwar kann auch eine außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes ausgesprochene Kündigung unwirksam sein. Die Arbeitsrichter fanden jedoch keine Anzeichen für eine unzulässige Diskriminierung oder Maßregelung durch den Beklagten. 

Im Kleinbetrieb dürfe der Arbeitgeber, so die Kammer, eine Kündigung aussprechen, wenn aus seiner Sicht ein Vertrauensverlust eingetreten und diese Einschätzung nicht erkennbar aus der Luft gegriffen sei. 

Kein Anspruch auf neues Zwischenzeugnis

Die Klage ist auch erfolglos, soweit die Klägerin die Erteilung eines von ihr neu formulierten Zwischenzeugnisses begehrt. Es genüge nicht, dass das erteilte Zeugnis unrichtig sei. 

Wegen der Formulierungshoheit des Arbeitgebers hätte die Klägerin nur obsiegen können, wenn das Ermessen des Beklagten im Hinblick auf die jeweils von ihr beanspruchten Formulierungen auf Null reduziert gewesen wäre. 

Dies habe sich aus dem Vortrag der Klägerin aber nicht ergeben. Zudem habe sie nicht ausreichend dargelegt, warum der Arbeitgeber ihr eine überdurchschnittliche Leistung hätte bescheinigen müssen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Dezentraler Aufbau bei vielen politischen Akteuren

Das Urteil betrifft in Bezug auf die Geltung des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) eine Vielzahl von »Ideologievereinen«, die kraft Satzung basisdemokratisch aufgebaut sind oder deren Organisation der politischen Struktur Kommune, Land, Bund folgen. Neben den Parteien sind das die Gewerkschaften, Religionsgemeinschaften, Wohlfahrtsverbände, Stiftungen, Verbraucherschutzorganisationen usw.

Dass das Thema für diesen Arbeitgeberkreis in Literatur und Rechtsprechung bisher keine erkennbare Bedeutung gefunden hat, mag daran liegen, dass bei größeren Organisationen tarifliche, betriebsverfassungsrechtliche oder auch einzelvertragliche Regelungen den Kündigungsschutz auf die dezentralen Einheiten erstrecken und kleinere Organisationen ohne solche Reglungen oft die nichtöffentliche Einigung bevorzugen.

In Zeiten schwindender Mitgliederzahlen und folglich engerer finanzieller Möglichkeiten, könnte die Entscheidung des ArbG Düsseldorf für eine Trendwende stehen, jedenfalls für kleinere Organisationen.

Betriebsbegriff des Kündigungsschutzgesetz - KSchG -

Das KSchG stützt seinen Betriebsbegriff auf zwei Voraussetzungen. Es muss eine organisatorische Einheit vorliegen, d.h. das Zusammenwirken der Beschäftigten hat einen eigenständigen Sinn und Zweck, der sich aber nicht zwingend in wirtschaftlichen Ergebnissen niederschlagen muss. Der Betriebszweck kann auch immaterieller Natur sein. 

Entscheidend ist weiter, dass in der Einheit eine eigenständige Leitung institutionalisiert ist, die die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen ausübt. Bei einer Kündigung wäre in diesem Sinne wesentlich, dass die örtliche Leitung die Entscheidung für die Kündigung herbeiführt und die Voraussetzungen für ihre Durchsetzung liefert. Ob die übergeordnete Zentrale sie dann ausspricht, wäre weniger von Bedeutung. 

Nach dem Wortlaut der Pressemitteilung hat sich das ArbG Düsseldorf die Prüfung erspart, ob der Kreisverband selbst ein Betrieb im kündigungsrechtlichen Sinne ist. Da er unter der gesetzlichen Beschäftigtenzahl bleibt, findet das KSchG von daher ohnehin keine Anwendung. Ihn dem Landesverband zuzuordnen lässt es an der fehlenden einheitlichen Leitung scheitern.

Arbeitgeberfunktion bleibt offen

Daraus kann gefolgert werden, dass das ArbG die Leitung beim Kreisverband sieht, ohne es definitiv festzustellen. Das dürfte ein wichtiges Thema für die nächste Instanz sein, weil logischerweise nicht sein kann, dass die erforderliche Leitungsfunktion weder beim Landes- noch Kreisverband liegt. Parteien haben Satzungen und Statuten, die Vorgaben für alle Parteigliederungen beschreiben. 

Insofern ist es möglicherweise richtig, dass sich satzungsgemäß »weder personelle oder technisch-organisatorische Verknüpfung der Arbeitsabläufe finden, noch Anzeichen für einen gemeinsamen Einsatz der Betriebsmittel.« 

Wer aber übt die Arbeitgeberfunktion vor Ort aus? Das beschreibt im Zweifel nicht die Satzung, sondern die gelebte Praxis. Sollte es nicht der Kreisverband sein, müsste es zwangsläufig der Landesverband sein. Andernfalls befänden sich die Beschäftigten des Kreisverbands in einem arbeitsrechtlichen Nirgendwo.
(Dieser Artikel ist zuerst erschienen in: „AiB-Newsletter, Rechtsprechung für den Betriebsrat“ des Bund-Verlags, Ausgabe 16 vom 18. September 2015, www.ab-web)


Das Urteil des Arbeitsgericht Düsseldorf vom 31.08.2015, Aktenzeichen 6 Ca 751/15 gibt es hier im Volltext