Es verstößt nicht gegen das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit des Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention, wenn eine Kirchengemeinde einer bei ihr angestellten Erzieherin kündigt, weil sie Mitglied einer anderen Religionsgemeinschaft ist. Das entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) im Fall einer bei einem evangelischen Kindergarten beschäftigten Erzieherin. Die Katholikin ist aktiv in der „Universalen Kirche/Bruderschaft der Menschheit“ und hatte – nachdem ihr Arbeitgeber davon erfahren hatte – die fristlose Kündigung erhalten. Die für sie anwendbaren Arbeitsrechtsregelungen für Mitarbeiter der evangelischen Landeskirche enthalten unter anderem eine Bestimmung, wonach diese zur Loyalität gegenüber der evangelischen Kirche verpflichtet sind. Ihnen ist eine Mitgliedschaft oder Mitarbeit in Organisationen untersagt, deren Grundauffassung oder Tätigkeit im Widerspruch zum Auftrag der Kirche stehen.

Die dem EGMR-Urteil vorausgegangene Klage der Arbeitnehmerin vor dem Bundesarbeitsgericht hatte keinen Erfolg. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die Kirche angesichts des aktiven Engagements der Beschwerdeführerin für die „Universale Kirche“ berechtigterweise davon habe ausgehen können, dass diese Aktivitäten ihre Arbeit beeinträchtigen und die Glaubwürdigkeit der Kirche in Frage stellen würden.

Das Bundesarbeitsgericht sah die Kündigung als eine legitime Maßnahme an, um die Glaubwürdigkeit der Kirche zu wahren; dieses Interesse wog nach Einschätzung der Erfurter Richter schwerer als das Interesse der Beschwerdeführerin, ihre Stelle zu behalten.

Der EGMR sah in den Entscheidungen der deutschen Arbeitsgerichte keine Verletzung des Artikels 9 EMRK. Diese hätten den Interessen der evangelischen Kirche nach sorgfältiger Abwägung zu Recht ein größeres Gewicht eingeräumt als denen der Beschwerdeführerin.