Verfälschte Gehaltsabrechnungen können den Job kosten / Copyright by Adobe Stock / fotomek
Verfälschte Gehaltsabrechnungen können den Job kosten / Copyright by Adobe Stock / fotomek

Ende des Jahres 2017 wollte ein kaufmännischer Angestellter eines Mobilfunkunternehmens ein Haus erwerben. Finanzieren wollte er sein Vorhaben unter anderem über ein Darlehen. Um an ein Darlehen zu erlangen, verfälschte er seine Gehaltsabrechnungen und legte diese der Bank vor.

Arbeitgeberin kündigt nach Kenntnis von Fälschungen


2019 erfuhr die Arbeitgeberin davon und kündigte das Arbeitsverhältnis des kaufmännischen Angestellten fristlos, hilfsweise ordentlich. Zu dessen Aufgaben gehörte auch Vertragsgesprächen mit Privatkunden zu führen und Verträge abzuschließen.

Erfolgreich in der I. Instanz


Gegen die Kündigung klagte der Angestellte beim Arbeitsgericht Bielefeld. Mit Urteil vom 11. September 2019 stellte das Gericht fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 31. Januar 2019 weder fristlos noch ordentlich beendet worden ist.
Die Arbeitgeberin legte gegen die Entscheidung Berufung beim Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm ein.

LAG kommt zu einem anderen Ergebnis als das Arbeitsgericht


Das LAG Hamm gab der Berufung statt. Das Verfälschen von Gehaltsabrechnungen, so das Berufungsgericht, stelle eine wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung dar. Die Eignung des Klägers sei im Hinblick auf seine Aufgaben bei der Beklagten nachhaltig in Frage gestellt.

Vertrauensverhältnis zerstört


Nach Auffassung der Berufungsrichter*innen habe der Kläger die Pflicht zur seriösen, rücksichtsvollen und gesetzeskonformen Anbahnung einer Vertragsbeziehung unter Verletzung strafrechtlicher Normen aus wirtschaftlichen Eigennutz und ohne Rücksicht auf die Interessenslage des Vertragspartners grob verletzt.

Zu befürchten sei, dass der Kläger ebenfalls aus Eigennutz und zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil, auch bei den für die Beklagte zu führenden Vertragsgesprächen so agieren werde. Das Vertrauensverhältnis zur Beklagten sei als zerstört anzusehen.

Rücksichtnahmepflicht verletzt


Aus Sicht des LAG habe der Kläger auch seine Rücksichtnahmepflicht gegenüber der Beklagten verletzt. Die Beklagte als Ausstellerin der Abrechnungen habe ein schützenswertes Interesse daran, über die Verwendung vermeintlich von ihr erstellter Abrechnungen nicht selbst ins Zwielicht oder in Misskredit gebracht zu werden oder Haftungsrisiken ausgesetzt zu sein.

Abmahnung als milderes Mittel oder ordentliche Kündigung?


Als milderes Mittel habe die Beklagte auch keine ordentliche Kündigung oder eine Abmahnung aussprechen müssen, so das LAG. Angesichts seiner kaufmännischen Ausbildung habe der Kläger nicht davon ausgehen dürfen, dass die Beklagte sein Verhalten folgenlos hinnehmen oder als nicht relevant einstufen werde. Vielmehr hätte sich ihm aufdrängen müssen, dass er mit diesem Verhalten sein Arbeitsverhältnis gefährdet.


Hier geht es zur Entscheidung des Landesarbeitsgericht Hamm vom 19.8.2021 – 8 Sa 167/19:

Hier geht es zur Entscheidung des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 11.9.2019 – 6 Ca 326/19: