Wird ein falscher Arbeitgeber verklagt, fallen schnell auch berechtigte Ansprüche dem Rotstift des Gerichts zum Opfer. © Adobe Stock: 3dkombinat
Wird ein falscher Arbeitgeber verklagt, fallen schnell auch berechtigte Ansprüche dem Rotstift des Gerichts zum Opfer. © Adobe Stock: 3dkombinat

Der Kläger war seit 2019 bei der Beklagten als Mitarbeiter der Produktionslogistik beschäftigt. Die Rechte und Pflichten der Parteien im Arbeitsverhältnis regelte eine Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Rechtsvorgängerin der Beklagten. Sowohl die Beklagte als auch deren Rechtvorgängerin und eine weitere frühere Arbeitgeberin des Klägers firmierten als GmbH & Co KG. Nur ein zusätzlicher Namenszug war jeweils anders.

 

Der Arbeitgeber warf dem Kläger ein pflichtwidriges Verhalten vor

 

Wegen unberechtigter Nutzung des Besucherparkplatzes kündigte die letzte Arbeitgeberin des Klägers das Arbeitsverhältnis. Der Besucherparkplatz sei deutlich gekennzeichnet. Den Beschäftigten sei die Nutzung des Besucherparkplatzes untersagt.

 

Dennoch habe der Kläger sein Privatfahrzeug während seiner Spätschicht auf dem Besucherparkplatz abgestellt, warf die Beklagte dem Mitarbeiter vor. Das Arbeitsgericht ermittelte, dass der Parkplatz für die Beschäftigten beim Schichtwechsel vollständig belegt war. Auf dem Besucherparkplatz gab es demgegenüber noch weitere Parkplätze. Für Besucher kam es dadurch zu keinen Beeinträchtigungen.

 

Die Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Siegen erhob der Kläger fristgemäß. Wegen der unterschiedlichen Bezeichnungen des Arbeitgebers, die sich bis auf geringfügige Abweichungen kaum voneinander unterschieden, bezeichnete die Klageschrift versehentlich den Arbeitgeber, mit welchem der Kläger ursprünglich seinen Arbeitsvertrag abgeschlossen hatte. Der existierte aber nicht mehr. Die Kündigung war von dessen Rechtsnachfolgerin ausgesprochen worden.

 

Ein Parteiwechsel ist etwas anderes als eine Parteiberichtigung

 

Wenn eine Partei mit der Klageschrift ungenau oder falsch bezeichnet wird, ist es rechtlich zulässig, das im Lauf des Rechtsstreites ohne Weiteres zu berichtigen. Lediglich eine Parteiberichtigung liegt beispielsweise vor, wenn in der Klageschrift Vornamen, Firmenbezeichnungen oder die Rechtsform einer Gesellschaft falsch genannt werden.

 

Die Partei aus der Klageschrift, muss aber mit der tatsächlich gemeinten Partei identisch sein. Eine Parteiberichtigung stellt nur eine Richtigstellung der Parteibezeichnung dar. Damit werden etwaige Fristen nicht angetastet.

 

Im Fall eines Parteiwechsels erfolgt der Austausch der Partei im Verfahren, d.h. betroffen ist eine Person oder Rechtsform mit völlig anderer Identität. Das lässt sich nicht ohne weiteres umsetzen und kann zu Rechtsnachteilen, insbesondere dem Ablauf von Fristen führen; denn die Klage muss der richtigen Partei unverzüglich zugestellt werden.

 

§ 167 ZPO bestimmt dazu:

 

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

 

Erfolgt ein Parteiwechsel erst nach der geltenden Frist – im Fall der Kündigungsschutzklage drei Wochen – kann eine Zustellung nicht „demnächst“ und damit nicht rechtzeitig erfolgen. Die Frist verstreicht. Die Kündigung wird wirksam.

 

Kopien als Anlage zur Klage helfen weiter

 

Der Klageschrift war die Kündigung in Kopie beigefügt. Ebenfalls beigefügt hatten die Prozessbevollmächtigten des Klägers eine Kopie des früheren Arbeitsvertrages. Das Arbeitsgericht konnte damit erkennen, wer den Kläger 2019 angestellt hatte und wer die Kündigung aussprach.

 

Eine Auslegung der Klageschrift ergebe, dass sich bereits die ursprüngliche Klage gegen die (richtige) Beklagte richtete, entschied das Gericht. Die fehlerhafte Bezeichnung der beklagten Partei habe der Kläger korrigieren können. Ein rechtlich nicht zulässiger Parteiwechsel liege nicht vor. Das Arbeitsgericht bezieht sich dazu auf ein Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28. August 2002 (AZ 2 AZR 279/07).

 

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts erklärt die Parteiberichtigung

 

Die Parteien eines Prozesses seien vom Kläger in der Klageschrift zutreffend zu bezeichnen, so das BAG. Sei eine Bezeichnung nicht eindeutig, so müsse das Gericht die Partei durch Auslegung ermitteln. Selbst bei äußerlich eindeutiger, aber offenkundig unrichtiger Bezeichnung spreche eine Klage grundsätzlich diejenige Person als Partei an, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden solle.

 

Es komme darauf an, welcher Sinn der in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Betrachtung beigemessen werden solle. Entscheidend sei dabei, dass die rechtliche Identität gewahrt bleibe.

 

Bleibe die Partei nicht dieselbe, liegt keine „Berichtigung“ des Klagerubrums vor, sondern eine andere Partei werde in den Prozess eingeführt. Das sei dann eine Klageänderung. Eine ungenaue oder erkennbar falsche Parteibezeichnung sei hingegen unschädlich und könne jederzeit von Amts wegen richtiggestellt werden.

 

Ergebe sich in einem Kündigungsschutzprozess aus den gesamten erkennbaren Umständen, etwa aus dem der Klageschrift beigefügten Kündigungsschreiben, wer

als beklagte Partei gemeint ist, sei die Berichtigung des Rubrums regelmäßig möglich.

 

Das BAG nannte in seinem früheren Urteil Beispiele

 

Eine Parteiberichtigung liege beispielsweise dann vor, wenn sich aus der Klageschrift oder den beigefügten Unterlagen entnehmen lasse, dass die Trägerin einer bestimmten Einrichtung als Arbeitgeberin gekündigt habe und der:die Arbeitnehmer:in mit der Kündigungsschutzklage gegen eine Kündigung seiner Arbeitgeberin vorgehen wolle.

 

Für eine solche Auslegung der Klageschrift bedürfe es besonderer Anhaltspunkte. Diese seien jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Mängel der Klageschrift in Anbetracht der jeweiligen Umstände letztlich keine vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen ließen.

 

Das Arbeitsgericht Siegen schließt sich dem an

 

Der Kläger habe mit seiner Kündigungsschutzklage von vornherein seine Arbeitgeberin verklagen wollen und habe diese auch verklagt. Die fehlerhafte Bezeichnung der Beklagten sei dementsprechend zu berichtigen gewesen. Es handele sich um eine Kündigungsschutzklage, die unter den gegebenen Umständen vom Kläger sinnvoll nur gegen seinen richtigen Arbeitgeber gerichtet werden konnte.

 

Dieser Kündigungsschutzklage sei das Kündigungsschreiben beigefügt gewesen, aus dem sich ergebe, gegen wessen Kündigung sich der Kläger haben wenden wollen. Anhaltspunkte, die darauf schließen ließen, der Kläger habe anstelle seiner Arbeitgeberin, die gekündigt hatte, eine andere, nicht existente Partei mit einer Kündigungsschutzklage in Anspruch nehmen wollen, seien nicht erkennbar.

 

Teilweise seien die Firmen bei Klageerhebung bereits nicht mehr existent gewesen. Die Beklagte habe zunächst auch keinerlei Einwände hinsichtlich der fehlerhaften Parteibezeichnung durch den Kläger erhoben. Vielmehr sei sie offenkundig sehr wohl in der Lage gewesen, zuzuordnen, gegen wen sich die Klage von Anfang an richte und habe die Kündigung dem Gericht gegenüber folgerichtig auch sofort begründet.

 

Die Kündigung war sozial ungerechtfertigt

 

Nachdem die Parteibezeichnung im Rubrum korrigiert war, konnte sich das Gericht mit den anstehenden materiell-rechtlichen Fragen des Prozesses befassen. Diese beantwortete es eindeutig zugunsten des Klägers.

 

Die Kündigung sei nach dem Kündigungsschutzgesetz sozial ungerechtfertigt. Der Kläger habe sein Fahrzeug unberechtigterweise auf dem Kundenparkplatz abgestellt und damit pflichtwidrig gehandelt. Der Arbeitgeber sei jedoch nicht berechtigt gewesen, sofort zu kündigen.

 

Das Mittel der Wahl falle hier zuerst auf eine Abmahnung. Das Gericht ging davon aus, dass sich der Kläger künftig ordnungsgemäß verhalten würde, wenn ihm eine Abmahnung verdeutliche, dass er sich pflichtwidrig verhalten habe.

 

 

Das sagen wir dazu:

Ein undurchsichtiges Firmenkonstrukt oder auch ein einfaches Versehen sind gar nicht so selten. Wer Kündigungsschutzklage erhebt, muss aber sicherstellen, auch den richtigen Gegner zu verklagen. Geschieht das nicht, gilt die Kündigung als nicht angegriffen und wird rechtswirksam.

 

Wie die Entscheidung des Arbeitsgerichts Siegen zeigt, ist es immer ratsam, jeder Kündigungsschutzklage die Kündigung selbst und möglichst auch den Arbeitsvertrag in Kopie beizufügen. Gerichte betrachten das alles sehr genau und wenn der tatsächliche Wille des*der Betroffenen deutlich wird, kann auch eine Berichtigung der Parteibezeichnung im Klagerubrum zulässig sein.