Auf ebay Kleinanzeigen wird allerhand angeboten. Copyright by Adobe Stock/Denys Prykhodov
Auf ebay Kleinanzeigen wird allerhand angeboten. Copyright by Adobe Stock/Denys Prykhodov

Wer hat nicht schon einmal auf eBay nach günstigen Angeboten gesucht. Dort lassen sich Artikel preiswert finden, für die teures Geld nicht ausgegeben werden soll. Es ist zu vermuten, dass durchaus auch das ein oder andere Angebot für Gegenstände veröffentlicht wird, die zuvor im Besitz des Arbeitgebers waren.
 

Arbeitgeber suchen schwarze Schafe

Auch Arbeitgeber recherchieren online. Manch einer versucht dabei bewusst, schwarze Schafe zu finden. In Raum Bad Kreuznach fielen einem Arbeitgeber Anzeigen auf, die ein Beschäftigter geschaltet hatte. Was er dort zu sehen bekam, machte für ihn den Eindruck, als stamme es aus seinem Unternehmen, ohne dass der Betroffene berechtigt gewesen wäre, all das mit nach Hause zu nehmen.

 
Es ging dabei um 30 Fenstergriffe, um ein Glasfasergewebe, Schrauben und eine Fensterfolie. Der Mitarbeiter bot außerdem eine Schaumpistole und ein Kompriband für den Fensterbau an. Der Arbeitgeber betrieb ein Unternehmen mit einer Produktionsstätte im Fertighausbau und dachte, all das müsse aus seinem Unternehmen stammen.
 

Der Chef verdächtigte seinen Mitarbeiter des Diebstahls

Gesehen hatte der Arbeitgeber den Diebstahl natürlich nicht. Aber einen Verdacht hatte er. Der Mann war auch erst seit etwa drei Jahren bei ihm beschäftigt. Da sollte es nicht schwer sein, ihm zu kündigen. Der Chef sprach ihm eine Verdachtskündigung aus.
 
Verdachtskündigung sind grundsätzlich zulässig. Auch wir hatten dazu schon mehrfach berichtet.
 
Lesen Sie dazu beispielsweise:
 
Verdacht reicht zur Entlassung!
 
Nach der europäischen Menschenrechtskonvention (Art. 6) gilt jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig. Diese Unschuldsvermutung gibt es im Arbeitsrecht nicht. Mit unserem Artikel
 
Unschuldig in die Arbeitslosigkeit
 
haben wir uns klar gegen die Zulässigkeit einer Verdachtskündigung ausgesprochen. Sie verstößt gegen Menschenrechte.
 

Der Betroffene hatte Erklärungen zu allen Gegenständen

So einfach wie der Arbeitgeber sich das vorstellte, war es dann doch nicht. Zu jedem Artikel, den der Arbeitnehmer bei eBay zum Verkauf angeboten hatte, gab es eine Erklärung. Einmal war es die Baustelle des Schwiegervaters, an welcher Material übrig geblieben war, ein anderes Mal waren es die Fenstergriffe der Tante, die dieser nicht gefielen.
 
Der Arbeitgeber seinerseits verwies darauf, es habe sich alles um Material gehandelt, das er auf seinen Baustellen verwende. Er vermute deshalb, all das, was sein Arbeitnehmer auf eBay angeboten habe, müssen aus seinem Bestand stammen.
 

Das Betriebsgelände wird mit einer Kamera überwacht

Im Kündigungsschutzprozess wurde der Betroffene durch den DGB Rechtsschutz Bad Kreuznach vertreten. Seine Bevollmächtigten wiesen darauf hin, die Mengen, die ihr Mandant entwendet haben sollte, seien so groß gewesen, dass der Abtransport hätte auffallen müssen. Immerhin befinde sich auf dem Firmengelände eine Kamera.
 
Der Arbeitgeber beharrte jedoch weiter auf seinem Standpunkt. Das Gericht wies ihn darauf hin, es könne weder feststellen, dass der Kläger einen Diebstahl zu Lasten der Beklagten begangen habe noch bestehe ein entsprechender Verdacht.
 

Strafbare Handlungen berechtigen zur Verdachtskündigung

Liege eine strafbare Handlung vor, dürfe der Arbeitgeber eine Tatkündigung aussprechen. Auch der Verdacht einer strafbaren Handlung oder schwerwiegenden Pflichtverletzung könne einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen.
 
Die strafrechtliche Bewertung sei nicht maßgeblich. Entscheidend sei der Verstoß gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und der damit verbundene Vertrauensbruch. Gerade der Verdacht müsse dazu führen, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber nicht mehr zumutbar sei.
 

Dem Verdacht müssen objektive Tatsachen zu Grunde liegen

Der Verdacht müsse allerdings auf objektiven Tatsachen beruhen. Diese müssten so beschaffen sein, dass sie einen verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zum Ausspruch der Kündigung veranlassen könnten. Bloße Verdächtigungen, die auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützt würden, reichten nicht.
 
Der Verdacht müsse zudem dringend sein. Es müsse eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der gekündigte Arbeitnehmer die Straftat oder Pflichtverletzung begangen hat. Das müsse der Arbeitgeber im Rahmen einer Wertung beurteilen. Ein bestimmter Grad der Wahrscheinlichkeit sei dabei nicht notwendig.
 

Der Arbeitgeber muss aufklären

Der Arbeitgeber habe des Weiteren die Pflicht, alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um den Sachverhalt aufzuklären.
 
Die Beklagte behaupte, der Kläger habe Materialien und Werkzeuge entwendet. Einen Nachweis darüber, dass es sich bei den vom Kläger in eBay Kleinanzeigen eingestellten Materialien und solches aus ihrem Eigentum handele, habe sie jedoch nicht erbracht.
 
Der Kläger habe zur Herkunft sämtlicher Gegenständen eine Antwort gegeben. Die Antwort halte das Gericht für plausibel. Die Beklagte habe die Angaben des Klägers auch nicht widerlegt. Der Kläger habe außerdem bestritten, dass die Beklagte entsprechende Materialien führe. Dazu habe die Beklagte nicht einmal einen Beweis angeboten.
 

Das Gericht sieht keine Pflichtverletzung des Klägers

Das Gericht könne deshalb nicht die Überzeugung gewinnen, der Kläger habe eine kündigungsrelevante Pflichtverletzung durch die Entwendung von Eigentum des Arbeitgebers begangen. Die hierfür festzustellenden Tatsachen habe der Arbeitgeber weder schlüssig dargestellt noch bewiesen.
 
Wolle der Arbeitgeber eine Verdachtskündigung aussprechen, müsse der Verdacht auf konkreten Tatsachen beruhen. Der Arbeitgeber habe diese Tatsachen darzulegen und gegebenenfalls auch zu beweisen. Die Umstände, die den Tatverdacht begründeten, dürften nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, dass eine Kündigung nicht rechtfertigen könne.
 

Der Beweis fehlte

Der Arbeitgeber habe hier nicht einmal Beweis dafür angeboten, dass die in Rede stehenden Produkte grundsätzlich aus seinem Bestand stammen könnten. Der Arbeitgeber könne daher weder eine Tat- noch eine Verdachtskündigung aussprechen.
 
Hier geht es zum Urteil