Erfolgreiche Prozessvertretung für die Beschäftigten der City BKK: Karsten Jessolat, Leiter des Gewerkschaftlichen Centrum für Revision und Eur. Recht
Erfolgreiche Prozessvertretung für die Beschäftigten der City BKK: Karsten Jessolat, Leiter des Gewerkschaftlichen Centrum für Revision und Eur. Recht

Eine im Jahr 2008 neu in das Sozialgesetzbuch (SGB) V aufgenommene Regelung sieht vor, dass Beschäftigten einer Betriebskrankenkasse, denen ordentlich nicht mehr gekündigt werden kann, eine andere zumutbare Beschäftigung beim Landesverband der Betriebskrankenkassen oder einer anderen Krankenkasse anzubieten ist. Für ordentlich kündbare Arbeitnehmer ist eine solche Regelung nicht enthalten. Die City BKK teilte ihren Beschäftigten durch einfaches Schreiben mit, dass ihr Arbeitsverhältnis mit der Schließung zum 30.06.2011 beendet sei. Zugleich kündigte sie das Arbeitsverhältnis vorsorglich außerordentlich mit sozialer Auslauffrist und, wo möglich, ordentlich zum 30.06.2011.

 

Ist der Arbeitgeber City BKK durch die Schließung abhanden gekommen?


Die Prozessvertreter der City BKK argumentieren, der City BKK sei durch ihre Schließung ihre besondere öffentlich - rechtliche Stellung als Körperschaft des öffentlichen Rechtes genommen worden, so könne sie als geschlossene Kasse z.B. keine Mitglieder mehr aufnehmen, sie habe ihre Funktion verloren. Dies müsse auch für die mit ihr geschlossenen Arbeitsverhältnisse gelten. Die City BKK in Abwicklung (CityBKK i.A.) sei eine andere Rechtspersönlichkeit als die City BKK. Der Arbeitgeber sei „abhanden“ gekommen. Der Senat beschränkt den Wegfall dieser Funktion allerdings nur auf ihre Funktion als Körperschaft, nicht auf die privatrechtlich begründeten Arbeitsverhältnisse. Es sei „ungeheuerlich, eine Atomisierung des Arbeitgebers annehmen zu wollen“, führt der Vorsitzende entsprechend aus. Schließlich seien auch andere Privatrechtsbeziehungen wie Mietverträge oder Energielieferungsverträge nicht automatisch durch die Schließung beendet, sondern müssten gekündigt werden.

Führt bereits die Schließung einer Krankenkasse zur Beendigung der Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten durch diese Schließung?


Die Beklagte meint, das im SGB V vorgesehene Unterbringungsverfahren für ordentlich nicht mehr kündbare Arbeitnehmer sei nicht zwingend durchzuführen, es sei nicht Tatbestandsvoraussetzung für die Beendigung kraft Gesetzes. Dies zeige sich auch darin, dass ein solches Verfahren für ordentlich kündbare Arbeitnehmer nicht vorgesehen sei. Es sei offensichtlich, dass der Gesetzgeber ordentlich kündbare Arbeitnehmer durch diese Regelung nicht habe besser stellen wollen als die Arbeitnehmer, bei denen die ordentliche Kündigung ausgeschlossen sei. Um eine Besserstellung zu vermeiden sei daher bei beiden Beschäftigtengruppen von einer Beendigung durch Schließung auszugehen, ohne dass es einer Kündigung bedürfe. Der Senat weist darauf hin, dass im Gesetzgebungsverfahren hierfür keine Grundlage zu finden sei.

Die Neuregelung im SGB V zum Unterbringungsverfahren sollte die arbeitsrechtliche Stellung der Arbeitnehmer, die ordentlich nicht mehr kündbar sind, verbessern.


Das Gericht betont, dass bis zum Inkrafttreten der Unterbringungsregelung im SGB V in 2008 unzweifelhaft das Regime des allgemeinen Kündigungsrechts auf die Beschäftigten der Betriebskrankenkassen Anwendung fand. Da die gesetzliche Neuregelung ausschließlich dem Zwecke diente, die Situation der ordentlich nicht mehr kündbaren Arbeitnehmer zu verbessern, könne und dürfe dies jetzt nicht dazu führen, dass das Kündigungsschutzgesetz überhaupt keine Anwendung finden solle.

Führt dies zu einer Verschlechterung der kündigungsschutzrechtlichen Situation der ordentlich noch kündbaren Arbeitnehmer?


Auch hier bezieht der Senat eine klare Position.

„Sollte dies (Besserstellung der ordentlich nicht Kündbaren) durch die Norm nicht gelungen sein, wollte der Gesetzgeber die Position der kündbaren Arbeitnehmer auf jeden Fall nicht verschlechtern, da für diese nach wie vor das Kündigungsregime vor der gesetzlichen Neuregelung galt“. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Wären ordentlich kündbare Arbeitnehmer gänzlich schutzlos, wenn die Auffassung der City BKK i.A. zuträfe?


Hier wies der Senat auf erhebliche Bedenken gegen eine Regelung hin, die vorsieht, dass bei ordentlich nicht mehr kündbaren Arbeitnehmern im Gegensatz zu ordentlich nicht kündbaren Arbeitnehmer kein Unterbringungsverfahren zur Vermeidung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorgesehen ist. In der Regel seien die Arbeitnehmer nicht mehr ordentlich kündbar, die neben einer bestimmten Betriebszugehörigkeit auch ein bestimmtes Alter zurückgelegt hätten. Hierin könnte eine mittelbare Diskriminierung wegen des Alters vorliegen und damit ein Verstoß gegen Art. 6 der Antidiskriminierungsrichtlinie. Aber hierauf kam es vorliegend für die Entscheidung offenbar nicht mehr an.

Was ist mit den vorsorglichen Kündigungen zum 30.06.2011?


Der Senat erklärte die vorsorglich erklärten Kündigungen, sowohl die außerordentlichen Kündigungen mit Auslauffrist als auch die ordentlichen Kündigungen, für rechtsunwirksam, da trotz der Schließung der Betriebskrankenkasse nach Ablauf der Kündigungsfristen nach wie vor Beschäftigungsmöglichkeiten vorhanden waren.

Was erfolgt mit den weiteren noch anhängigen Verfahren?


Vor dem Bundesarbeitsgericht wurden am 21.11.2013 nur vier Verfahren verhandelt von insgesamt 276 zu dieser Rechtsfrage vor den Arbeitsgerichten in Deutschland anhängigen Verfahren. Auf Befragen durch den Vorsitzenden erklärten die Verfahrensbevollmächtigten der City BKK i.A., dass sie die Entscheidungen vom heutigen Tage auch auf die anderen Verfahren anwenden wollten, sodass es in dieser Rechtsfrage keiner weiteren gerichtlicher Entscheidungen bedürfe.

Sind damit die Arbeitsverhältnisse der City-BKK i.A. Beschäftigten gesichert?


Mitnichten. Die City BKK, diesmal als City BKK i.A., hat, nachdem die Beschäftigten nach Erhalt der Beendigungsmitteilung und der erklärten Kündigungen zum 30.06.2011 hiergegen Klage erhoben hatten, die nunmehr letztinstanzlich entschieden sind, weitere vorsorgliche Kündigungen zum 31.12.2011 und dann auch noch zum 30.06.2012 erklärt. Diese Verfahren waren, wegen der vorgreiflichen Beendigungserklärungen zum 30.6.2013 ausgesetzt worden und sind nunmehr fortzusetzen.

Nach Mitteilung des Leiters des Gewerkschaftlichen Centrums für Revision und Europäisches Recht der DGB Rechtsschutz GmbH in Kassel, Karsten Jessolat, der vor dem BAG Verfahren Beschäftigter der City-BKK vertritt, haben allein von den in Berlin betroffenen 200 Arbeitnehmern ca. 70 Arbeitnehmer mit Erfolg ihr Rückkehrrecht gegenüber dem Land Berlin vor dem Bundesarbeitsgericht geltend gemacht.