Eine Erklärung der Personalabteilung, wonach eine Kündigung des Arbeitnehmers zu einem früheren Zeitpunkt akzeptiert wird, ist wirksam. Copyright by Gina Sanders/fotolia
Eine Erklärung der Personalabteilung, wonach eine Kündigung des Arbeitnehmers zu einem früheren Zeitpunkt akzeptiert wird, ist wirksam. Copyright by Gina Sanders/fotolia

Mit seinem Urteil positioniert sich das Arbeitsgericht Hamburg zum Thema Vertragsstrafe und Kündigungsfristen. Geklagt hatte ein ver.di-Mitglied mit Unterstützung des DGB Rechtsschutz Büros Hamburg.
 

Ver.di Mitglied als Verkäuferin beschäftigt

Sie war bei einem Einzelhandelsunternehmen, mit mehreren Filialen als Verkäuferin beschäftigt. Im Arbeitsvertrag von November 2012 ist eine Vertragsstrafe vereinbart:
 
§11
 
Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, dem Arbeitgeber im Falle der Nichtaufnahme oder vertragswidrigen Beendigung seiner Tätigkeit, eine Vertragsstrafe in Höhe der Vergütung zu bezahlen, die er während der Zeit, in der er die Arbeit vertragswidrig nicht ausgeübt hat, bezogen haben würde.
Der Anspruch auf die Vertragsstrafe entsteht nur, wenn der Arbeitnehmer grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat.

 
In Hinblick auf die Kündigungsfristen regelt der Arbeitsvertrag:
 
§ 2
 
Das Arbeitsverhältnis ist mit einer Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Quartalsende ordentlich kündbar. Soweit gesetzliche Bestimmungen längere Kündigungsfristen als die vertragliche Kündigungsfrist vorsehen, sollen diese für beide Parteien gelten.

 

Filiale schließt  - Änderungskündigung

Die Beklagte entschloss im Dezember 2015, die Filiale der Klägerin zu schließen. Die Beklagte kündigte daher das Arbeitsverhältnis zu Ende September 2016. Verbunden mit der Kündigung bot die Beklagte der Klägerin allerdings ein neues Arbeitsverhältnis an.
 
Die Klägerin sollte nach Vorstellung der Beklagten zu geänderten Bedingungen als sogenannte Verkäuferin mit „Visual Merchandiser- Funktion“ im Stadtteil Poppenbüttel arbeiten. Die Arbeitszeit sollte 23,12 Stunden pro Woche betragen.
 
Das Vertragsangebot sah eine Befristung bis zum Erreichen des Rentenregelalters vor. Die Klägerin nahm das Änderungsangebot nicht an, sondern klagte gegen die Kündigung  - mit Erfolg.
 

Klägerin kündigt  - Beklagte akzeptiert

Nach dem gewonnen Prozess bestand das Arbeitsverhältnis fort. Im November 2017 erklärte die Klägerin aber ihrerseits die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu Ende Dezember 2017. Das Kündigungsschreiben ging der Beklagten am 15. November 2017 zu.
 
Eine Mitarbeiterin der Beklagten, Abteilung „Teamentgeltabrechnung und Personalbetreuung“, bestätigte den Eingang und das Ende des Arbeitsverhältnisses zu Ende Dezember 2017. Wörtlich schrieb sie:
 
„wir haben Ihre Kündigung erhalten und bestätigen Ihnen den Auszug zum 31.12.2017“
 
Die Klägerin ging davon aus, dass sich die Angelegenheit damit erledigt habe. Die Beklagte verlangte aber Mitte Dezember 2017 schriftlich von der Klägerin eine Vertragsstrafe. Wegen Nichteinhaltung der Kündigungsfrist machte die Beklagte ein Bruttomonatsgehalt geltend und kündigte die Verrechnung des Betrages mit der letzten Verdienstabrechnung an.
 

Beklagte verlangt Vertragsstrafe

Mit einem weiteren Schreiben forderte die Beklagte etwa 250 Euro. Die Klägerin, vertreten durch das Büro Hamburg der DGB Rechtsschutz GmbH, wehrte sich gegen diese Zahlungsforderung.
 
Die Beendigung des Arbeitsverhältnis sei nicht grob fahrlässig von der Klägerin verursacht gewesen. Immerhin sei die Beklagte auch von einem Ende des Arbeitsverhältnisses zu Ende Dezember 2017 ausgegangen, dies habe die Mitarbeiterin der Beklagten so bestätigt. Wenn die Beklagte ihre Ansprüche schon nicht kenne, so könne sie umgekehrt nicht der Klägerin vorwerfen, die Kündigungsfrist aus dem Arbeitsvertrag nicht beachtet zu haben.
 
Das Arbeitsgericht Hamburg gab der Klage statt  - die Beklagte hat das Gehalt rechtswidrig einbehalten. Ein Anspruch auf die Strafzahlung bestehe nicht, auch wenn die Kündigung erst zu Ende Januar 2018 möglich gewesen wäre.
 

Klage ist erfolgreich

Insofern sei zweifelhaft, ob die Klägerin grob fahrlässig gehandelt hat, als sie mit einer zu kurzen Frist gekündigt hat. Schwerwiegender für das Gericht war aber die Tatsache, dass die Beklagte durch die Mitarbeiterin in der Personalabteilung jedenfalls den Kündigungszeitpunkt akzeptiert hat.
 
Nach Ansicht der Kammer hätte die Beklagte die Klägerin darauf hinweisen müssen, dass sie die Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Monatsende nicht eingehalten hat. Außerdem habe die Beklagte erstmals mit dem Schreiben von Mitte Dezember 2017, also deutlich nach der Bestätigung der Kündigung, die Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsgehalts geltend gemacht.
 
Hierin sieht das Arbeitsgericht ein treuwidriges Verhalten. Die Beklagte habe der Klägerin suggeriert, alles habe seine Richtigkeit. So ging die Klägerin mit Erhalt der E-Mail davon aus, dass die Kündigung akzeptiert würde.
 

Verzugspauschale bejaht

Das Arbeitsgericht gestand der Klägerin auch die Verzugspauschale in Höhe von 40 EUR netto zu. Dies ist auch unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte nicht selbstverständlich. Das Bundesarbeitsgericht hat die Frage, ob die Verzugspauschale im Arbeitsrecht anwendbar, noch nicht entschieden.
 
Das Arbeitsgericht Hamburg wendet § 288 Absatz 5 Satz 1 BGB im vorliegenden Fall an und folgt hier unter anderem dem LAG Köln.
 

Hier gehts zum Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg

 
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Das sagen wir dazu:

„Should I stay or should I go“ heißt ein bekannter Song der Rockgruppe „The Clash“. Wann die Klägerin im vorliegenden Fall gehen durfte, war unklar angesichts der arbeitsvertraglichen Regelung zur Kündigungsfrist. Allerdings muss sich die Beklagte die Erklärung der Mitarbeiterin zurechnen lassen. Dies ist nur konsequent, wenn man betrachtet, dass die Nachricht nicht von irgendeiner Person stammte, sondern von einer Vertreterin der Personalabteilung.

Kündigungsfristen schützen auch Arbeitgeber

Grundsätzlich sind Verträge einzuhalten, dies bis zum Ende. Dies bedeutet, Arbeitnehmer sind bis zum letzten Tag zur Arbeitsleistung verpflichtet, vorbehaltlich noch zu nehmenden Urlaubs. Kündigungsfristen sollen in erster Linie Arbeitnehmer schützen.

Allerdings ist auch das Interesse der Arbeitgeber anerkannt, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt mit der Arbeitskraft des Arbeitnehmers planen zu können. Freilich können Arbeitgeber auf diesen Schutz verzichten und den Arbeitnehmer früher gehen lassen. Dann aber muss man eine solche Erklärung – zumal von Seiten der Personalabteilung – auch für bare Münze nehmen dürfen.

Probleme mit Fristen und hier ausnahmsweise der Zeitpunkt der Wirksamkeit einer Kündigung durch eine Arbeitnehmerin – Probleme, die sich so alltäglich stellen können.

Die Klägerin war im Prozess gut vertreten. Sie durfte darauf vertrauen, dass ihre Kündigung zu Ende 2017 auch vor Gericht bestand hat. Als Mitglied der Gewerkschaft ver.di ist die Beratung und Prozessvertretung im Gewerkschafsbeitrag enthalten. So entstehen für Gewerkschaftsmitglieder keine Extrakosten.

Rechtliche Grundlagen

§ 622 Kündigungsfristen bei Arbeitsverhältnissen

(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.

(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen
1. zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
2. fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
3. acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
4. zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
5. zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
6. 15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
7. 20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.
Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt.

(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.

(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,
1. wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird;
2. wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Kündigungsfristen bleibt hiervon unberührt.

(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.