Spontanheilung für lang erkrankte Arbeitnehmer? Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) macht es möglich!
Spontanheilung für lang erkrankte Arbeitnehmer? Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) macht es möglich!


In unserem Beratungsalltag erleben wir wenige Wunder, aber immer wieder zwei Arten von Spontanheilungen. Zum einen wenn im Entlassungsbericht der Reha steht: „arbeitsfähig“


Die zweite Art ist die Gesundschreibung durch den MdK.
 

Was ist der MDK?

 
Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) ist unter anderem der medizinische Beratungs- und Begutachtungsdienst für die gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland. Ist jemand im Krankengeldbezug, kommt es je nach Diagnose unterschiedlich schnell vor, dass die Krankenkassen den MdK mit der Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit betrauen.
 
Neumann hatte sich das sportliche Mountainbike seiner Frau ausgeliehen. Ihre Warnung: Die Bremsen packen richtig zu, erfasste er erst als das Rad ihn über den Lenker abwarf. Im Krankenhaus schiente man den Armbruch, er wurde krankgeschrieben.
 
Neumann ist Maschinenschlossere und Einrichter. Wenn die Maschinen laufen, ist das mehr eine Überwachungstätigkeit. Aber bei Stillstand oder beim Einrichten muss er mit beiden Armen richtig zupacken können.
 

MDK urteilt ohne Untersuchung

 
Der Heilungsverlauf ist schleppend. Der Arzt schreibt ihn weiter krank. Kaum ist er im Krankengeldbezug, flattert Neumann ein Schreiben der Krankenkasse ins Haus. Der MdK habe seine Arbeitsunfähigkeit beurteilt und komme zu dem Schluss, dass er in einer Woche wieder arbeitsfähig sei.
 
Die Einstellung der Krankengeldzahlung zu diesem Termin wird schon einmal angekündigt. Neumann macht das Richtige: Er sucht seinen Arzt auf, der ihn gerade noch einmal zwei Wochen krankgeschrieben hat.
 
Der Arzt ist auch von der Richtigkeit seiner Krankschreibung überzeugt. Er weiß, wie körperlich belastend die Tätigkeit von Neumann ist und auch, dass der verunfallte Arm dafür noch nicht genügend belastbar ist. Er attestiert ihm das auch.
 

Unbedingt Widerspruch erheben

 
Außerdem muss Neumann unbedingt gegen das Schreiben der Krankenkasse schriftlich Widerspruch einlegen. Manche Krankenkassen weisen fehlerhaft in den Schreiben nicht auf diese Möglichkeit hin.
 
Es folgt meist ein Schlusssatz: Wenn Sie noch Fragen haben, rufen Sie uns an. Aber das reicht nicht. Denn so ein Schreiben ist ein belastender Verwaltungsakt. Wenn der Betroffene nicht einverstanden ist, muss er schriftlich Widerspruch einlegen. Enthält das Schreiben eine ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung, dann binnen eines Monats.
 
Neumann ist Gewerkschaftsmitglied und kann den gewerkschaftlichen Rechtsschutz auch für Sozialrecht in Anspruch nehmen. Sofern von Neumann noch nicht geschehen, legen wir Widerspruch ein.
 
Neumann empört sich nach Auffassung der Autorin zu recht darüber, dass man nach Aktenlage darüber befunden hat, dass er wieder arbeiten könne. Es hat keine Untersuchung stattgefunden.
 

Einstellung des Krankengeldes ohne Untersuchung. Geht das?

 
In der Rechtsprechung findet sich zu dieser Frage nur ein Urteil des Hessischen Landessozialgerichts aus dem Jahr 2007. Nach dieser Entscheidung soll bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit im Zusammenhang mit der Einstellung der Krankengeldzahlung nicht nach bloßer Aktenlage entschieden werden können.
 
Die Entscheidung regelt zwar einen Einzelfall. In unserem Büro ist aber allen Widersprüchen kurzfristig stattgegeben worden, wenn wir uns darauf berufen haben. Uns wurde oft noch nicht mal die angeforderte Stellungnahme des MDK mehr zugesendet.
 
So auch bei Neumann, der Einstellungsbescheid wurde aufgehoben und Krankengeld weiter gewährt.
 
Was dann folgt ist klar: Er erhält eine Einladung zu einer persönlichen Untersuchung durch den MDK.
Der musste er sich aber nicht mehr stellen, da er nunmehr bereits die Arbeit wiederaufgenommen hat.
 

Muss man sich untersuchen lassen?

 
Wenn Neumann aber noch nicht genesen ist, geht er zur Untersuchung. Der Gutachter meint, es seien noch leichte Restbeschwerden am Arm, das würde sich innerhalb weniger Tage bessern. Nächsten Montag solle er wieder arbeiten gehen.
 
Quasi sofort ergeht auch ein entsprechender Bescheid der Krankenkasse. Freitags geht Neumann zu seinem Arzt. Der meint, das brauche aber noch eine weitere Woche. Die grobe Kraft an dem Arm sei immer noch nicht ausreichend, um an den Maschinen zu schrauben.
 
Auch hier legen wir Widerspruch ein mit der Begründung des Arztes. Eventuell lässt sich noch durch eine Stellenbeschreibung oder ähnliches belegen, dass Neumann eben nicht nur Überwachungstätigkeiten verrichtet. Auch das Gutachten fordern wir an.
 

Zwickmühle für den Arbeitnehmer

 
Trotzdem befindet sich der Arbeitnehmer in einer Zwickmühle: Er riskiert eine Lücke in den Bezügen und Ärger mit dem Arbeitgeber. Wenn der MDK ihn gesundschreibt, müsste er ja arbeiten gehen.
 
Tut er das, wenn auch auf Kosten seiner Gesundheit, ist die Kasse fein raus. Geht er nicht arbeiten, könnte er vorsorglich noch Urlaub beantragen. Der würde ihm wieder gutgeschrieben, wenn Neumann weiter krank ist.
 
Aber was ist, wenn Neumann vom MDK gesundgeschrieben wurde und der behandelnde Arzt nur die Schultern zuckt und meint gegen den MDK könne er nichts machen?
 
Wenn man das Wort „könne“ durch „wolle“ ersetzt, mag das sogar zutreffen. Entweder hält der Arzt die Entscheidung für richtig oder er will sich nicht mit dem MDK streiten. Beides bedeutend dann für Neumann, dass er keine Erfolgsaussichten mit einem Widerspruch hat.
 

Fazit

 
Eine Gesundschreibung nach Aktenlage sollte immer mit dem Hinweis auf das Urteil des LSG Hessen angegriffen werden, wenn der behandelnde Arzt den Arbeitnehmer tatsächlich weiter für arbeitsunfähig hält.
 
Die Hürde weiter Krankengeld zu bekommen, wird für den Betroffenen höher, wenn eine Untersuchung durch den MDK stattgefunden hat. Will man sich wehren, ist dringend eine Einzelfallberatung angeraten, um alle Risiken zu beleuchten.


Links:


Spontanheilung in der Reha