Analoge Anwendung der gesetzliche Krankheitsregelungen führt zu mehr Gerechtigkeit bei Elterngeldberechnung. © Adobeee Stock - Studio Romantic
Analoge Anwendung der gesetzliche Krankheitsregelungen führt zu mehr Gerechtigkeit bei Elterngeldberechnung. © Adobeee Stock - Studio Romantic

Geklagt hatte eine Kameraassistentin aus dem Landkreis Harburg, die ihren Lebensunterhalt durch Zeitverträge bei Filmproduktionen verdiente. Zwischen den Engagements war sie jeweils arbeitslos. Als sie 2017 schwanger wurde, durfte sie nicht mehr arbeiten und bezog Arbeitslosengeld. Nach der Geburt ihres Kindes berechnete der Landkreis das Elterngeld der Mutter. Hierbei legte er für die letzten fünf Monate ein Arbeitseinkommen von 0,00 € zugrunde. Er begründete dies damit, dass nach dem Gesetz lediglich Einkommensausfälle wegen Krankheit ausgeklammert werden dürften.

Kameraassistentin wehrt sich gegen Berechnung des Elterngeldes

Der Argumentation des beklagten Landkreises hielt die Kameraassistentin entgegen, dass sie wegen der körperlichen Belastungen während der Schwangerschaft nicht arbeiten durfte. Denn bei der Arbeit gebe es neben Tragebelastungen beim Umbau von Kamera und Stativ auch Nachtarbeit und tägliche Arbeitszeiten bis zu 13 Stunden. In der Folge habe sie nicht - wie vom Gesetzgeber gewollt - Elterngeld auf Grundlage der letzten 12 Arbeitsmonate, sondern nur 7/12 des eigentlichen Betrags erhalten.

Sozialgericht weist Klage ab

Widerspruchsverfahren und die sodann eingereichte Klage beim Sozialgericht (SG) Lüneburg waren erfolglos. Gegen die Entscheidung des Lüneburger SG vom 26. November 2020 legte die Klägerin Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen ein.

LSG: Berechnungsgrundlage sind die letzten 12 Arbeitsmonate

Das LSG hat das Urteil des SG aufgehoben und den Landkreis verpflichtet, zur Berechnung des Elterngeldes auf die letzten 12 Arbeitsmonate abzustellen.

Zu diesem Ergebnis kam das Berufungsgericht indem die gesetzlichen Krankheitsregelungen anlog angewandt wurden. Begründet wurde die erweiterte Gesetzesauslegung mit dem verfassungsrechtlichen Schutzauftrag werdender Mütter, die einen Anspruch auf Schutz und Fürsorge durch die Gemeinschaft hätten.

Der Gesetzgeber, so das Berufungsgericht, habe den Fall von abhängigen Kettenbeschäftigungen übersehen, in welchem eine neue Beschäftigung aus Gründen des Arbeitsschutzes nicht in Betracht komme. Das "besondere gesundheitliche Risiko" Schwangerer dürfe ihnen bei der Berechnung des Elterngeldes nicht zum Nachteil gereichen. Dabei sei eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung nur ein Teil des Risikos, das sich auch in anderen Bereichen auswirken könne.

Revision zugelassen

Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache hat das LSG die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.

Hier finden Sie das vollständige Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 24.1.2022:

Rechtliche Grundlagen