Bloße Nichtberücksichtigung eines schwerbehinderten Teilzeitbeschäftigten bei der Arbeitsverteilung reicht für Diskriminierung nicht.
Bloße Nichtberücksichtigung eines schwerbehinderten Teilzeitbeschäftigten bei der Arbeitsverteilung reicht für Diskriminierung nicht.

Das Bundesarbeitsgericht wies die Klage eines schwerbehinderten Arbeitnehmers zurück, der auf eine Entschädigung wegen Diskriminierung geklagt hatte.

Keine Berücksichtigung bei der Arbeitsverteilung

Der schwerbehinderte Kläger war ist war oder ist??? bei einem Express-Versand und Transport-Service als Kurierfahrer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 27,5 Stunden beschäftigt.

Im Juni 2013 verteilte der Arbeitgeber ein Stundenvolumen von insgesamt 66,5 Stunden auf die 14 teilzeitbeschäftigten Kuriere und schloss mit ihnen entsprechende Änderungsverträge ab. Der Kläger, der zuvor mehrfach eine Erhöhung seiner Wochenstundenzahl beantragt hatte, war dabei nicht berücksichtigt worden.

Ebenso ein weiterer Mitarbeiter, der erst im Januar 2013 in die Station gewechselt war. , Alle anderen Teilzeitmitarbeiter wurden mit ihrem Wunsch auf eine Stundenerhöhung berücksichtigt.

Klage auf Entschädigung wegen Diskriminierung

Daraufhin klagte der schwerbehinderte Arbeitnehmer auf eine Entschädigung. Er sah sich aufgrund seiner Schwerbehinderung benachteiligt. Vor dem Arbeitsgericht hatte er damit zunächst keinen Erfolg.

Das Landesarbeitsgericht Hessen hatte ihm dagegen eine Entschädigung wegen Diskriminierung zugesprochen. Die Tatsache, dass der Kläger bei der Stundenaufstockung nicht berücksichtigt worden sei, lasse eine solche Diskriminierung vermuten.

Dies gelte umso mehr, weil der Arbeitnehmer als einziger Kurier in Teilzeitbeschäftigung, der eine Stundenerhöhung wünschte, nicht berücksichtigt worden sei. Da die Beklagte die Vermutung nicht habe entkräften können, liege eine Diskriminierung vor.

Bundesarbeitsgericht: Weitere Indizien erforderlich

Dem widersprach nun das Bundesarbeitsgericht. Das Landesarbeitsgericht habe der Klage nicht mit der Begründung stattgeben dürfen, es lägen Indizien vor, die eine Benachteiligung des Klägers wegen seiner Schwerbehinderung vermuten ließen.

Ein solches Indiz liege erst dann vor, wenn die Nichtberücksichtigung mit "überwiegender Wahrscheinlichkeit" auf der Schwerbehinderung oder einem anderen anerkannten Diskriminierungsmerkmal beruhe.

Die reine Nichtberücksichtigung bei der Vergabe der Mehrarbeitsstunden genüge hierfür nicht. Das Bundesarbeitsgericht verwies die Sache deshalb zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts an das Landesarbeitsgericht zurück.
Hier direkt zur Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts zum Urteil vom 26. Januar 2017 - Az.:8 AZR 736/15 

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Das sagen wir dazu:

Das Bundesarbeitsgericht hat mit der vorliegenden Entscheidung die Hürden für eine Entschädigung wegen Diskriminierung sehr hoch gelegt. Denn welche weiteren Indizien kann der schwerbehinderte Arbeitnehmer darlegen, die eine Diskriminierung vermuten ließen?

Die Entscheidungsprozesse beim Arbeitgeber sind für Arbeitnehmer in der Regel nicht durchschaubar. , Sie sehen letztlich nur das Ergebnis, in diesem Fall, dass alle Teilzeitbeschäftigte außer ihm die begehrte Stundenerhöhung erhalten.

Wenn der Kläger sich von seinen Kolleg*innen also nur in der Schwerbehinderung unterscheidet, dann muss sich ihm der Verdacht aufdrängen, dass hier das eine mit dem anderen zusammenhängt. Dieser Verdacht sollte auch den Gerichten genügen. 

Hat der Arbeitgeber gute Gründe, den Schwerbehinderten anders zu behandeln, etwa weil dieser aufgrund der Behinderung nicht in der Lage ist, im von ihm gewünschten Stundenumfang zu arbeiten, dann kann er die Vermutung ja entkräften und macht sich nicht schadensersatzpflichtig. 

Da der Arbeitgeber über die Stundenverteilung entscheidet, sollte es ihm ohne weiteres möglich sein, seine sachlichen Gründe darzulegen. Für den schwerbehinderten Arbeitnehmer wäre es im Gegenzug viel schwieriger darzulegen, dass sachliche Gründe nicht ausschlaggebend waren. Gemessen an den Hürden, die das Bundesarbeitsgericht nun aufgestellt hat, dürfte ihm eine Entschädigung verwehrt bleiben.

Rechtliche Grundlagen

§ 22 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
§ 22 AGG Beweislast

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.