Für erforderliche Personalratstätigkeiten Zutritt zur Dienststelle vorläufig zulässig
Für erforderliche Personalratstätigkeiten Zutritt zur Dienststelle vorläufig zulässig

Die Antragstellerin des von der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Mainz entschiedenen Falls ist Vorsitzende eines Personalrats in einer Verwaltung.

Mit ihrer außerordentlichen Kündigung verfolgt die Dienststellenleitung den gegenüber der Personalratsvorsitzenden gemachten Vorwurf, mitarbeiterbezogene dienstliche Unterlagen aus dem Büro eines Kollegen entnommen zu haben, um sie diesem außerhalb der Dienststelle zukommen zu lassen.

Dienststellenleitung verhängt Hausverbot gegenüber Personalratsvorsitzende

Die Antragstellerin wurde wegen des Vorwurfs (widerruflich) von der Erbringung ihrer Arbeitsleistung freigestellt. Zeitgleich wurde ihr ein Hausverbot erteilt. Hiergegen richtete sich ihr Eilantrag auf weiteren Zugang zu der Dienststelle.

Sie begründete den Antrag damit, dass der Zutritt zur Erledigung ihrer Personalratsarbeit erforderlich sei, für die sie vom Arbeitgeber an zwei Tagen in der Woche freigestellt sei.

Vor dem Hintergrund des Kündigungsvorwurfs hielt die Dienststellenleitung das Hausverbot für gerechtfertigt und die weitere Anwesenheit der Personalratsvorsitzenden in den Dienstgebäuden auch wegen sonstiger Versäumnisse für unzumutbar.

Auch während Zustimmungsersetzungsverfahren ist das Zugangsrecht zu gewährleisten

Dem Eilantrag der Personalratsvorsitzenden gab das VG Mainz weitgehend statt und erlaubte dieser vorläufig den Zutritt zur Dienststelle für erforderliche Personalratstätigkeiten insbesondere an den beiden Freistellungstagen.

Das Gericht kam in seiner Entscheidung zu dem Ergebnis, dass Personalratsmitgliedern grundsätzlich ein Recht auf Zutritt zur Dienststelle zustehe, soweit dies zur Erledigung ihrer Personalratstätigkeit erforderlich sei, da eine ungestörte Amtsausübung den notwendigen Kontakt mit der Dienststelle und ihren Beschäftigten voraussetze.

Auch während eines beim Verwaltungsgericht bereits anhängigen Zustimmungsersetzungsverfahrens, mit dem die Dienststellenleitung die Zustimmung zum Ausspruch der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung begehrt, sei das Zugangsrecht gewährleistet. Denn bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens bestünden das Arbeitsverhältnis und die Personalratsmitgliedschaft fort, weshalb in der Zwischenzeit grundsätzlich kein Hausverbot erteilt werden dürfe.

Nach den Umständen des Einzelfalls sei es auch nicht ausnahmsweise untragbar, der Personalratsvorsitzenden einen Zutritt zur Dienststelle zu erlauben.

Der Kündigungsvorwurf bedürfe in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht noch einer genaueren Prüfung. Im Übrigen sprächen auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass durch die Anwesenheit der Personalratsvorsitzenden der Dienstbetrieb unmittelbar gefährdet sei.

Hier geht es zur vollständigen Entscheidung des Verwaltungsgericht Mainz, Beschluss vom 14.10.2016 - 5 L 989/16.MZ


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Im Praxistipp: § 626 BGB, § 108 BPersVG, § 103 BetrVG

Das sagen wir dazu:

Was bedeutet Zustimmungsersetzungsverfahren?

Wenn der Personal- oder Betriebsrat der beabsichtigten fristlosen Kündigung eines Mitglieds der Arbeitnehmervertretung nicht zustimmt, so darf der Arbeitgeber die Kündigung nicht aussprechen. In diesem Fall besteht für den Arbeitgeber die Möglichkeit nach§ 108 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG), § 103 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) beim Verwaltungs- bzw. beim Arbeitsgericht, die verweigerte Zustimmung zur fristlosen Kündigung ersetzen zu lassen.


Der Zustimmungsersetzungsantrag muss bei dem zuständigen Gericht innerhalb der Zweiwochen-Frist ab Bekanntwerden des Kündigungsgrundes eingehen. Die einzuhaltende Zweiwochen-Frist ergibt sich aus § 626 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).


Wenn den Personal- oder Betriebsrat ein Antrag auf Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines Personal- oder Betriebsratsmitglieds erreicht, hat dieser 3 Tage Zeit für seine Stellungnahme. Reagiert der Personal- oder Betriebsrat nicht innerhalb der 3 Tage-Frist, so kann der Arbeitgeber nicht kündigen, sondern muss das gerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren einleiten. Gleiches gilt, wenn der beabsichtigten fristlosen Kündigung widersprochen wird.


Zustimmungsersetzungsverfahren laufen in vielen Fällen über einen längeren Zeitraum. Erst wenn die Zustimmung des Gerichts in Rechtskraft erwachsen ist, darf der Arbeitgeber die außerordentliche Kündigung aussprechen. Bis dahin besteht das Arbeitsverhältnis fort. Der Arbeitgeber kann das Personalrats- Betriebsratsmitglied ggfs. von der Arbeit freistellen, die weitere Ausübung seines Amts muss ihm aber ermöglicht werden.

Ein Hausverbot ist nur bei außerordentlich schwerwiegenden Verstößen, wie z. B. erheblichen Straftaten, denkbar.

Rechtliche Grundlagen

§ 626 BGB, § 108 BPersVG, § 103 BetrVG

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.


Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG)
§ 108

(1) Die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern der Personalvertretungen, der Jugendvertretungen oder der Jugend- und Auszubildendenvertretungen, der Wahlvorstände sowie von Wahlbewerbern, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, bedarf der Zustimmung der zuständigen Personalvertretung. Verweigert die zuständige Personalvertretung ihre Zustimmung oder äußert sie sich nicht innerhalb von drei Arbeitstagen nach Eingang des Antrags, so kann das Verwaltungsgericht sie auf Antrag des Dienststellenleiters ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. In dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht ist der betroffene Arbeitnehmer Beteiligter.

(2) Eine durch den Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Beschäftigten ist unwirksam, wenn die Personalvertretung nicht beteiligt worden ist.


Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)
§ 103 Außerordentliche Kündigung und Versetzung in besonderen Fällen

(1) Die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung und des Seebetriebsrats, des Wahlvorstands sowie von Wahlbewerbern bedarf der Zustimmung des Betriebsrats.

(2) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann das Arbeitsgericht sie auf Antrag des Arbeitgebers ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. In dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht ist der betroffene Arbeitnehmer Beteiligter.

(3) Die Versetzung der in Absatz 1 genannten Personen, die zu einem Verlust des Amtes oder der Wählbarkeit führen würde, bedarf der Zustimmung des Betriebsrats; dies gilt nicht, wenn der betroffene Arbeitnehmer mit der Versetzung einverstanden ist. Absatz 2 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass das Arbeitsgericht die Zustimmung zu der Versetzung ersetzen kann, wenn diese auch unter Berücksichtigung der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung des betroffenen Arbeitnehmers aus dringenden betrieblichen Gründen notwendig ist.