„Wenn der Chef die Betriebsratswahl unerlaubt beeinflusst, ist eine wirksame Wahl in Gefahr. Michael Mey, Hagen“
„Wenn der Chef die Betriebsratswahl unerlaubt beeinflusst, ist eine wirksame Wahl in Gefahr. Michael Mey, Hagen“

Wie soll der Wahlvorstand in diesem Fall reagieren?

„Diese Vorschlagsliste wird abgelehnt!“, war die Reaktion des Wahlvorstandes in einem Essener Krankenhaus. Das Ergebnis: Die Bewerber der abgelehnten Liste beantragten beim Arbeitsgericht Essen den Erlass einer einstweiligen Verfügung und verlangten die Berücksichtigung der Liste bei der Wahl.
Mit Erfolg! Im Wege eines gerichtlichen Vergleichs wurde die Liste dann doch wieder zur Wahl zugelassen.

Wie soll sich in derartigen Fällen der Wahlvorstand verhalten?

Wir haben die Tipps für den Wahlvorstand!

  1. Rechtsrat bei der Gewerkschaft oder beim DGB Rechtsschutz einholen, denn jeder Fall ist ein Einzelfall und somit anders zu beurteilen.
  2. Wenn der Wahlvorstand die Beeinflussung durch den Chef nur vermutet, nicht aber beweisen kann: Finger weg! Dann muss er die Liste zur Wahl zulassen. Tut er es nicht, riskiert er eine einstweilige Verfügung der abgelehnten Bewerber oder nach der Wahl eine Wahlanfechtung. Beides ohne Nachweis einer Beeinträchtigung sicher mit Erfolg.
  3. Wenn die (nicht nur vermutete) Wahlbeeinflussung durch den Arbeitgeber derart schwerwiegend ist, dass die Durchführung der Wahl zur Nichtigkeit der Wahl führen würde, zum Beispiel bei massiver Bedrohung: Dann muss die Liste abgelehnt werden. Die Durchführung einer Wahl mit später nichtigem Ergebnis führt nicht zum Entstehen einer wirksamen Interessenvertretung der Belegschaft und macht keinen Sinn. Auch die Arbeitsgerichte werden dem Wahlvorstand bei aller richterlicher Zurückhaltung bei massiver Beeinträchtigung Recht geben.
  4. Wenn die Beeinflussung durch den Chef nicht so mächtig ist, dass die Betriebsratswahl nichtig wird, aber möglicherweise anfechtbar: In diesem Fall raten wir dem Wahlvorstand, die Liste nicht auszuschließen. Das hätte nämlich wie im Fall des Essener Krankenhauses eine einstweilige Verfügung der Bewerber der abgelehnten Liste zur Folge, voraussichtlich mit Erfolg. Wenn nämlich keine Nichtigkeit die Folge wäre, neigen die Arbeitsgerichte nicht dazu, entscheidend in die Wahl einzugreifen. Jedenfalls riskiert der Wahlvorstand bei einem Ausschluss später eine nicht aussichtslose Wahlanfechtung.


In diesem Fall also: Die Wahl sollte durchgeführt werden. Dann liegt später das Heft des Handelns beim Betriebsrat. Er kann eventuell die Wahl anfechten, wenn die durch den Arbeitgeber beeinflusste Liste Erfolg hatte, oder er kann es lassen, wenn trotz der Bemühungen des Chefs die Liste erfolglos geblieben ist.

So oder so: Der Wahlvorstand steckt in der Zwickmühle. Die Wirksamkeit der Wahl steht auf der Kippe, wenn der Arbeitgeber unerlaubt Einfluss nimmt.

Michael Mey, Hagen

Näheres zur Nichtigkeit und Anfechtbarkeit einer Wahl siehe:
http://www.dgbrechtsschutz.de/recht/arbeitsrecht/betriebsraete-und-personalraete/themen/beitrag/ansicht/betriebsraete-und-personalraete/wenn-der-arbeitgeber-die-zusammensetzung-des-betriebsrates-beeinflusst/

Näheres zu Gerichtsentscheidungen bei Eingriffen in das Wahlverfahren siehe:
http://www.dgbrechtsschutz.de/recht/arbeitsrecht/betriebsraete-und-personalraete/themen/beitrag/ansicht/betriebsraete-und-personalraete/der-arbeitgeber-kann-die-betriebsratswahl-nicht-verhindern/?singleView=1&cHash=f6b2b10019dd3f72fd8684fa37325611