Tätigkeit in Einigungsstelle eines anderen Unternehmens rechtfertigt Kündigung nicht.
Tätigkeit in Einigungsstelle eines anderen Unternehmens rechtfertigt Kündigung nicht.

Das Betriebsratsmitglied ist in einem Einzelhandelskonzern mit vielen einzelnen Filialbetrieben beschäftigt. Es war mehrfach Beisitzer in Einigungsstellen anderer Betriebe des Konzerns. Hierfür sollte das Unternehmen dem Mitglied ein Honorar zahlen. Das Mitglied ist zudem als freiberuflicher Betriebsratsberater tätig.

Kein Konflikt mit Arbeitgeberinteressen

Der Arbeitgeber sah darin einen erheblichen Vertrauens- und pflichtverstoß und hatte beim Betriebsrat die Zustimmung zur Kündigung des Betriebsrats-Mitglieds beantragt. Da der Betriebsrat diese verweigerte, hatten die Gerichte und schließlich das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden.


Das BAG stellte fest, dass ein Beisitzer auf Seiten des Betriebsrats nicht für diesen, sondern nur im Interesse der Arbeitnehmer des Betriebs tätig wird. Es bestehe eine weitgehende Weisungsfreiheit. Diese Rolle sei gesetzlich vorgegeben. Das Ziel bestehe gerade in der Herstellung des Einvernehmens mit dem Arbeitgeber.

Honoraranspruch ist keine Begünstigung

Das Betriebsrats-Mitglied hatte zwar noch keine Vergütung erhalten. Jedoch bestand dem Grunde nach ein Vergütungsanspruch gegenüber dem Unternehmen und damit dem eigenen Arbeitgeber. 


Nach dem BAG liegt darin keine Begünstigung eines Betriebsrats-Mitglieds. Vielmehr sei auch die Vergütung eines betriebsfremden, aber unternehmensangehörigen Beisitzers vom Gesetz vorgesehen. 


Die Bestellung zum Beisitzer sei wirksam erfolgt. Insoweit sieht das BAG auch daher keinen wichtigen Kündigungsgrund.

Keine gewerbliche Nebentätigkeit

Der Arbeitgeber hatte die Meinung vertreten, die Tätigkeit als Beisitzer habe durch ihn genehmigt werden müssen. Auch dem folgte das BAG nicht. 


Das Betriebsrats-Mitglied habe jeweils ausdrücklich nicht als Betriebsratsberater an der Einigungsstelle teilgenommen. 


Es handele sich vielmehr um eine Tätigkeit in der Freizeit. Im Übrigen werde dem Arbeitgeber auch nicht die Möglichkeit genommen, die Arbeitszeit des Betriebsrats-Mitglieds flexibel zu gestalten. 

Praxistipp: Betriebsratsmitglieder in der Einigungsstelle

Im Normalfall wird der Betriebsrat in der Einigungsstelle von einem seiner Mitglieder sowie von Externen vertreten. Für das jeweilige Mitglied handelt es sich dann um eine originäre Betriebsratstätigkeit und damit Arbeitszeit. 


Ein vorübergehender Freistellungsanspruch für betriebsfremde Einigungsstellen besteht in keinem Fall. Dabei kann es sich aber um eine Nebentätigkeit handeln. Es kommt auf Umfang und Ausgestaltung an.


Für Betriebsräte größerer Unternehmen mit mehreren Standorten und Filialen ist diese Entscheidung aus folgendem Grund interessant: Häufig kann es hilfreich sein auf die Erfahrung anderer Betriebsratskollegen mit vergleichbaren Sachverhalten zurückzugreifen. Dies kann auch ganz offiziell geschehen, ohne dass Interessenkonflikte zu befürchten wären. Wichtig ist auch dabei natürlich, auf eine ordnungsgemäße Beschlussfassung zu achten.  (Dieser Artikel ist zuerst erschienen in: „AiB-Newsletter, Rechtsprechung für den Betriebsrat“ des Bund-Verlags, Ausgabe 6/2016 vom 05.04.2016.)

Der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 13.05.2015 - 2 ABR 38/14 hier im Volltext