Erdal Savas, Betriebsratsvorsitzender | Foto: Giacinto Carlucci
Erdal Savas, Betriebsratsvorsitzender | Foto: Giacinto Carlucci

Üble Nachrede, Abmahnungen, Hausverbot, Kündigungen aus nichtigen Gründen, Ausspionieren durch Detektive und selbst anonyme Anrufe sind keine Seltenheit: Immer häufiger werden Betriebsräte stark unter Druck gesetzt, um sie aus ihrem Amt oder ganz aus der Firma zu drängen. Die Liste der skrupellosen Mittel gipfelt in Schadenersatzklagen gegen arglose Betriebsräte in Millionenhöhe. „Das ist reiner Psychoterror“, weiß der Jurist Hans-Martin Wischnath, Teamleiter im Büro Göppingen der DGB Rechtsschutz GmbH, „es geht darum, den Menschen Angst einzujagen, damit sie von selbst gehen.“ Der Arbeitsrechtsexperte hat in einem aktuellen Verfahren mit dem bekanntesten dieser ,Arbeitgeber-Rechtsanwälte‘ zu tun. Der Duisburger Rechtsanwalt Helmut Naujoks leitete als Interessenvertreter der Firma Plattenhardt KG gegen deren Betriebsratsvorsitzenden Erdal Savas und ein Betriebsratsmitglied ein Zustimmungsverfahren im Sinne des § 103 Betriebsverfassungsgesetz ein, um diesen außerordentlich verhaltensbedingt kündigen zu können. Vorwurf: Die Betriebsräte hätten Vorgesetzte bedroht und beleidigt. Angebliche Zeugen: als Mitarbeiter getarnte Detektive, die in Gesprächen mit den Betriebsräten Drohungen und Beleidigungen herausgehört haben wollen. „Mit diesen unhaltbaren Vorwürfen sollen die Betriebsräte verängstigt und der gesamte Betriebsrat auseinandergebracht werden“, kommentiert Hans-Martin Wischnath.

 

Mobbing bis zur Erschöpfung

 

Bei solchen Arbeitsrechtsverfahren geht es nicht um Recht. „Dass die Anschuldigungen rechtlich haltlos sind, ist nicht entscheidend“, erläutert Dietmar Hexel, Mitglied im Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der DGB Rechtsschutz GmbH, „sondern der Umstand, dass die Betroffenen infolge des zermürbenden Mobbings so erschöpft sind, dass sie irgendwann aufgeben und der Arbeitgeber sein Ziel erreicht hat.“

Aber nicht immer funktioniert diese perfide Methode. Für einen ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden konnte Michael Mey nach zwei Instanzen die Weiterbeschäftigung erreichen und diesem mit einer einstweiligen Verfügung auch den früheren Arbeitsplatz wieder verschaffen. Der Teamleiter im Hagener Büro der DGB Rechtsschutz GmbH beobachtet, dass sich die Fälle willkürlicher Kündigungen von Betriebsräten häufen. „Es ist auffällig, dass mit härteren Bandagen gegen Betriebsräte vorgegangen wird.“ In seinem Fall war der Inhaber eines mittelständischen Betriebes auf eine besonders subtile Methode verfallen: Um den Betriebsratsvorsitzenden in der Firma zu isolieren, stellte er ihn bei weiterlaufender Entlohnung von der Arbeit frei. „Der Arbeitgeber hat es geschickt verstanden, den Betriebsrat auf seine Seite zu ziehen“, beschreibt Michael Mey das Vorgehen, „dieser hat den Mandanten als Vorsitzenden abgewählt.“ Was zunächst verlockend erschien – Geld ohne Gegenleistung –, entpuppte sich als Entfremdung von Betriebsratskollegen und Belegschaft.

 

Sich sofort rechtskundig machen

 

Der Abgewählte wandte sich an die DGB Rechtsschutz GmbH in Hagen, um die Weiterbeschäftigung einzuklagen – mit Erfolg. Sich sofort rechtskundig machen ist der richtige Weg, bestätigen die Arbeitsrechtsexperten: „Wir können den Betroffenen zu ihrem Recht verhelfen und sie im gesamten Verfahren unterstützen.“ Denn auch die Nervenstärksten geraten in Momente von Zweifel und Resignation, wenn sich Prozesse in die Länge ziehen oder immer wieder neue angestrengt werden. Im Fall der schwäbischen Kabel BW GmbH & Co KG wurden Betriebsräte mit über 100 Verfahren überzogen. Der Anwalt der Unternehmensleitung: Helmut Naujoks. Die betroffenen Betriebsräte sind an die Öffentlichkeit gegangen – auch das empfehlen die Juristen der DGB Rechtsschutz GmbH: „Gleich die lokale Presse informieren, am besten gemeinsam mit der örtlichen Gewerkschaft.“

Rechtliche Grundlagen

Erste Anzeichen

Üble Nachrede gegen Betriebsratsmitglieder, zum Beispiel im Intranet auf dem virtuellen Schwarzen Brett eines Betriebes.

Betriebsräte werden aufgefordert, sich von der Gewerkschaft zu distanzieren und sie nicht mehr zu Betriebsversammlungen einzuladen.

Einzelne Betriebsräte werden dazu gedrängt, andere Betriebsräte unter Druck zu setzen und sie zum Rücktritt zu bewegen.

Gewerkschaftsmitglieder werden angehalten auszutreten.

Der Betriebsrat wird mit zahlreichen Anforderungen mit kurzen Fristsetzungen seitens der Personalleitung von sachlicher Arbeit abgehalten.

Die Belegschaft wird gegen den Betriebsrat mobilisiert, zum Beispiel wegen dessen angeblich unternehmensschädlichen Verhalten.

Es werden Unterschriftenlisten in Umlauf gebracht mit der Forderung nach Neuwahlen des Betriebsrates.