Verletzung gesetzlicher Pflichten kann Betriebsratsmandat kosten!
Verletzung gesetzlicher Pflichten kann Betriebsratsmandat kosten!

Erst Entgeltausgleich, dann Betriebsvereinbarung?

Zu diesem Ergebnis kam das Landesarbeitsgericht (LAG) München, das den Ausschluss eines Betriebsratsvorsitzenden (BRV) aus dem Betriebsrat für rechtens erkannte, da dieser angekündigt hatte, eine geplante Betriebsvereinbarung solange zu boykottieren, bis die Arbeitgeberin bereit ist, einen von ihm begehrten Entgeltausgleich zu zahlen.

Der Betriebsratsvorsitzenden (BRV) ist seit vielen Jahren Vorsitzender des im Betrieb der Arbeitgeberin gebildeten Betriebsrats. Seit 2014 verlangte er von der Arbeitgeberin unter anderem, ihm einen Entgeltausgleichs zu zahlen. Während der Gespräche über diesen individuellen Anspruch verhandelte der Betriebsrat gleichzeitig über eine Betriebsvereinbarung zur Regelung eines Schichtmodells.

Anfang 2016 sprach der BRV in zwei Gesprächen mit den Geschäftsführern der Arbeitgeberin seine Entgeltausgleichs-Forderung an und wurde auf eine ablehnende Stellungnahme der Geschäftsleitung verwiesen.

Betriebsratsvorsitzender boykottiert Verhandlungen

Hieraufhin erwiderte er sinngemäß, dass er seine Betriebsratsaufgaben erst nach einer Entscheidung über seine private Forderung wieder aufnehmen und gegebenenfalls die geplante Betriebsvereinbarung boykottieren werde. Einen ihm nach diesen Gesprächen angebotenen Aufhebungsvertrag lehnte er ab.

Die Arbeitgeberin beantragte daraufhin, den BRV aus dem Betriebsrat auszuschließen. Das Arbeitsgericht Augsburg - Kammer Neu-Ulm - wies den Antrag des Arbeitgebers ab. Auf die Beschwerde des Arbeitgebers gab das LAG München diesem statt. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht hat das Landesarbeitsgericht zugelassen.

Aus den Entscheidungsgründen des Münchener Beschwerdegerichts ergibt sich, dass die Richter der 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts in den erwiesenen Äußerungen des BRV eine grobe Verletzung der ihm obliegenden gesetzlichen Pflichten sehen, was. gemäß § 23 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz dessen Ausschluss aus dem Betriebsrat rechtfertige.

Landesarbeitsgericht: erheblicher Pflichtverstoß

Der Pflichtverstoß ist nach Auffassung des LAG objektiv erheblich und so schwerwiegend, dass eine weitere Amtsausübung untragbar erscheint. Denn der BRV habe mit den wiederholten Aussagen zu erkennen gegeben, dass ihm die Regelung seiner persönlichen Ansprüche näher liegt als die Betriebsratsinteressen.

Da er bereit war, seine Stellung zur Erlangung privater Vorteile einzusetzen, sei auch in Zukunft mit einer solchen unerlaubten Druckausübung zu rechnen. Hierdurch sei das Vertrauensverhältnis zur Arbeitgeberin erschüttert.

Dem stehe nicht entgegen, dass der Vorsitzende nicht das einzige beziehungsweise bestimmende Betriebsratsmitglied sei. Selbst wenn der Betriebsrat künftiges Handeln des Vorsitzenden nicht mittragen würde, könnte er die notwendige Mitbestimmung in personellen oder sozialen Fragen verzögern.

Hier geht es zum vollständigen Beschluss des Landesarbeitsgericht, 6 TaBV 97/16 vom 17.01.2017

Rechtliche Grundlagen

§ 23 Betriebsverfassungsgesetz

Betriebsverfassungsgesetz
§ 23 Verletzung gesetzlicher Pflichten

(1) Mindestens ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer, der Arbeitgeber oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können beim Arbeitsgericht den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat oder die Auflösung des Betriebsrats wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen. Der Ausschluss eines Mitglieds kann auch vom Betriebsrat beantragt werden.

(2) Wird der Betriebsrat aufgelöst, so setzt das Arbeitsgericht unverzüglich einen Wahlvorstand für die Neuwahl ein. § 16 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können bei groben Verstößen des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen aus diesem Gesetz beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Handlung zu unterlassen, die Vornahme einer Handlung zu dulden oder eine Handlung vorzunehmen. Handelt der Arbeitgeber der ihm durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegten Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er auf Antrag vom Arbeitsgericht wegen einer jeden Zuwiderhandlung nach vorheriger Androhung zu einem Ordnungsgeld zu verurteilen. Führt der Arbeitgeber die ihm durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegte Handlung nicht durch, so ist auf Antrag vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass er zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld anzuhalten sei. Antragsberechtigt sind der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft. Das Höchstmaß des Ordnungsgeldes und Zwangsgeldes beträgt 10.000 Euro.