Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BaMF) missachtet das Mitbestimmungsrecht des Personalrates in mehr als dreihundert Fällen.
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BaMF) missachtet das Mitbestimmungsrecht des Personalrates in mehr als dreihundert Fällen.

Erstaunlich an dem Verfahren ist vor allem die Deutlichkeit und Offenheit, mit der die Behörde selbst -  bewusst und vorsätzlich  - das Mitbestimmungsrecht des Personalrates missachtet hat.
 

Offene Missachtung der Mitbestimmungsrechte

So hatte die zuständige Abteilung des BaMF vorab ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Einstellung von Beschäftigten ohne Zustimmung des Personalrates einen Verstoß gegen das Personalvertretungsgesetz darstellt. Trotzdem wurde der Behördenleitung empfohlen, die Einstellungen ohne Beteiligung der Personalratsgremien vorzunehmen und die betroffenen Mitarbeiter*innen der Personalabteilung von einer möglichen beamtenrechtlichen Haftung freizustellen.
 
Genauso wurde dann auch  - bewusst gesetzeswidrig  - verfahren. Am 29.Januar wurde die Zustimmung zur Einstellung von insgesamt 240 Beschäftigten zum 01.Februar beantragt. Das zuständige Personalratsgremium hat den Einstellungen widersprochen, da weder die Ausschreibungspflicht noch die rechtzeitige Personalratsbeteiligung vor der Einstellung beachtet worden war. Damit lag auch ein offensichtlicher Verstoß gegen das Grundgesetz vor, wonach Einstellungen im öffentlichen Dienst nur in einem geordneten Verfahren nach festgelegten Kriterien erfolgen dürfen.
 
Die  - außerhalb jeglichen ordentlichen Auswahlverfahrens - ausgesuchten Mitarbeiter*innen wurden trotzdem zum vorgesehenen Termin eingestellt. Dies wiederholte sich dann in den folgenden Wochen mehrfach.
 

Grund: Humanitäre Notlage?

Das BaMF hat sich im Gerichtsverfahren vor dem Verwaltungsgericht Ansbach darauf berufen, dass man sich erheblichem humanitärem Druck und hohen politischen Erwartungen ausgesetzt gesehen habe. Die Behörde wollte damit offenbar zum Ausdruck bringen, dass sie in einer Situation eines „übergesetzlichen Notstandes“ gehandelt habe und sie in dieser Situation nicht mehr an Recht und Gesetz gebunden gewesen sei.
 
Diese Argumentation ist für den vorliegenden Sachverhalt nicht nur falsch, weil hier auch nicht ansatzweise eine Situation gegeben war, die verfassungsrechtlich als Notstand zu bezeichnen wäre. Die Auffassung der Behörde ist auch gefährlich, da sich mit einer solchen Begründung grundsätzlich jegliche staatliche Gewalt über jegliches Gesetz hinwegsetzen könnte.
 
So hat auch das Verwaltungsgericht klare Worte zu dieser unzweifelhaft rechtswidrigen Vorgehensweise gefunden. Das Gericht hat insbesondere sein Unverständnis darüber ausgedrückt, dass im Vorfeld der Einstellungen noch nicht einmal versucht worden ist, mit den Personalratsgremien das Gespräch zu suchen und gemeinsam Lösungen für die  - auch vom Personalrat anerkannte  - schwierige Lage zu finden.
 
Damit ist in offensichtlicher Weise bereits gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoßen worden, ganz zu Schweigen von den gesetzlichen Regelungen der Mitbestimmung.
 

Anmerkung der Redaktion:

Es macht etwas sprachlos, mit welcher Offenheit und Coolness hier innerhalb einer Bundesbehörde die Mitbestimmungsrechte des Personalrates vorsätzlich missachtet wurden und damit bewusst rechtswidrig gehandelt worden ist.
 
Es soll nicht in Abrede gestellt werden, dass es sich hier um eine besondere Situationen handelt, in der unter Umständen auch besonders reagiert werden muss - aber gemeinsam mit den Personalratsgremien und nicht an ihnen vorbei. Das erfordert Kommunikation und nicht ein Vorgehen nach Gutsherrenart.
 
Auch die weiteren Äußerungen des Behördenleiters Frank-Jürgen Weise in der Presse  - noch während des bereits laufenden Beschlussverfahrens vor dem Verwaltungsgericht  - sprechen für sich. Dem „Stern“ gegenüber hatte er mitgeteilt, er werde auch in Zukunft zügig neues Personal einstellen, auch gegen den Widerstand der Arbeitnehmervertreter: „Wir entscheiden das jetzt. Notfalls haben wir dann eben die nächste Klage.“
 
Ein Kommentar dazu erübrigt sich - die Äußerung macht deutlich genug, was Herr Weise als Chef einer Bundesbehörde von rechtsstaatlichem Verwaltungshandeln hält.

 

Links:

 

Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach

 

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Rechtliche Grundlagen

§ 77 BPersVG

(1) In Personalangelegenheiten der in § 14 Abs. 3 bezeichneten Beschäftigten, der Beamten auf Zeit, der Beschäftigten mit überwiegend wissenschaftlicher oder künstlerischer Tätigkeit bestimmt der Personalrat nach § 75 Abs. 1, § 76 Abs. 1 nur mit, wenn sie es beantragen. § 75 Abs. 1 und 3 Nr. 14, § 76 Abs. 1 gelten nicht für die in § 54 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes bezeichneten Beamten und für Beamtenstellen von der Besoldungsgruppe A 16 an aufwärts.

(2) Der Personalrat kann in den Fällen des § 75 Abs. 1 und des § 76 Abs. 1 seine Zustimmung verweigern, wenn
1. die Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Bestimmung in einem Tarifvertrag, eine gerichtliche Entscheidung, den Frauenförderplan oder eine Verwaltungsanordnung oder gegen eine Richtlinie im Sinne des § 76 Abs. 2 Nr. 8 verstößt oder
2. die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, daß durch die Maßnahme der betroffene Beschäftigte oder andere Beschäftigte benachteiligt werden, ohne daß dies aus dienstlichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist, oder
3. die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, daß der Beschäftigte oder Bewerber den Frieden in der Dienststelle durch unsoziales oder gesetzwidriges Verhalten stören werde.