Der Konzernbetriebsrat hat bei der Nutzung einer Personalverwaltungssoftware ein Mitbestimmungsrecht, wenn das mit der Personalverwaltung betraute Konzernunternehmen die Verhaltens- oder Leistungsdaten von Arbeitnehmern erhebt und verarbeitet, die in anderen Konzernunternehmen beschäftigt werden.

Der Fall:

Die Beteiligten streiten über die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats. Die Arbeitgeberin ist die Konzernobergesellschaft einer Verlagsgruppe. Antragsteller ist der dort errichtete Konzernbetriebsrat.

Die Personalverwaltung wurde für die Mehrzahl der Konzernunternehmen ursprünglich von der Arbeitgeberin auf der Basis von Geschäftsbesorgungsverträgen durchgeführt. Das dafür eingesetzte Datenverarbeitungssystem SAP ERP ermöglicht die Personalabrechnung und Personalbetreuung sowie das Personalcontrolling.

Die Arbeitgeberin und der bei ihr gebildete Betriebsrat schlossen im Juni 2000 eine Betriebsvereinbarung über den Einsatz der zu diesem Zeitpunkt genutzten Systemversion ab. Seit dem Jahr 2010 wird die Personalverwaltung von einem konzernangehörigen Tochterunternehmen wahrgenommen.

Das System verfügt über technische Schnittstellen, die zentral bestimmte Aufgaben übernehmen können. Zu diesen gehören etwa das Einlesen von Stundenkonten, der elektronische Versand von Entgelt- und Zeitnachweisen, Meldungen an Sozialversicherungsträger und die Finanzverwaltung sowie die Verwaltung der bei der Entgeltabrechnung anfallenden Papierdokumente. Das System kann verschiedene Berichtsaufgaben wie etwa die Dokumentation über Langzeiterkrankungen sowie besondere Urlaubsansprüche durchführen.

2008 verständigten sich Arbeitgeber und Konzernbetriebsrat auf die Einrichtung einer Einigungsstelle, um die Nutzung der neuen Version des Personalverwaltungssystems zu regeln. Die Einigungsstelle stellte jedoch ihre Unzuständigkeit mit der Begründung fest, die von der Arbeitgeberin angekündigte Nutzung des Personalverwaltungssystems erfordere keine konzernweite Regelung unter Beteiligung des Konzernbetriebsrats. Eine 2010 einberufene Einigungsstelle kam zu der gleichen Entscheidung.

Der KBR ging beim Arbeitsgericht gegen diese Einigungsstellenbeschlüsse vor. Er beantragte sinngemäß, seine Zuständigkeit für die Mitbestimmung bei der Nutzung des Systems SAP ERP für die Personalverwaltung im Konzern festzustellen.

Die Entscheidung:

Die Rechtsbeschwerde des Konzernbetriebsrats ist begründet, entschied das BAG. Dem Konzernbetriebsrat steht das Beteiligungsrecht bei der Nutzung des streitgegenständlichen Personalverwaltungssystems zu.

Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat ua. mitzubestimmen bei der Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Überwachung in diesem Sinne ist sowohl das Sammeln von Informationen als auch das Auswerten bereits vorliegender Informationen.

Das im Konzern eingesetzte System SAP ERP ist eine solche technische Einrichtung. Das Mitbestimmungsrecht muss nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG der Konzernbetriebsrat wahrnehmen. Nach der Kompetenzzuweisung des BetrVG werden Mitbestimmungsrechte in erster Linie vom örtlichen, von der Belegschaft direkt gewählten Betriebsrat wahrgenommen.
§ 58 Abs. 1 Satz 1 BetrVG weist die Mitbestimmung dem Konzernbetriebsrat ausnahmsweise zu, wenn die zu regelnde Angelegenheit nicht auf einzelne Betriebe oder Unternehmen eines Konzerns beschränkt ist und der örtliche Betriebsrat oder der Gesamtbetriebsrat die Interessen der Arbeitnehmer nicht mehr wirksam vertreten können.

Die Personalverwaltung erfolgt von der jeweils dafür zuständigen Konzerngesellschaft für die Mehrzahl der konzernangehörigen Unternehmen. Deshalb ist der Konzernbetriebsrat zuständig.

Ob die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats auch im Hinblick auf § 4 Abs. 1 BDSG (notwendige Rechtsgrundlage für die Verarbeitung der von den Arbeitnehmern erhobenen Daten) gegeben war, bedarf keiner Entscheidung.

Folgen für die Praxis: Carsten Schuld

Wann liegt die Zuständigkeit beim örtlichen Betriebsrat, wann liegt sie beim Gesamt- oder Konzernbetriebsrat? Häufig müssen die Arbeitsgerichte diese Frage entscheiden, weil sich Betriebsparteien nicht einigen konnten.
Liest man die § 50 Abs. 1 S. 1 und § 58 Abs. 1 S. 1 BetrVG wird klar, dass Gesamt- oder Konzernbetriebsrat eigentlich nur im Ausnahmefall tätig werden sollen. Dies sollte auch in größeren Unternehmen nur dann der Fall sein, wenn die zu regelnde Angelegenheit mehrere Betriebe betrifft und die Interessen der Arbeitnehmer nicht mehr durch den örtlichen Betriebsrat gewahrt werden können. Dabei sind die Kriterien für die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats die gleichen wie beim Gesamtbetriebsrat. Schaut man in die Kommentare, wird dort klar, dass es nicht ausreicht, dass eine Regelung durch den Gesamt- oder Konzernbetriebsrat einfach praktischer oder zweckmäßiger wäre. Schon gar nicht reicht der Wunsch des Arbeitgebers  aus, dass er bestimmte Angelegenheiten übergreifend regeln will. Nein, die Wahrnehmung der Arbeitnehmerinteressen durch den Gesamtbetriebsrat muss zwingend erforderlich sein. Es klingt, als wäre die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nur denkbar, wenn der örtliche völlig überfordert sei.
Überblickt man aber die Rechtsprechung des BAG und der meisten Landesarbeitsgerichte sieht es etwas anders aus. Wie auch in dieser Entscheidung sehen die Gerichte die Zuständigkeit des Gesamt- oder Konzernbetriebsrats häufig als gegeben an. Oft reicht es, wenn mehrere Betriebe eines Unternehmens oder Konzerns betroffen sind und betriebsübergreifende einheitliche Regelungen getroffen werden sollen. Das Vorliegen eines „zwingenden Erfordernisses“ wird von den Gerichten dann tendenziell bejaht.
Fazit: Es muss bei jeder wirtschaftlichen oder sozialen Angelegenheit die Zuständigkeit des örtlichen, der gesamt- oder des Konzernbetriebsrats neu geprüft werden. Bei betriebsübergreifenden Maßnahmen lässt sich die Zuständigkeit des Gesamt- oder Konzernbetriebsrats aber oft gut begründen und kann im Streitfall mit der Billigung der Arbeitsgerichte rechnen.

Beschluss des BAG vom 25.09.2012, Az: 1 ABR 45/11