Vorsicht! Sonst ist der Zug abgefahren. Copyright by Khorzhevska / Fotolia
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Arbeitgeber dürfen einem Mitglied des Betriebsrats nur kündigen, wenn das Betriebsratsgremium zugestimmt oder das Arbeitsgericht diese Zustimmung rechtskräftig ersetzt hat. Dieses Zustimmungsersetzungsverfahren sollten Betriebsrät*innen auf gar keinen Fall auf die leichte Schulter nehmen. Das folgt aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25. April 2018.

 

Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit

Ein Arbeitgeber wollte einem Verkäufer wegen unzulässiger Konkurrenztätigkeit kündigen. Da der Verkäufer Betriebsrat war, kam nur eine außerordentliche fristlose Kündigung in Betracht.
Der Betriebsrat bestand allein aus dem Verkäufer. Ein Ersatzmitglied gab es nicht. Deshalb blieb dem Arbeitgeber nichts anderes übrig, als beim Arbeitsgericht ein Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten.
 

Arbeitgeber gewinnt Zustimmungsersetzungsverfahren

In diesem Verfahren bestritt der Kläger eine unzulässige Konkurrenztätigkeit. Darüber hinaus brachte er vor, dass der Arbeitgeber bereits mehr als zwei Wochen vor ihrem Antrag auf Ersetzung der Zustimmung alle Tatsachen gekannt habe, die für ihren Kündigungsentschluss von Bedeutung waren.
 
Die Richter*innen des Arbeitsgerichts kamen zu dem Ergebnis, dass ein wichtiger Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung gegeben und der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung rechtzeitig erfolgt sei.
 
Der Kläger wehrte sich zwar gegen dieses Ergebnis des Beschlussverfahrens. Er konnte aber letztlich nicht verhindern, dass der für ihn negative Beschluss Rechtskraft erlangte. Daraufhin sprach der Beklagte die außerordentliche fristlose Kündigung aus.
 

Kläger klagt gegen die Kündigung

Er begründet seine Klage mit denselben Argumenten, die er auch schon im Zustimmungsersetzungsverfahren vorgebracht hatte.
Sowohl das Arbeits- als auch das Landesarbeitsgericht haben die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Der Kläger legte Revision beim Bundesarbeitsgericht ein.
 

Bundesarbeitsgericht folgt den Vorinstanzen

Das Bundesarbeitsgericht sah sich nicht veranlasst, sich mit den Argumenten des Klägers zu befassen. Denn der Kläger könne sich nicht darauf berufen, dass kein wichtiger Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung vorliege. Dasselbe gelte für das Argument, die Beklagte habe den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zu spät gestellt.
Dass beides nicht zutreffe, stehe ohne weitere Prüfung bereits aufgrund des Zustimmungsersetzungsverfahrens rechtskräftig fest.  
Der Kläger könne sich deshalb  im Kündigungsschutzprozess nur auf solche Tatsachen berufen, die er im Zustimmungsersetzungsverfahren noch nicht geltend gemacht habe. Das Bundesarbeitsgericht geht sogar noch einen Schritt weiter. Auch Tatsachen, die im Zustimmungsersetzungsverfahren nicht auftauchen, könne ein Kläger im Kündigungsschutzverfahren nicht mehr vortragen, wenn er die Möglichkeit gehabt habe, sie bereits vorher in den Prozess einzuführen.
 

Enger Zusammenhang beider Verfahren

Auch wenn der Beschluss im Zustimmungsersetzungsverfahren Rechtskraft erlangt habe, erstrecke sich diese Rechtskraft  - so das Bundesarbeitsgericht  - allein auf Ersetzung der Zustimmung, nicht aber auch auf die dafür maßgeblichen Gründe. Dennoch sei die Bindungswirkung des Beschlusses eine notwendige Folge des im Betriebsverfassungsgesetz verankerten engen Zusammenhangs zwischen den beiden Verfahren. Bezogen auf dieselben Kündigungsgründe sei der Kündigungsschutzprozess nur eine inhaltliche Fortsetzung des rechtskräftig abgeschlossenen Zustimmungsersetzungsverfahrens.
 
Hier geht es zum vollständigen Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom  25.04.2018:

Das sagen wir dazu:

Anmerkung der Redaktion

Aufgrund dieser Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sollten Betriebsrät*innen unbedingt darauf achten, dass sie alle Tatsachen, die sie gegen ihre Kündigung ins Feld führen wollen, schon im Zustimmungsersetzungsverfahren vortragen. Andernfalls dürfen die Richter*innen des Kündigungsschutzprozesses diese Tatsachen nicht berücksichtigen. Etwas anderes gilt nur, wenn Betriebsrät*innen die Tatsachen im Zustimmungsersetzungsverfahren noch nicht vortragen konnten. Das ist etwa der Fall, wenn die Tatsachen erst nach dem Ende des Zustimmungsersetzungsverfahrens ans Licht kommen.