Ist der Filialleiter eines Systemgastronomiebetriebs leitender Angestellter? Copyrighty by Robert Kneschke/fotolia
Ist der Filialleiter eines Systemgastronomiebetriebs leitender Angestellter? Copyrighty by Robert Kneschke/fotolia

Eine Arbeitgeberin im Bereich der Systemgastronomie betreibt viele Filialen. Sie schloss mit der zuständigen Gewerkschaft einen Tarifvertrag. Darin ist vereinbart, dass die Filialmitarbeiter*innen in Teilregionen jeweils einen gemeinsamen Betriebsrat wählen. Vorsitzender des Betriebsrats in einer Teilregion war ein Filialleiter. In dessen Arbeitsvertrag ist geregelt, dass er nicht befugt ist, gegenüber den ihm unterstellten Mitarbeitern Arbeitgeberentscheidungen zu treffen.
 

Stellenbeschreibung bezüglich selbstständiger Einstellungs- und Entlassungsbefugnis

Nach mehrjähriger Beschäftigung erhielt der Filialleiter von der Arbeitgeberin eine neue Stellenbeschreibung. Aus dieser ergab sich, dass die selbständige Einstellungs- und Entlassungsbefugnis gegenüber Mitarbeitern der zu betreuenden Filiale
vorgesehen ist. Zu einem späteren Zeitpunkt überreichte die Arbeitgeberin dem Filialleiter eine entsprechende Personalvollmacht. Der Filialleiter zeichnete die Vollmacht nicht gegen. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Filialleiter tatsächlich selbständig eingestellt und entlassen hat. In der aktuellen Betriebsratswahl wurde der Filialleiter erneut in den Betriebsrat und zu dessen Vorsitzenden gewählt.
 

Stellenbeschreibung einseitig abänderbar?

Die Arbeitgeberin focht die Betriebsratswahl an. Sie begründete die Anfechtung damit, dass der Filialleiter leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG sei und deshalb nicht in den Betriebsrat hätte gewählt werden dürfen.

Wahlanfechtungsantrag zurückgewiesen

Die Richter*innen des Neumünster Arbeitsgerichts folgten der  Argumentation der Arbeitgeberin nicht. Sie wiesen den Wahlanfechtungsantrag zurück und begründeten dies wie folgt:  
 
Zum einen ergebe sich aus dem Arbeitsvertrag des Filialleiters nicht der Status eines leitenden Angestellten. Er könne arbeitsvertraglich gerade nicht selbständig einstellen oder entlassen. Eine einvernehmliche Abänderung des Arbeitsvertrages durch die Übersendung einer (neuen) Stellenbeschreibung sei nicht möglich. Die Arbeitgeberin habe auch keine Berechtigung, den Status des Filialleiters einseitig abzuändern. Hinzu komme, dass sich eine etwaige Personalkompetenz des Filialleiters nur auf die eigene Filiale beziehe. Diese sei im Hinblick auf die hier relevante Teilregion mit einer Vielzahl von Filialen aber nicht hinreichend bedeutsam, um den Status eines leitenden Angestellten zu begründen.
 
Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein eingelegt werden. Er ist noch nicht rechtskräftig.
 
Über den weiteren Verlauf werden wir berichten.
 
Hier finden Sie die Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Neumünster vom 23.07.2018:

Rechtliche Grundlagen

§ 5 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)

Betriebsverfassungsgesetz
§ 5 Arbeitnehmer

(3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb

1.
zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder
2.
Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder
3.
regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von