Erfolgreiche Entfristungsklage einer Lehrerin beim Arbeitsgericht Hagen durch die DGB Rechtsschutz GmbH
Erfolgreiche Entfristungsklage einer Lehrerin beim Arbeitsgericht Hagen durch die DGB Rechtsschutz GmbH

Seit 2002 war die vom Hagener Büro der DGB Rechtsschutz GmbH vertretene angestellte  Lehrerin bereits mit 23 aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen bei dem Land NRW beschäftigt. Befristungsgründe waren jeweils die Vertretung abwesender Kolleginnen. 

Ihr Lehramtsstudium hatte Sie mit der Qualifikation für die Sekundarstufe II abgeschlossen, eingesetzt wurde Sie jedoch an einer Förderschule. Die zuständige Bezirksregierung vertrat unter anderem die Auffassung, dass der Umstand, dass sie  nicht die „richtige“ Qualifikation hatte, die Befristungen rechtfertigen würde.  Zudem hätte immer ein Sachgrund für die Vertretung vorgelegen.

Der die Lehrerin vertretene Rechtsschutzsekretär vertrat hingegen die Auffassung, dass hier ein Fall des Rechtsmissbrauchs vorliegt. Zwar sind nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) auch ohne zeitliche Grenze sog. „Kettenbefristungen“ mit Sachgrund zulässig. Dies könne aber nicht dazu führen, dass bei einem offensichtlich langfristigen Personalbedarf über einen derart  langen Zeitraum Befristungen möglich sind. Denn dann würde das Land NRW die ihm grundsätzlich nach Gesetz zustehende Möglichkeit der wiederholten Befristungen „missbrauchen“, da es eigentlich eine zusätzliche unbefristete Stelle schaffen muss.

Hagener Arbeitsgericht erkannte rechtsmissbräuchliche Kettenbefristung

Das Arbeitsgericht folgte der Auffassung des DGB Rechtsschutzes und erklärte in seinem Urteil die letzte Befristung für unwirksam, mit der Folge, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht. Ausgehend von den entsprechenden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts sah es hier die Grenze zum Rechtsmissbrauch überschritten.  

Um einen Anhaltspunkt für diese Grenze zu ermitteln, verwies das Gericht auf die Regelungen der sachgrundlosen Befristung: diese ist bis zu zwei Jahren mit einer dreimaligen Verlängerung möglich. Diese Grenze war in dem entschiedenen Fall um mehr als ein sechsfaches überschritten, ein Rechtsmissbrauch wurde von dem Gericht daher vermutet. Der Schulträger konnte keine relevanten Umstände vorbringen, um den Rechtsmissbrauch zu widerlegen. 

Unmittelbar nach Zustellung   hat das Land NRW das Urteil bereits umgesetzt und der Lehrerin einen unbefristeten Arbeitsvertrag angeboten.

Tipp der Redaktion:

Eine Entfristungsklage bei langen Befristungsketten lohnt sich! Bei dem hier entschiedenen  Fall lag ein Rechtsmissbrauch nahe.  Doch auch bei nicht so eindeutigen Fällen sollte im Zweifel eine gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden, wenn der Arbeitgeber die weitere Befristung verweigert oder es dem Arbeitnehmer*in angesichts der wiederholten Befristungen irgendwann „zu bunt“ wird.

Allerdings: Ob tatsächlich eine missbräuchliche Kettenbefristung vorliegt, ist immer eine Einzelfallentscheidung. Das Gericht muss immer die konkrete Fallgestaltung bewerten.

Jens Gerhardt, Rechtsschutzsekretär Hagen

 

Die vollständige Entscheidung des BAG aus dem Jahr 2012 finden Sie hier (Bundesarbeitsgericht am 18.7.2012, 7 AZR 443/09):