Ein Namenskürzel ist keine Unterschrift
Ein Namenskürzel ist keine Unterschrift

Dieser Entscheidung liegt ein Streit darüber zugrunde, ob die Parteien ein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbart haben.

Befristung nur, wenn Schriftform eingehalten ist

Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz ist die Vereinbarung eines befristeten Arbeitsverhältnis nur wirksam, wenn beide Parteien die Befristungsabrede eigenhändig und mit vollem Namen unterschreiben. Ein Kürzel, wie etwa die Anfangsbuchstaben von Vor- und Nachname, reicht dafür nicht.

Vortrag der Klägerin

Die Klägerin legte im Prozess ein Schriftstück vor, das eine Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum 28.02.2011 vorsah. Sie hatte die Vereinbarung mit vollem Namen unterschrieben. Für die Beklagte trug das Dokument dagegen lediglich ein Kürzel als Unterschrift.
Ein anderes Schriftstück im Zusammenhang mit der Befristung bis zum 28.02.2011 besitze sie nicht. Das könne möglicherweise daran liegen, dass sie mehrfach umgezogen sei.
Daran, ob sie von der Beklagten ein Vertragsexemplar mit voller Unterschrift erhalten habe, könne sie sich nicht mehr erinnern.

Vortrag der Beklagten

Die Beklagte behauptete, bei ihr sei es üblich, dass sie vollständig unterschriebene Exemplare von Arbeitsverträgen an Arbeitnehmer*innen verschicke. Die lediglich mit Kürzeln unterschriebenen Exemplare kommen ausschließlich in ihre Personalakte.
So sei es auch im Falle der Klägerin gewesen.

Verteilung der Darlegungslast

Beim Prozess vor dem Arbeitsgericht muss derjenige, für den sich eine Tatsache im Ergebnis günstig auswirkt, diese Tatsache darlegen.
Die Beklagte beruft sich auf die Befristung. Deshalb ist es günstig für sie, wenn die Schriftform eingehalten ist. Also muss sie zunächst einmal vortragen, dass der Vertrag mit der Klägerin die volle Unterschrift der Beklagten trägt. Dies hat die Beklagte getan.

Erforderlichkeit einer Beweisaufnahme

Ist die Klägerin einer Meinung mit der Beklagten oder reagiert die Klägerin auf den Vortrag der Beklagten gar nicht, geht das Gericht ohne weitere Prüfung vom Bestehen der Tatsache aus, die die Beklagte behauptet hat.
Zu einer Beweisaufnahme kommt es also nur, wenn die Klägerin die für die Beklagte günstige Tatsache bestreitet.

Ausreichendes Bestreiten

Im Fall, den das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden hatte, hat die Klägerin lediglich vorgetragen, sie könne sich nicht mehr daran erinnern, ob sie ein vollständig unterschriebenes Vertragsexemplar erhalten habe. Deshalb musste das Gericht entscheiden, ob die Klägerin damit den Vortrag der Beklagten ausreichend bestritten hat.

Bestreiten mit Nichtwissen

Die Zivilprozessordnung sieht vor, dass eine Partei die Behauptung der anderen auch mit Nichtwissen bestreiten kann. Das ist möglich, wenn es um Tatsachen geht,
die weder eigene Handlungen der bestreitenden Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
Der Hauptanwendungsfall dieser Regelung ist das Bestreiten einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrates im Rahmen eines Prozesses wegen einer Kündigung. Für gekündigte Arbeitnehmer*innen ist die Anhörung des Betriebsrates keine eigene Handlung. Und sie können aus eigener Anschauung auch nicht wahrnehmen, ob und ggfls. wie der Arbeitgeber den Betriebsrat angehört hat.
Diese Vorschrift hilft der Klägerin aber nicht weiter. Ob sie ein vollständig unterschriebenes Vertragsexemplar erhalten hat, ist durchaus Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung.

Bestreiten mit Nicht-mehr-wissen

Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts muss es einer Prozesspartei möglich sein, Tatsachen, die sie zum Zeitpunkt ihres Prozessvortrags nicht mehr weiß, mit Nicht-mehr-wissen zu bestreiten. Dies ergebe sich aus dem Anspruch jeder Partei auf rechtliches Gehör, das seinerseits ein Ausfluss aus dem Rechtsstaatsprinzip ist.
Ein Bestreiten mit Nicht-mehr-wissen ist allerdings nur möglich, wenn die Partei die vergessene Tatsache auch durch zumutbare Nachforschungen nicht feststellen kann.

Ergebnis

Damit hat die Klägerin die Behauptung der Beklagten wirksam bestritten, es habe ein vollständig unterschriebenes Vertragsexemplar vorgelegen.
Deshalb war eine Beweisaufnahme erforderlich.
Das Landesarbeitsgericht hatte eine solche Beweisaufnahme lediglich unvollständig durchgeführt. Das Bundesarbeitsgericht verwies den Rechtsstreit deshalb zurück, damit das Landesarbeitsgericht eine neue, dann vollständige Beweisaufnahme durchführt.
Hier geht es zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20.08.2014, 7 AZR 924/14 im Volltext

Rechtliche Grundlagen

§§ 138 ZPO, 14 TzBfG, 125, 126, 126 a BGB

§ 138 Zivilprozessordnung
Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG)
§ 14 Zulässigkeit der Befristung
(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

1. der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2. die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3. der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4. die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5. die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6. in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7. der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder

8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

§ 125 BGB
Nichtigkeit wegen Formmangels
Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge

§ 126 BGB
Schriftform
(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.
(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.
(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.

§ 126a BGB
Elektronische Form
(1) Soll die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden, so muss der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen.
(2) Bei einem Vertrag müssen die Parteien jeweils ein gleichlautendes Dokument in der in Absatz 1 bezeichneten Weise elektronisch signieren.