Trotz unklarer Rechtslage sollten sich Beschäftigte gegen Zwangsfreizeit wehren, empfiehlt Mirko Schneidewind aus dem Büro Leipzig.
Trotz unklarer Rechtslage sollten sich Beschäftigte gegen Zwangsfreizeit wehren, empfiehlt Mirko Schneidewind aus dem Büro Leipzig.

Die Arbeitszeitkonten, die in Leiharbeitsverträgen vereinbart werden, sind in der Regel so ausgestaltet, dass die Arbeitgeber versuchen, ihr Annahmeverzugsrisiko so weit wie möglich auszuschließen:  

Ausschluss des Annahmeverzugsrisikos

  • -> Sobald für einzelne Tage oder auch längere Zeiträume keine Einsatzmöglichkeit für die Leiharbeitnehmer*innen besteht, werden sie nach Hause geschickt ( = klassischer Annahmeverzug), 
  • -> die (ausgefallene) Arbeitszeit wird auch vergütet,  
  • -> dafür werden aber die entsprechenden Stunden vom Arbeitszeitkonto der Mitarbeiter*in abgebucht bzw. als Minusstunden abgezogen.

In dieser Konstellation besteht für den Arbeitgeber praktisch kein Annahmeverzugsrisiko, denn jede einzelne Stunde, jeder Tag, an dem eine Leiharbeitnehmer*in nicht eingesetzt werden kann, muss von diesem/r entweder vor- oder nachgearbeitet werden. Das Annahmeverzugsrisiko des Arbeitgebers, das nach der entsprechenden Regelung im AÜG der Verleiher nicht vertraglich einschränken darf, wird so vollständig auf die Leiharbeitnehmer*innen verlagert.

Missbrauch von Arbeitszeitkonten

Arbeitszeitkonten dienen – idealerweise im beiderseitigen Interesse – der Flexibilisierung der Arbeitszeit. Das heißt, der Arbeitgeber kann im Bedarfsfall Überstunden anordnen, die auf dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben werden, die Arbeitnehmer*innen können demgegenüber verlangen, die Guthabenstunden in Form von Freizeitausgleich wieder zu entnehmen.

Im Rahmen von Leiharbeitsverhältnissen werden arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeitkonten jedoch in der Regel ausschließlich zu Lasten der Arbeitnehmer*innen durch den Verleiher ausgenutzt: In Zeiten des Einsatzes bei einem Entleiher wird mehr Arbeitszeit angeordnet als vertraglich vereinbart ist, so dass sich ein Arbeitszeitguthaben aufbaut. In Zeiten, in denen der Verleiher dann keine Einsatzmöglichkeit hat, werden die Arbeitnehmer*innen einseitig in den „Zwangsurlaub“ geschickt und das Zeitguthaben wird abgeschmolzen.   

Da dies der gesetzlichen Konzeption der Arbeitnehmerüberlassung widerspricht, hatte das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz bereits im Jahr 2008 entschieden, dass eine arbeitsvertragliche Regelung unwirksam ist, nach der ein Arbeitgeber in „einsatzfreien Zeiten“ berechtigt ist, ein Guthaben auf dem Arbeitszeitkonto des Arbeitnehmers abzuschmelzen,.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts erwartet

Diese Auffassung ist jedoch umstritten, so haben andere Landesarbeitsgerichte entschieden, dass die Vereinbarung von Arbeitszeitkonten im Leiharbeitsverhältnis ohne weiteres zulässig sei. Da es sich hierbei um ein grundsätzliches Rechtsproblem handelt, liegt die Frage auch zwischenzeitlich beim Bundesarbeitsgericht, das im April 2014 über das Verfahren verhandeln will. 

Tarifverträge zur Zeitarbeit wie z.B. der Tarifvertrag DGB-BZA sehen bereits jetzt vor, dass der Ausgleich des Arbeitszeitkontos durch Freizeitentnahme bzw. durch die Reduzierung eines Guthabens nur im Einverständnis mit den Arbeitnehmer*innen erfolgen kann. Dies stellt keinen Verstoß gegen das AÜG dar, da der/die Arbeitnehmer*in dabei selbst über den Freizeitausgleich aus dem Arbeitszeitkonto mitentscheidet und der Arbeitgeber nicht einseitig für Zeiten des Annahmeverzuges Zwangsfreizeit anordnen kann. 

Der Willkür entgegen treten!

Dennoch setzen sich Arbeitgeber zum Teil auch bei der Anwendung entsprechender Tarifverträge über die tarifvertragliche Regelung hinweg und entscheiden nach eigenem Gutdünken, für Zeiten des Nichteinsatzes bei einem Entleiher „Freizeit“ anzuordnen und dafür ein Arbeitszeitguthaben abzubauen. 

Dagegen sollten sich betroffene Leiharbeitnehmer*innen wehren und unter Verweis auf die jeweilige tarifvertragliche Regelung bzw. auf § 11 Abs. 4 AÜG die Rückbuchung der Zeiten des Annahmeverzuges auf das Arbeitszeitkonto verlangen. 

Mirko Schneidewind - Leipzig