Problematische Rückkehr in Vollzeit nach Teilzeittätigkeit wegen Kindererziehung. Copyright by liderina/fotolia
Problematische Rückkehr in Vollzeit nach Teilzeittätigkeit wegen Kindererziehung. Copyright by liderina/fotolia

Ein Lehrer verlangte Schadensersatz vom beklagten Land. Er hatte den Wunsch geäußert, seine Arbeitszeit zu verlängern. Statt diesem Wunsch nachzukommen, stellte das Land auf (vorübergehend) freien Stellen Dritte ein.

Rechtlicher Rahmen

Grundsätzlich gilt (auch) für das Arbeitsrecht das Prinzip der Vertragsfreiheit. Das bedeutet, dass Menschen Verträge schließen dürfen. Es bedeutet aber auch, dass niemand einen Vertrag schließen muss.

Von diesem Prinzip macht das Teilzeit- und Befristungsgesetz eine Ausnahme. Zeigen Teilzeit-Arbeitnehmer*innen den Wunsch nach Verlängerung ihrer Arbeitszeit an, muss der Arbeitgeber sie bei der Besetzung einer freien Stellen bevorzugt berücksichtigen. Das gilt allerdings nur bei gleicher Eignung und wenn keine dringenden betrieblichen Gründe dagegen sprechen.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, haben Arbeitnehmer*innen einklagbaren Rechtsanspruch des in Teilzeit beschäftigten Arbeitnehmers auf Verlängerung der Arbeitszeit.

Vereitelt der Arbeitgeber diesen Rechtsanspruch, indem er Dritte einstellt und so die gewünschte Verlängerung der Arbeitszeit unmöglich macht, können Arbeitnehmer*innen Schadensersatz verlangen.

Wunsch nach Verlängerung

Allein der Wunsch von Arbeitnehmer*innen nach Verlängerung der Arbeitszeit reicht aber nach Auffassung das Bundesarbeitsgericht nicht aus, den Arbeitgeber zu zwingen, ein Angebot zum Abschluss eines Änderungsvertrags zu unterbreiten. Denn der Wunsch der Arbeitnehmer*innen führe lediglich dazu, dass der Arbeitgeber sie über entsprechende Arbeitsplätze informieren muss.
 

Angebot der Arbeitnehmer*innen

Erst aufgrund dieser Informationen können Arbeitnehmer*innen entscheiden, ob sie ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit zu dem vom Arbeitgeber vorgesehenen Termin und im entsprechenden Umfang erhöhen wollen. Haben sie sich entschieden, müssen sie beim Arbeitgeber beantragen, den Arbeitsvertrag zu ändern. Dabei ist die Art der Änderung so genau anzugeben, dass der Arbeitgeber nur noch „ja“ zu sagen braucht. Arbeitnehmer*innen müssen also angeben, ab wann sie auf welcher Stelle und in welchem Umfang arbeiten wollen. Erst wenn ein solches Angebot vorliegt, muss der Arbeitgeber es annehmen. Erforderlich bleibt allerdings, dass die übrigen Voraussetzungen wie gleiche Eignung und fehlende dringende betriebliche Gründe erfüllt sind.

Hier finden Sie das vollständige Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Februar 2018 - 9 AZR 167/17:

Das sagen wir dazu:

Kommt der Arbeitgeber seinen Informationspflichten nicht nach, können Arbeitnehmer*innen Klage beim Arbeitsgericht erheben. Erfahren sie auf anderen Wegen, dass es eine freie Stelle gibt, ist es jedoch ratsamer, das oben beschriebene Angebot zum Abschluss eines Änderungsvertrages sofort abzugeben und nicht erste auf eine arbeitsgerichtliche Entscheidung zu warten.

Die Frage eines Rückkehranspruchs von Teil- in Vollzeit ist aktuell Gegenstand der politischen Diskussion. Deshalb ist es möglich, dass sich die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Arbeitszeit ändern. Aber bis dahin sind Arbeitnehmer*innen nur auf der sicheren Seite, wenn sie die Vorgaben des Bundesarbeitsgerichts beherzigen.

Rechtliche Grundlagen

§§ 7 und 9 Teilzeit- und Befristungsgesetz

Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG)
§ 7 Ausschreibung; Information über freie Arbeitsplätze
(1) Der Arbeitgeber hat einen Arbeitsplatz, den er öffentlich oder innerhalb des Betriebes ausschreibt, auch als Teilzeitarbeitsplatz auszuschreiben, wenn sich der Arbeitsplatz hierfür eignet.

(2) Der Arbeitgeber hat einen Arbeitnehmer, der ihm den Wunsch nach einer Veränderung von Dauer und Lage seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit angezeigt hat, über entsprechende Arbeitsplätze zu informieren, die im Betrieb oder Unternehmen besetzt werden sollen.

(3) Der Arbeitgeber hat die Arbeitnehmervertretung über Teilzeitarbeit im Betrieb und Unternehmen zu informieren, insbesondere über vorhandene oder geplante Teilzeitarbeitsplätze und über die Umwandlung von Teilzeitarbeitsplätzen in Vollzeitarbeitsplätze oder umgekehrt. Der Arbeitnehmervertretung sind auf Verlangen die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen; § 92 des Betriebsverfassungsgesetzes bleibt unberührt.

Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG)
§ 9 Verlängerung der Arbeitszeit
Der Arbeitgeber hat einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer, der ihm den Wunsch nach einer Verlängerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit angezeigt hat, bei der Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes bei gleicher Eignung bevorzugt zu berücksichtigen, es sei denn, dass dringende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer entgegenstehe