Beschäftigt der Arbeitgeber Arbeitnehmer*innen nicht und zahlt auch keinen Lohn, führt der Weg zur Arbeitsagentur. Copyright by Adobe Stock/Tobias Arhelger
Beschäftigt der Arbeitgeber Arbeitnehmer*innen nicht und zahlt auch keinen Lohn, führt der Weg zur Arbeitsagentur. Copyright by Adobe Stock/Tobias Arhelger

Wer arbeitslos ist, erhält Arbeitslosengeld. Dafür gibt es allerdings einige Voraussetzungen. Er muss im Regelfall in den letzten 30 Monaten, bevor er arbeitslos wird, mindestens zwölf Monate in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden haben, in dem er versicherungspflichtig war. Und er muss arbeitslos sein und sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben. Danach muss er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen.
 
Gerade in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie kann es Fälle geben, die auf dem ersten Blick nicht eindeutig sind. Der Staat hat zwar den Zugang Kurzarbeitergeld befristet bis zum 31. Dezember 2020 erheblich ausgeweitet. Kurzarbeitergeld setzt aber voraus, dass das Unternehmen überhaupt Kurzarbeit angeordnet hat. Außerdem erhält Kurarbeitergeld nur, dessen Arbeitsverhältnis nicht gekündigt ist. Allerdings erhalten auch befristet Beschäftigte die Leistung.
 

Der Arbeitgeber darf Beschäftigte nicht einfach nach Hause schicken und keinen Lohn mehr zahlen.

Jeder, der in einem Arbeitsverhältnis steht und seine Arbeitskraft entsprechend des Arbeitsvertrages anbietet, hat vom Grundsatz her Anspruch auf das vereinbarte Arbeitsentgelt. Kurzarbeit ist ein Weg für den Arbeitgeber sich kurzfristig von dieser Pflicht zu befreien. Was gilt aber bei Arbeitgebern, die keine Kurarbeit angeordnet haben, aber gleichwohl nicht zahlen können? Man kann sie selbstverständlich vor dem Arbeitsgericht verklagen. Solch ein Verfahren dauert aber eine Weile
Und gerade während der derzeitigen Pandemie steht in den Sternen, ob wirklich dabei etwas herumkommt.
 
Zunächst ist einmal zu klären, was nach dem Gesetz mit „arbeitslos“ eigentlich gemeint ist. Nach dem Gesetz ist ein*e Arbeitnehmer*in arbeitslos, die/der nicht in einem „Beschäftigungsverhältnis“ steht. Das ist dann der Fall, wenn der Arbeitgeber seine Verfügungsgewalt über den Arbeitnehmer nicht weiter beansprucht und sein Direktionsrecht aufgibt. Schickt ein Arbeitgeber also eine Beschäftigte nach Hause, weil er sie nicht mehr einsetzen will, endet das Beschäftigungsverhältnis.
 

Arbeitslos kann auch derjenige sein, dessen Arbeitsverhältnis fortbesteht

Das Gesetz geht also davon aus, dass arbeitslos auch sein kann, dessen Arbeitsverhältnis fortbesteht. Selbstverständlich endet mit der Aufgabe des Beschäftigungsverhältnisses nicht die Pflicht des Arbeitgebers, Arbeitsentgelt zu zahlen. Das Arbeitsverhältnis besteht nämlich weiter, solange es nicht durch Kündigung oder aus anderen Gründen beendet ist.
 
Dem Anspruch auf Arbeitslosengeld steht aber eine Vorschrift im Sozialgesetzbuch III (§ 157 Absatz 1 SGB III) entgegen. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht nämlich während der Zeit, für die die oder der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhält oder zu beanspruchen hat. Das Gesetz regelt aber insoweit eine Ausnahme. Trotz eines bestehenden Anspruchs auf Arbeitsentgelt kann gleichwohl Arbeitslosengeld gewährt werden, wenn der Arbeitslose das Arbeitsentgelt, dass der Arbeitgeber ihm eigentlich zahlen müsste, tatsächlich nicht bekommt. Das heißt im Fachjargon Gleichwohlgewährung.
 
Schickt mein Arbeitgeber mich aus welchem Grund auch immer einfach nach Hause und zahlt keinen Lohn mehr und erhalte ich auch kein Kurzarbeitergeld, muss mir die Agentur für Arbeit Arbeitslosengeld gewähren, wenn die übrigen Bedingungen vorliegen.
 

Den Arbeitgeber aber unbedingt zusätzlich verklagen!

Betroffene Arbeitslose sollten trotzdem ihren Arbeitgeber auf Zahlung des Arbeitsentgeltes  -am besten mit Hilfe des gewerkschaftlichen Rechtsschutzes- verklagen. In vielen Fällen gelten hier nämlich Fristen, innerhalb der ein Anspruch geltend gemacht werden muss (Ausschlussfristen). In vielen Arbeitsverträgen und Tarifverträgen sind auch Fristen für die gerichtliche Geltendmachung geregelt.
 
Zusätzlich sollten sich Betroffene arbeitslos melden bei der Agentur für Arbeit und Arbeitslosengeld beantragen. Führt die Klage zum Erfolg, geht der Anspruch in Höhe des erhaltenen Arbeitslosengeldes auf die Bundesagentur für Arbeit über. Der betroffene Arbeitslose erhält dann nur den Differenzbetrag zum Arbeitslosengeld und die Bundesagentur für Arbeit bekommt vom Arbeitgeber den Restbetrag.
 
Das gilt im Übrigen entsprechend auch für Urlaubsabgeltung, die der Arbeitgeber zahlen müsste, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wird. Kann ein Arbeitnehmer nämlich etwa für zehn Urlaubstage Abgeltung von seinem Arbeitgeber verlangen, ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld für zehn Tage. Zahlt der Arbeitgeber die Abgeltung nicht aus, kann der Arbeitslose für diese zehn Tage Arbeitslosengeld im Wege der Gleichwohlgewährung beanspruchen.
 

Gleichwohlgewährung auch bei Freistellung durch den Insolvenzverwalter

Einen Haken gibt es allerdings bei der Sache: grundsätzlich wird die Gleichwohlgewährung auch auf die Dauer angerechnet, für die Arbeitslosengeld gewährt wird. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist das allerdings nicht zu rechtfertigen, wenn die Bundesagentur später das Geld vom Arbeitgeber tatsächlich zurück erhält.
 
Eine bedeutende Rolle spielt die Gleichwohlgewährung im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers. Oftmals stellen Insolvenzverwalter Beschäftigte nach Eröffnung der Insolvenz von der Arbeit frei und zahlen kein Arbeitsentgelt mehr. Da es sich beim laufenden Arbeitsentgelt nach Eröffnung der Insolvenz um eine Masseschuld handelt, kann der Insolvenzverwalter auf Zahlung des Arbeitsentgeltes verklagt werden. Zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes können Betroffene zugleich aber Arbeitslosengeld beantragen, das die Agentur für Arbeit im Wege der Gleichwohlgewährung zahlen wird.


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Rechtliche Grundlagen

§ 157 SGB III

(1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht während der Zeit, für die die oder der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhält oder zu beanspruchen hat.
(2) Hat die oder der Arbeitslose wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsabgeltung erhalten oder zu beanspruchen, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit des abgegoltenen Urlaubs. Der Ruhenszeitraum beginnt mit dem Ende des die Urlaubsabgeltung begründenden Arbeitsverhältnisses.
(3) Soweit die oder der Arbeitslose die in den Absätzen 1 und 2 genannten Leistungen (Arbeitsentgelt im Sinne des § 115 des Zehnten Buches) tatsächlich nicht erhält, wird das Arbeitslosengeld auch für die Zeit geleistet, in der der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht. Hat der Arbeitgeber die in den Absätzen 1 und 2 genannten Leistungen trotz des Rechtsübergangs mit befreiender Wirkung an die Arbeitslose, den Arbeitslosen oder an eine dritte Person gezahlt, hat die Bezieherin oder der Bezieher des Arbeitslosengeldes dieses insoweit zu erstatten.