Toilettengeld ist Trinkgeld

Das Arbeitsgericht Gelsenkirchen hatte bereits Anfang des Jahres 2014 entschieden, dass das Toilettengeld, das sich auf dem Geldteller am Eingang zur Toilettenanlage befindet, in der Regel Trinkgeld und kein freiwilliges Nutzungsentgelt ist. Es gehört deshalb dem Toilettenpersonal. Das beklagte Reinigungsunternehmens hatte auf der von ihm unterhaltenen Toilettenanlage im Centro Oberhausen keine Hinweisschilder aufgestellt, dass das Toilettengeld der Unterhaltung der Toilettenanlage dient. Die Besucher mussten daher davon ausgehen, dass das Geld den Toilettenaufsichten zugutekommt. 

Auskunft über die Toilettengeldeinnahmen

Das Arbeitsgericht Gelsenkirchen hatte das Reinigungsunternehmen deshalb in seiner Entscheidung Anfang des Jahres 2014 verpflichtet offen zu legen, wie viel Toilettengeld es in den beklagten Monaten Mai und Juni 2013 eingenommen hatte. Da die klagendende Toilettenfrau nicht die einzige angestellte Toilettenaufsicht des Unternehmens war, stand ihr nicht das gesamte Toilettengeld auf dem Teller sondern nur ein Anteil zu. Um diesen zu errechnen, musste aber erst bekannt sein, wie hoch die Einnahmen in den beiden streitigen Monaten waren. Nach Auskunftserteilung des Unternehmens war in nur 2 Monaten die beachtliche Summe von fast 30.000 € zusammengekommen. Diese musste unter den ca. 20 Angestellten aufgeteilt werden. 

Kompromiss: Zahlung von 1000 € 

In der mündlichen Verhandlung am 25.9.14 ging es nun darum, welchen konkreten Betrag das Unternehmen an die klagende Toilettenfrau zahlen muss. Das Arbeitsgericht Gelsenkirchen machte erneut deutlich, dass der Einbehalt der Toilettengelder sittenwidrig war. Damit war klar, dass die klagende Toilettenaufsicht einen Anteil am Toilettengeld bekommen musste. Mit ihrer Klage hatte sie einen Anteil von 1/20 der Summe verlangt. In der mündlichen Verhandlung schlossen die Parteien einen Vergleich und einigten sich auf einen Zahlungsbetrag von 1000 €. 

Geschäftsmodell am Ende

Das bisherige Geschäftsmodell, das auf der Unkenntnis der Toilettenbesucher über die Verwendung der Gelder beruht, ist damit am Ende. Nur wenn die Besucher aufgeklärt werden, dass die Münzen auf dem Teller der Reinigung und Unterhaltung der Anlage dienen, muss das Unternehmen das eingenommene Geld nicht an seine Beschäftigten weiterreichen. Es ist allerdings zu vermuten, dass die so aufgeklärten Besucher längst nicht mehr so großzügig die Teller füllen. Es ist also unwahrscheinlich, dass auch in Zukunft in nur 2 Monaten freiwillige Nutzungsentgelte von fast 30.000 € erzielt werden können. Der Prozess in Gelsenkirchen sollte außerdem den in der Regel schlecht bezahlten Toilettenaufsichten (im konkreten Fall waren es 5,20 € pro Std.) Ermutigung sein, sich zu wehren und die Zahlung des für sie bestimmten Toilettengeldes von ihrem Arbeitgeber zu verlangen.

Dorothee.Mueller-Wenner - Onlineredakteurin - Gelsenkirchen

 

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