Eine Videoüberwachungsanlage ist eine technische Einrichtung, die dazu bestimmt ist, das Verhalten und die Leistung der Arbeitnehmer*innen zu überwachen.

Arbeitgeber und Betriebsrat sind grundsätzlich befugt, eine Videoüberwachung im Betrieb einzuführen.

Die Zulässigkeit des damit verbundenen Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer*innen richtet sich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.


Der Betriebsrat hat bei der Videoüberwachung der Betriebsräume der Arbeitgeberin nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) mitzubestimmen.

Die Betriebsparteien -  auch die Einigungsstelle  - sind grundsätzlich befugt, Regelungen über die Einführung und Ausgestaltung einer Videoüberwachung zu treffen. 

Die Betriebsparteien haben dabei das grundrechtlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer*innen zu beachten. Für die erforderliche Verhältnismäßigkeitsprüfung sind die Gesamtumstände maßgeblich. Mitentscheidend ist insbesondere die Intensität des Eingriffs.

  • Eingeschränktes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats

Allerdings besteht das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht immer. Denn nach § 87 Abs. 1 BetrVG hat der Betriebsrat nur mitzubestimmen, soweit keine gesetzliche oder tarifliche Regelung besteht. 

Das Mitbestimmungsrecht wurde vom Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Fall verneint, in dem für die Arbeitgeberin eine Unfallverhütungsvorschrift für Spielhallen und Spielcasinos galt. Diese Vorschrift legte die Einrichtung und den Betrieb einer Videoüberwachung für die Betriebsräume verbindlich fest.

  • Kein Mitbestimmungsrecht bei Kamera-Attrappe

Ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ist nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Mecklenburg-Vorpommern bei einer Kamera-Attrappe nicht gegeben. Denn eine Kamera-Attrappe sei objektiv nicht geeignet, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Des Weiteren ist dem Beschluss des LAG zu entnehmen, dass Sinn und Zweck des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers vor Eingriffen durch anonyme technische Kontrolleinrichtungen sei. Die Verletzung von Persönlichkeitsrechten sei von einer Kamera-Attrappe nicht zu erwarten.

  • Zulässigkeit einer heimlichen Videoüberwachung

Das BAG hat Grundsätze für die Zulässigkeit heimlicher Videoüberwachung aufgestellt.

Danach ist die heimliche Videoüberwachung von Arbeitnehmer*innen zulässig, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers besteht, weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ergebnislos ausgeschöpft sind (die verdeckte Videoüberwachung also praktisch das einzig verbleibende Mittel ist) und sie insgesamt nicht unverhältnismäßig ist.

Der Verdacht muss dabei in Bezug auf eine konkrete strafbare Handlung oder andere schwere Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers gegen einen zumindest räumlich und funktional abgrenzbaren Kreis von Arbeitnehmer*innen bestehen. Er darf sich nicht auf die allgemeine Mutmaßung beschränken, es könnten Straftaten begangen werden. Der Verdacht  muss sich jedoch nicht notwendig nur gegen einen einzelnen, bestimmten Beschäftigten richten. 

  • Prozessuales Beweisverwertungsverbot 

Bei einer heimlichen Videoüberwachung stellt sich die Frage, inwiefern die Aufnahmen in einem gerichtlichen Verfahren, insbesondere im Kündigungsschutzverfahren, verwertet werden dürfen.

Das aus einer verdeckten Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Arbeitsplätze gewonnene Beweismaterial unterliegt nicht allein deshalb einem prozessualen Beweisverwertungsverbot, weil es unter Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz gewonnen wurde, so das BAG. § 6b Abs. 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sieht vor, bei Videoaufzeichnungen öffentlich zugänglicher Räume den Umstand der Beobachtung durch geeignete Maßnahmen kenntlich zu machen. Falls die verdeckte Videoüberwachung jedoch das einzige Mittel zur Überführung von Arbeitnehmer*innen ist, die der Begehung von Straftaten konkret verdächtig sind, könne eine heimliche Videoaufzeichnung auch in öffentlich zugänglichen Räumen zulässig sein.

Im Hinblick auf eine Unionsrechtskonformität sah das BAG hier keinen Klärungsbedarf.

  • Entschädigungsanspruch bei heimlicher Videoüberwachung

Bei rechtswidriger Überwachung können Arbeitnehmer*innen einen Anspruch auf eine Entschädigung haben.

Das BAG hat entschieden, dass ein Arbeitgeber, der wegen des Verdachts einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit einem Detektiv die Überwachung eines Arbeitnehmers überträgt, rechtswidrig handelt, wenn sein Verdacht nicht auf konkreten Tatsachen beruht.


Der Arbeitgeber hatte in diesem Fall seine Sekretärin während bestehender Arbeitsunfähigkeit von einem Detektiv überwachen lassen, auch im privaten Bereich vor ihrem Haus. Der Detektiv hatte Videoaufzeichnungen gemacht und dem Arbeitgeber daraus Bilder übergeben. Das BAG bestätigte das Urteil der Vorinstanz, so dass der heimlich observierten Sekretärin eine Entschädigung in Höhe von € 1.000,- zugesprochen wurde.

Bundesarbeitsgericht: Urteil vom 19. Februar 2015, 8 AZR 1007/13
(Urteil liegt noch nicht vor)

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm: Urteil vom 11. Juli 2013, 11 Sa 312/13 

 


Zu einer Verurteilung des Arbeitgebers zu einer Entschädigung wegen heimlicher Videoüberwachung am Arbeitsplatz kam es auch in einem von uns vertretenen Fall.

Das Arbeitsgericht Iserlohn verurteilte einen Bäckereifilialbetrieb im Sauerland zu einer Entschädigung von 4.000,- € an seine gekündigte Angestellte. Der Arbeitgeber hatte seine Verkäuferin seit 18 Jahren an ihrem Arbeitsplatz in der Bäckereifiliale heimlich überwacht und Videoaufnahmen angefertigt. Als die Arbeitnehmerin die fristlose Kündigung erhielt, drehte die sie vertretende Rechtsschutzsekretärin der DGB Rechtsschutz GmbH den Spieß um und verlangte eine Entschädigung wegen der heimlichen Videoüberwachung.