Kein Anspruch auf Mund-Nase-Bedeckung für Hartz IV Empfänger?
Kein Anspruch auf Mund-Nase-Bedeckung für Hartz IV Empfänger?

Vor dem Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen führte der Antragsteller ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen das Jobcenter. Erstinstanzlich verfolgte er zunächst ein anderes Begehren. Erstmalig im Beschwerdeverfahren vor dem Landessozialgericht (LSG) beantragte er die Auszahlung von 349 Euro für die Anschaffung von Mund-Nase-Schutzmasken bzw. die Gestellung solcher durch das Jobcenter.

 

LSG: Kein Anspruch auf höheren Mehrbedarf

 Offen ließ das LSG die Frage, ob für die Antragserweiterung überhaupt ein Rechtsschutzbedürfnis für die Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes bestand oder ob der Antragsteller nicht verpflichtet gewesen wäre, zunächst einen Antrag bei dem Jobcenter zu stellen. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, so das LSG, sei auf jeden Fall unbegründet, denn ein Anspruch sei nicht erkennbar.
Die Richter*innen der zweiten Instanz führten in ihrer Entscheidung aus, dass bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf nur anerkannt werde, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf bestehe. Der Mehrbedarf sei unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt sei und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweiche.
 

LSG: Finanzierung der Gesichtsbedeckungen sind durch Regelbedarf abgedeckt

Das LSG führt in seiner Entscheidung 30.4.2020 unter Hinweis auf die Coronaschutzverordnung für das Land Nordrhein-Westfalen in der ab dem 27.04.2020 gültigen Fassung aus, dass lediglich das Tragen einer textilen Mund-Nase-Bedeckung (zum Beispiel Alltagsmaske, Schal, Tuch) in bestimmten Lebenslagen erforderlich sei. Die Finanzierung derartiger Gesichtsbedeckungen, die als Bestandteil der Bekleidung angesehen werden könnten, sei aus dem Regelbedarf möglich. Ein unabweisbarer Bedarf liege somit nicht vor.
 
Hier geht es zur Pressemitteilung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6.5.2020

Rechtliche Grundlagen

§ 21 Abs. 6 SGB II und § 12 a Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 für das Land Nordrhein-Westfalen in der ab dem 27.04.2020 gültigen Fassung

§ 21 Abs. 6 Sozialgesetzbuch II

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

Auszug aus Corona-Schutzverordnung NRW in der ab 27.4. 2020 gültigen Fassung § 12a Abs. 1und 2
Persönliche Verhaltenspflichten, Abstandsgebot, Mund-Nase-Bedeckung
(1) Jede in die Grundregeln des Infektionsschutzes einsichtsfähige Person ist verpflichtet, sich im öffentlichen Raum so zu verhalten, dass sie sich und andere keinen vermeidbaren Infektionsgefahren aussetzt. Insbesondere ist im öffentlichen Raum zu allen anderen Personen grundsätzlich ein Mindestabstand von 1,5 m einzuhalten, es sei denn, es handelt sich um
1. Verwandte in gerader Linie, Geschwister, Ehegatten, Lebenspartnerinnen und Lebenspartner,
2. in häuslicher Gemeinschaft lebende Personen,
3. die Begleitung minderjähriger und unterstützungsbedürftiger Personen.
(2) Beschäftigte und Kunden sind zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung im Sinne von Absatz 1 Satz 3 verpflichtet
1. in Verkaufsstellen und Handelsgeschäften im Sinne von § 5, auf Wochenmärkten, bei der Abholung von Speisen und Getränken innerhalb von gastronomischen Einrichtungen nach § 9 sowie auf sämtlichen Allgemeinflächen von Einkaufszentren, „Shopping Malls“, „Fac- tory Outlets“ und vergleichbaren Einrichtungen im Sinne von § 10,
2. in sämtlichen Verkaufs- und Ausstellungsräumen von Handwerkern und Dienstleistern so- wie bei der Erbringung und Inanspruchnahme von Handwerks- und Dienstleistungen, die ohne Einhaltung eines Sicherheitsabstands von 1,5 m zum Kunden erbracht werden (§ 7 Absatz 3 Satz 2) außer beim Führen eines Fahrzeugs im Straßenverkehr,
3. in Arztpraxen und ähnlichen Einrichtungen des Gesundheitswesens,
4. bei der Nutzung von Beförderungsleistungen des Personenverkehrs sowie seiner Einrichtungen.
Dies gilt nicht für Kinder bis zum Schuleintritt und Personen, die aus medizinischen Gründen keine Mund-Nase-Bedeckung tragen können. Die Verpflichtung nach Satz 1 kann für Beschäftigte durch gleich wirksame Schutzmaßnahmen (Abtrennung durch Glas, Plexiglas o.ä.) ersetzt werden.