Der im Landkreis Offenbach als Facharzt für Anästhesiologie tätige Kläger war für verschiedene Kliniken in deren Anästhesieabteilung tätig. Zwischen den Kliniken und dem Kläger war die Vergütung auf Stundenbasis vereinbart.

Anästhesist wehrt sich gegen Arbeitnehmerstatus

Eine der Kliniken, für die der Kläger stundenweise tätig war, stellte einen Statusfeststellungsantrag. Hieraufhin stellte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) fest, dass der Anästhesist eine abhängige Beschäftigung ausübe und daher Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe.

Gegen diese Feststellung klagte der Anästhesist. Er begründete seine Klage damit, dass er nicht abhängig beschäftigt sei, da er nicht an Besprechungen des Operationsteams habe teilnehmen müssen und sich den Operationssaal frei habe auswählen können.

Im Übrigen berief er sich darauf, dass eine honorarärztliche Tätigkeit gesetzlich vorgesehen sei. Auch würde die Ablehnung einer selbstständigen Tätigkeit eine massive Beschränkung der freien Berufsausübung der Ärzte bedeuten.

Sozialgericht und Landessozialgericht bejahen abhängige Beschäftigung

Das Sozialgericht wies die Klage ab. Auch die Berufung des Klägers beim Landessozialgericht (LSG) bleib erfolglos. Ebenso wie das erstinstanzliche Gericht gab das LSG der Rentenversicherung Recht.

Die Richter*innen des 1. Senats kamen zu dem Ergebnis, dass der Kläger für die Klinik als abhängig Beschäftigter tätig gewesen sei. Dies ergebe sich daraus, dass er in der Arbeitsorganisation der Klinik eingegliedert gewesen sei und Arbeitsgeräte der Klinik genutzt habe, ohne die er seine Tätigkeit nicht hätte ausüben können.

Mit der Klinik habe er abgesprochen, auf welchen Stationen und in welchen Schichten er im Rahmen des im Krankenhaus organisierten Ablaufs tätig sein soll und sei Teil eines Teams aus Pflegekräften und Ärzten gewesen. Als Anästhesist habe er einen festen Stundenlohn erhalten und kein Unternehmerrisiko getragen.
Auf die Ausnahmeregelung für Notärzte im Rettungsdienst, deren Einnahmen nicht beitragspflichtig seien, könne er sich nicht berufen.

Hier finden Sie die Pressemitteilung des Hessischen Landessozialgerichts vom 22.08.2017 zum Urteil vom 10.08.2017,  Az: L 1 KR 394/15-

Hier finden Sie einen weiteren Beitrag zum Thema „Selbständigkeit“:
Auf Intensivstationen tätige Pflegekräfte sind nicht selbstständig tätig

Das sagen wir dazu:

Selbständige oder sozialversicherungspflichtige Tätigkeit? 

Von einer Selbständigkeit ist auszugehen, wenn die typischen Merkmale unternehmerischen Handelns vorliegen. Typische Merkmale unternehmerischen Handelns sind die Erbringung von Leistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung.

Weitere Kriterien für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit sind zum Beispiel folgende:

  • Der Selbständige hat nicht nur einen, sondern mehrere Auftraggeber.
  • Der Selbständige hat selbst Beschäftige.
  • Für den Status als Beschäftigter sprechen beispielsweise folgende Kriterien:
  • Der Betroffene ist weisungsgebunden und hat praktisch keine eigenständige Entscheidungsmöglichkeit.
  • Der Selbständige hat vor seiner Selbständigkeit die gleiche Tätigkeit als Angestellter verrichtet.
  • Der Selbständige hat kein eigenständiges Firmenschild, keine Geschäftsräume, kein Geschäftskonto.
  • Der Selbständige tritt in der Arbeitskleidung des (Haupt)Unternehmers auf.

Letztlich kommt es auf eine Gesamtschau an. Ob eine tatsächliche Selbständigkeit oder eine Scheinselbständigkeit vorliegt, kommt letztendlich auf eine Gesamtschau an.

Nähere Informationen zum Thema „Statusfeststellung“ können Sie hier abrufen: 

Beratung auch durch die Gewerkschaften und Juristen*innen der DGB Rechtsschutz GmbH möglich

Für Mitglieder einer der im DGB vereinigten Gewerkschaften besteht natürlich die Beratung durch die Gewerkschaft deren Mitglied sie sind oder durch die in 111 Büros bundesweit tätigen Juristen*innen der DGB Rechtsschutz GmbH nach erfolgter Rechtsschutzgewährung durch die Gewerkschaft.

Rechtliche Grundlagen

Auszüge aus §§ 7, 7a Sozialgesetzbuch (SGB) IV, § 24 SGB III, § 1 SGB VI, § 23 c SGB

§ 7 SGB IV

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.


§ 7a SGB IV

(1) Die Beteiligten können (…)eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt (…).
(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt.


§ 24 SGB III

(1) In einem Versicherungspflichtverhältnis stehen Personen, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind.


§ 1 SGB VI

(1) Versicherungspflichtig sind
1. Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt
sind; (…)


§ 23c SGB VI

(2) Einnahmen aus Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst sind nicht beitragspflichtig, wenn diese Tätigkeiten neben

1. einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens
15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder

2. einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater
Niederlassung ausgeübt werden.