Während die Eine sicher weiß, dass sie zuhause effizienter arbeiten kann, hat der Andere vielleicht Bedenken wegen der Vermischung von Job und Privatleben. Copyright by pressmaster/Adobe Stock
Während die Eine sicher weiß, dass sie zuhause effizienter arbeiten kann, hat der Andere vielleicht Bedenken wegen der Vermischung von Job und Privatleben. Copyright by pressmaster/Adobe Stock

Homeoffice, ist eine Art Sammelbegriff für das Ausüben der beruflichen Tätigkeit von zu Hause aus. Einen gesetzlichen Anspruch auf Arbeit im Homeoffice gibt es in Deutschland (noch) nicht, obwohl im Bundesarbeitsministerium dazu Pläne geschmiedet werden. Auch eine gesetzliche Definition fehlt bisher. Trotzdem ist es kein rechtsfreier Raum.
 

Kein gesetzlicher Anspruch

Neumann ist begeistert! Er wird vom Arbeitgeber gefragt, ob er sich vorstellen könne, zwei Tage von zu Hause aus zu arbeiten. Keine Fahrtkosten, keine Fahrtzeit und zu Hause schafft er mehr - da ist er sich sicher. Außerdem lassen sich dann auch mal Termine von Wartungen an Heizung bis Anlieferung von Bestellungen einfacher realisieren. Super, das will Neumann gerne. Ab morgen? Der Arbeitgeber ist dann doch zögerlich. Hat Neumann schon einen Rechtsanspruch erworben? Nein. Hier hat der Arbeitgeber das Verhandlungsstadium noch nicht verlassen. Er hat quasi nur vorgefühlt.
 
Die Arbeitsgerichte bejahen einen Rechtsanspruch auch nur in Ausnahmefällen. So etwa das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 17.12.2014 (Az. 4 Sa 404/14). Der dortige Arbeitsvertrag sah keinen festen Arbeitsort vor. Und es bestand eine erhebliche Distanz zwischen dem Wohnort des Arbeitnehmers und dem Firmensitz.
Anspruch auf Home-Office-Arbeitsplatz


Kein Zwang zum Homeoffice

Neumanns Chef stellt das Modell mit zwei Tagen Arbeiten von zu Hause im Kollegenkreis vor. Es gibt einige, die darüber denken wie Neumann. Andere Beschäftigte wollen das eher nicht. Sie haben Bedenken, den Kontakt zu den Kollegen zu verlieren, dass die Isolation karriereschädlich sein könnte, und sie besser damit zurechtkommen, wenn eine klare Grenze zwischen Arbeit und Freizeit gezogen ist.
 
Arbeitgeber können Homeoffice nicht einseitig anweisen. Der Arbeitsvertrag enthält meist eine Bestimmung des Arbeitsortes. Oder dieser ergibt sich von selbst, wenn z.B. die Firma nur eine Betriebsstätte hat. Arbeitgeber haben zwar ein Weisungsrecht auch hinsichtlich des Arbeitsortes. Sie müssen es aber gemäß § 106 der Gewerbeordnung nach billigem Ermessen näher bestimmen. Bei einem Mitarbeiter, der immer am Firmensitz gearbeitet hat, ist zum Beispiel das Weisungsrecht überschritten, wenn einseitig Telearbeit angeordnet wird (so das LAG Berlin Brandenburg, Urteil vom 10.10.2018, Az. 17 Sa 562/18).
 

Widerruf von Homeoffice

Neumann macht schon fleißig private Termine für seine Heimarbeitstage. Aber wegen einer besonderen betrieblichen Lage will der Arbeitgeber jetzt wieder, dass er zunächst nur in der Firma arbeitet. Und nun?
Das LAG Köln (Urteil vom 24.6.2010, 9 Ta 192/10) ging in einem Fall davon aus, dass der Arbeitgeber sich bei der Formulierung „Homeoffice bis auf weiteres“ nicht dauerhaft verpflichten wollte. Wenn dem Arbeitnehmer aber das Homeoffice bedingungslos zugesagt wurde, wird sich der Arbeitgeber nicht so ohne weiteres wieder davon lösen können.
 
Arbeitgeber verwenden gerne Widerrufsklauseln. Diese sind aber dann nicht wirksam, wenn keine Voraussetzungen für den Widerruf genannt sind.  Das LAG Düsseldorf (Urteil vom 10.09.2014, Az. 12 Sa 505/14) hat das formularvertraglich ausbedungene Recht des Arbeitgebers zum voraussetzungslosen Widerruf der Homeoffice-Berechtigung als rechtsunwirksam erachtet. Es stelle eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar (§ 307 BGB). D.h.: Eine Klausel, die nur dem Arbeitgeber das Recht gibt, jederzeit einfach zu widerrufen, ist unwirksam.
 
Höchstrichterlich ist das für den Anspruch auf Homeoffice nicht geklärt. Für andere Widerrufsvorbehalte hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) aber als Voraussetzung angesehen, dass die Widerrufsgründe vertraglich geregelt sein müssen.
 

Befristetes Homeoffice

Wenn die Parteien sich über eine Befristung einigen, wird dies rechtswirksam möglich sein. Das hieße aber auch, dass danach  - egal wem es passt oder nicht - die bisherige Rechtslage wieder gilt.
 
Will der Arbeitgeber Neumann trotz Befristung direkt wieder im Betrieb haben, ist dies rechtlich wohl nicht möglich. Der Arbeitgeber müsste den dornigen Weg einer Änderungskündigung gehen, und als neuen Vertrag quasi wieder den alten ursprünglichen anbieten. Außerdem muss er dann noch die individuelle Kündigungsfrist einhalten.
 

Auch im Homeoffice sind Arbeitsunfälle versichert

Grundsätzlich stehen Arbeitnehmer*innen auch beim Homeoffice unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Abgrenzung, ob sich die Verletzung im privaten, unversicherten Bereich ereignet hat, oder ob sie zum versicherten beruflichen Bereich gehört, ist hier schwer.
 
Wer z.B. auf dem Weg zur Küche, um dort etwas zu essen oder zu trinken, stürzt, genießt nicht den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (Bundessozialgericht, Urteil vom 05.07.2016  - B 2 U 5/15 R).
Bundessozialgericht zu Arbeitsunfällen im „Homeoffice“
Anders sieht das aus, wenn der Treppensturz auf dem Weg zum Homeoffice-Arbeitsplatz erfolgt.
Unfallversicherungsschutz bei Home-Office-Tätigkeit?


Arbeits- und Datenschutz muss gewährleistet sein

Auch, wenn Neumann nur einige Tage von zu Hause aus arbeitet, bleibt es bei der Verantwortlichkeit seines Arbeitgebers zum Arbeits- und Datenschutz.
Neumann muss seinem Arbeitgeber aber kein Zutrittsrecht in seine Wohnung/Haus ermöglichen. Das Weisungsrecht des Chefs endet an der Wohnungstür des Mitarbeiters. Also kann der Arbeitgeber auch keine Kontrolle vor Ort vornehmen.
Neumanns Arbeitgeber kommt seiner Pflicht nach und belehrt Neumann, genauso wie es auch in der Firma bei einem Büroarbeitsplatz erfolgt.
 
Natürlich bestehen auch hinsichtlich des Datenschutzes hohe Anforderungen an Datensicherheit und IT-Infrastruktur. Der Arbeitgeber muss gewährleisten, dass die Beschäftigten die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen während der Tätigkeit Zuhause dauerhaft einhalten. Der Arbeitnehmer muss sicherstellen, dass er allein (keine Familienangehörige oder Dritte) Zugang zu PC und Mobiltelefon und damit zu vertraulichen Daten am Home-Office-Arbeitsplatz hat. Auch hier belehrt der Chef Neumann, verpflichtet ihn entsprechend und lässt sich das quittieren.
 

Arbeitszeit im Homeoffice

Bei der Arbeit von Zuhause sind die Regelungen zu Höchstarbeitszeit, Ruhepausen und Ruhezeiten sowie das Sonn- und Feiertagsverbot einzuhalten.
 
Neumann läuft abends zu Hochform auf, das frühe Arbeiten liegt ihm gar nicht. Darf er arbeiten wann er will? Das kommt auf die vertragliche Regelung an. Automatisch ändert sich seine bisherige Arbeitszeit zumindest nur durch den Arbeitsortwechsel nicht. Sicher ist es sinnvoll, eine Kernzeit zu vereinbaren, damit Neumann dann auch telefonisch erreichbar ist.
 
Der Arbeitgeber muss seinen Dokumentationspflichten hinsichtlich der Arbeitszeiten nachkommen. Dies delegiert er elegant an Neumann, der die zu Hause gearbeiteten Stunden regelmäßig erfasst und turnusmäßig dem Chef vorlegt.
 

Kostenerstattung für Homeoffice als Arbeitslohn

Sinnvoll ist es, eine Regelung wegen anfallender Kosten für Strom, Heizung, anteiliger Miete, Telefon etc. zu treffen. Nach dem Bundesfinanzministerium ist für die Frage, ob das für diese Kosten gezahlte Entgelt als Arbeitslohn zu bewerten ist, darauf abzustellen, in wessen vorrangigem Interesse das Homeoffice liegt. Als gewichtiges Indiz wird angesehen, ob der Arbeitnehmer auch noch einen Arbeitsplatz im Betrieb hat.
 
Bei nur tageweiser Gestattung von Homeoffice und einem Arbeitsplatz im Betrieb, wird anzunehmen sein, dass die Leistung des Arbeitgebers als Gegenleistung für die Erbringung der individuellen Arbeitsleistung erfolgt und mithin Arbeitslohn ist.


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Das sagen wir dazu:

In Zeiten von Fachkräftemangel und der Effizienz der teilweise in Homeoffice arbeitenden Mitarbeiter*innen, lohnt es sich für Arbeitgeber Homeoffice anzubieten. Für Mitarbeiter, die das gerne wollen, ist es eine erhebliche Erleichterung des Alltags, wenn der oft lange Weg zur Arbeit, zumindest an einigen Tagen nicht angetreten werden muss.

Wie so oft ist es sinnvoll, die schon bekannten, eventuell streitbringenden Themen im Voraus zu besprechen und dann schriftlich das Ergebnis niederzulegen.