Bundesarbeitsgericht: Keine Witwenrente aus betrieblicher Versorgungszusage für Ehefrau aus zweiter Ehe
Bundesarbeitsgericht: Keine Witwenrente aus betrieblicher Versorgungszusage für Ehefrau aus zweiter Ehe

Unangemessen benachteiligt wird ein Arbeitnehmer, wenn eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) enthaltene Klausel nur der „jetzigen“ Ehefrau eine Hinterbliebenenversorgung zusagt. Eine solche Einschränkung der Zusage ist daher unwirksam.

Betriebsrente für die zweite Frau?

In ihrer Entscheidung vom 21. Februar 2017 kamen die Richter*innen des 3. Senats zu dem Ergebnis, dass Versorgungszusagen, die vor dem 1. Januar 2002 erteilt wurden, dazu führen, dass lediglich dann, wenn die Ehe bereits während des Arbeitsverhältnisses bestand, Rechte geltend gemacht werden können.


Der Kläger war von Februar 1974 bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens über dessen Vermögen im Oktober 1986 bei einem Werftunternehmen beschäftigt. Mit Wirkung ab dem 1. Juli 1983 erteilte die Arbeitgeberin dem Kläger eine Versorgungszusage.


Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen dieser Zusage sehen vor, dass die "jetzige" Ehefrau eine lebenslängliche Witwenrente erhalten soll, wenn die Ehe zwischenzeitlich nicht geschieden wird.
Seit April 2006 ist der Kläger in zweiter Ehe verheiratet. Der Kläger nimmt den Pensions-Sicherungs-Verein als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung auf Feststellung in Anspruch, dass der Ehefrau, mit der er zum Zeitpunkt seines Ablebens verheiratet ist, eine Witwenrente zusteht.

Kein Feststellungsanspruch des Klägers

Ebenso wie die Vorinstanzen hat auch das Bundesarbeitsgericht die Klage abgewiesen.

Die Versorgungszusage beziehe sich nur auf die Ehefrau, mit der der Kläger am 1. Juli 1983 verheiratet war. Diese Einschränkung sei jedoch nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unangemessen und daher unwirksam, weil dafür keine berechtigten Gründe bestünden.

Da im Jahre 1983, zum Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage, eine AGB-Kontrolle von Arbeitsverträgen gesetzlich noch nicht vorgesehen war, sei eine ergänzende Vertragsauslegung geboten, um die Lücke zu schließen. Hiernach, so das BAG, ist die Witwenrente nur dann zu gewähren, wenn die Ehe bereits während des Arbeitsverhältnisses bestanden hat.

Da der Kläger im Oktober 1986 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist und erst im Jahr 2006 die zweite Ehe einging, geht dessen Begehren, seiner jetzigen Ehefrau eine lebenslängliche Witwenrente abzusichern, ins Leere.

Hier finden Sie die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nr. 11/17 vom 21.02.2017 zum Urteil vom 21.02.2017 - 3 AZR 297/15 -

Rechtliche Grundlagen

§ 307 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

§ 307 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.:f Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.