Arbeitgeberin verletzt Verkehrssicherungspflicht und haftet für wirtschaftlichen Totalschaden.
Arbeitgeberin verletzt Verkehrssicherungspflicht und haftet für wirtschaftlichen Totalschaden.

Großmüllbehälter zerstört PKW eines Angestellten

Am 05.05.2015 parkte der Arbeitnehmer sein Fahrzeug auf dem Betriebshof seiner Arbeitgeberin, der beklagten Gemeinde. Diese hatte den Mitarbeitern gestattet, ihre Wagen dort während der Dienstzeit abzustellen.

Auf dem Betriebshof befand sich ein Großmüllbehälter. Dieser wurde durch Windeinwirkung gegen den Pkw des Arbeitnehmers geschoben. Hierdurch wurde der PKW so stark beschädigt, dass er einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitt. Die Differenz von 1.380 Euro zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert zahlte die klagende Versicherung an den Arbeitnehmer.

Von der Gemeinde verlangt die Versicherung aus übergegangenem Recht die Zahlung von 1.380 Euro sowie die Erstattung der Kosten eines Wettergutachtens von 47 Euro.

Gemeinde verletzt fahrlässig Verkehrssicherungspflicht

Erstinstanzlich wurde die Klage der Versicherung abgewiesen. Vor dem Landesarbeitsgericht hatte die Klage, abgesehen von der Erstattung der 47 Euro Gutachterkosten, Erfolg.

Die beklagte Gemeinde sei zur Erstattung des Schadens von 1.380 Euro verpflichtet. Sie hafte, weil sie ihre Verkehrssicherungspflicht fahrlässig verletzt habe.

Der Umstand, dass der Großmüllbehälter der Gemeinde das Fahrzeug des Arbeitnehmers zerstört hat, indiziere die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Den Vorwurf der Verkehrssicherungspflichtverletzung habe die Gemeinde nicht ausräumen können.

Sturmwarnung missachtet - Gemeinde hat keine ausreichenden Sicherungsmaßnahmen getroffen

Nach der Sturmwarnung vor dem Tief „Zoran“, so die Richter*innen der 9. Kammer, sei die Gemeinde verpflichtet gewesen, ihr Betriebsgelände abzugehen und etwaige Gefahrenquellen zu sichern. Sie habe dies zwar im Grundsatz getan, dabei den Großmüllbehälter aber nicht im Blick gehabt.

Der Umstand, dass die Feststellbremsen bei der letzten Leerung am 20.04.2015 gegebenenfalls angezogen worden waren, habe zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht nicht ausgereicht. Es hätte der Kontrolle am 05.05.2015 bedurft. Ohne Weiteres hätte auch das Tor geschlossen werden können, das sich zwischen dem parkenden Auto und dem Großmüllbehälter befand.

Angesichts einer Windgeschwindigkeit von 85 km/h beziehungsweise einer Windstärke 9 habe nicht von einem unabwendbaren Ereignis oder einem so starken Sturm, bei dem keine Sicherheitsmaßnahmen mehr helfen, ausgegangen werden können.

Arbeitnehmer trifft kein Mitverschulden

Ein Mitverschulden des Arbeitnehmers hat das Gericht verneint, weil dieser seinen Wagen morgens um 07.00 Uhr zu Arbeitsbeginn auf dem Betriebsgelände geparkt hatte und den ganzen Tag über im Außeneinsatz war.

Er habe davon ausgehen dürfen, dass die beklagte Gemeinde die erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung des Betriebshofs ergriffen hatte beziehungsweise ergreifen werde. Die Kosten für das Wettergutachten seien im konkreten Fall nicht erstattungsfähig gewesen. Das LAG hat die Revision nicht zugelassen.
 
Hier geht es zur vollständigen Entscheidung des Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 11.09.2017  - 9 Sa 42/17:

Rechtliche Grundlagen

§§ 280, 611 BGB, § 86 VVG

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

§ 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

§ 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.


Gesetz über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz - VVG)

§ 86 Übergang von Ersatzansprüchen

(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden.

(2) Der Versicherungsnehmer hat seinen Ersatzanspruch oder ein zur Sicherung dieses Anspruchs dienendes Recht unter Beachtung der geltenden Form- und Fristvorschriften zu wahren und bei dessen Durchsetzung durch den Versicherer soweit erforderlich mitzuwirken. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Obliegenheit vorsätzlich, ist der Versicherer zur Leistung insoweit nicht verpflichtet, als er infolgedessen keinen Ersatz von dem Dritten erlangen kann. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Richtet sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen eine Person, mit der er bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft lebt, kann der Übergang nach Absatz 1 nicht geltend gemacht werden, es sei denn, diese Person hat den Schaden vorsätzlich verursacht.