Rote Karte für Asklepios-Fachklinikum. Copyright by Andreas Haertle/fotolia
Rote Karte für Asklepios-Fachklinikum. Copyright by Andreas Haertle/fotolia

Die Klägerin ist seit 1992 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin tätig. Die Beklagte betreibt unter anderem das Asklepios-Fachklinikum, eine stationäre psychiatrische Einrichtung
 

Klägerin empfindet personelle Situation als unzureichend und verfasst Gefährdungsanzeige

Am 26. September 2016 arbeitete die Klägerin vertretungsweise auf einer anderen Station. Diese ist in der Regel mit zwei examinierten Fachkräften besetzt.

Während der Zeit der Vertretung arbeiteten auf der Station neben der Klägerin lediglich zwei Auszubildende. Im Bedarfsfall konnte sie zusätzliche Unterstützung von der Nachbarstation anfordern. Die Klägerin empfand die personelle Situation als unzureichend. Sie verfasste gegenüber dem Arbeitgeber eine Gefährdungsanzeige nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Dies gilt auch als betriebsverfassungsrechtliche Beschwerde.

Arbeitgeber mahnt Klägerin ab

Wegen der Anzeige einer Gefährdungslage sprach die Beklagte der Klägerin eine Abmahnung aus, da sie die Gefährdungsanzeige für unberechtigt  hielt. Dies veranlasste die Klägerin beim Arbeitsgericht (ArbG) Klage auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte zu erheben.

Arbeitsgericht gibt der Klage statt

Mit Urteil vom 14.12.2017 hat das ArbG Göttingen die Beklagte verurteilt, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen. Im Wesentlichen begründete das Gericht die Entscheidung damit, dass bei der Anzeige einer Gefährdungslage durch einen Arbeitnehmer ein subjektiver Maßstab gelte. Ob im konkreten Fall tatsächlich nach einem objektiven Maßstab Gründe für die Annahme einer Gefahr bestehe, sei für die Entscheidungsfindung nicht ausschlaggebend.
 

Asklepios-Fachklinikum auch in der zweiten Instanz erfolglos

Gegen die erstinstanzliche Entscheidung legte die Beklagte das Rechtsmittel der Berufung beim Landesarbeitsgericht (LAG) ein.

Nach Auskunft der Pressestelle des niedersächsischen LAG hat es die Berufung der Beklagten (Aktenzeichen 14 Sa 140/18) am 12.09.2018 zurückgewiesen.
 
Hier finden Sie die Pressemitteilung der Niedersächsischen Arbeitsgerichtsbarkeit zur Entscheidung des Arbeitsgerichts Göttingen vom 14.12.2017:

Das sagen wir dazu:

Gefährdungsanzeige, was ist das denn?

Die Gefährdungsanzeige wird oft auch Überlastungsanzeige genannt. Sie ist ein schriftlicher Hinweis der Beschäftigten an den Arbeitgeber bzw. unmittelbaren Vorgesetzten, dass es aufgrund der vorherrschenden Arbeitssituation zu
gesundheitlichen Gefährdungen und/oder Qualitätseinbußen in der Arbeit kommen kann.

Eine lesenswerte Information zu Thema „Gefährdungsanzeige“ hat der Personalrat der Hochschule für Musik Theater und Medien Hannover verfasst, die unter diesem
Link abgerufen werden kann:

Hier gehts zum Artikel:

Rechtliche Grundlagen

§ 16 Arbeitsschutzgesetz und § 84 Betriebsverfassungsgsetz



Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz - ArbSchG)
§ 16 Besondere Unterstützungspflichten

(1) Die Beschäftigten haben dem Arbeitgeber oder dem zuständigen Vorgesetzten jede von ihnen festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit sowie jeden an den Schutzsystemen festgestellten Defekt unverzüglich zu melden.

(2) Die Beschäftigten haben gemeinsam mit dem Betriebsarzt und der Fachkraft für Arbeitssicherheit den Arbeitgeber darin zu unterstützen, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten und seine Pflichten entsprechend den behördlichen Auflagen zu erfüllen. Unbeschadet ihrer Pflicht nach Absatz 1 sollen die Beschäftigten von ihnen festgestellte Gefahren für Sicherheit und Gesundheit und Mängel an den Schutzsystemen auch der Fachkraft für Arbeitssicherheit, dem Betriebsarzt oder dem Sicherheitsbeauftragten nach § 22 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch



Betriebsverfassungsgesetz
§ 84 Beschwerderecht
(1) Jeder Arbeitnehmer hat das Recht, sich bei den zuständigen Stellen des Betriebs zu beschweren, wenn er sich vom Arbeitgeber oder von Arbeitnehmern des Betriebs benachteiligt oder ungerecht behandelt oder in sonstiger Weise beeinträchtigt fühlt. Er kann ein Mitglied des Betriebsrats zur Unterstützung oder Vermittlung hinzuziehen.

(2) Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die Behandlung der Beschwerde zu bescheiden und, soweit er die Beschwerde für berechtigt erachtet, ihr abzuhelfen.

(3) Wegen der Erhebung einer Beschwerde dürfen dem Arbeitnehmer keine Nachteile entstehen.