Vorwürfe dürfen nicht im Nebel bleiben. Copyright by Pellinni/fotolia.
Vorwürfe dürfen nicht im Nebel bleiben. Copyright by Pellinni/fotolia.

Die Arbeitgeberin mahnte die Klägerin ab. Bei der vorübergehenden stationären Unterbringung einer Jugendlichen habe die Klägerin ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt. Denn sie habe keine Fallakte angelegt. Um welche Jugendliche es sich handelte, erwähnte die Arbeitgeberin nicht. Ebenso wenig machte sie deutlich, wann die Klägerin ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt hat. Statt dessen verwies sie zur Bekräftigung auf „mehrfache Schlechtleistungen in der Vergangenheit“.
 

Funktionen einer Abmahnung

Das Landesarbeitsgericht stellt fest dass eine Abmahnung drei Funktionen hat.
Dabei handelt es sich um die

  • Rügefunktion
  • Warnfunktion

sowie um die

  • Dokumentationsfunktion.

 

Rügefunktion

Eine Abmahnung soll Arbeitnehmer*innen vor Augen führen, dass die Arbeitgeberin mit einem bestimmten Verhalten nicht einverstanden ist. Sie rügt, dass ihrer Auffassung nach eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten vorliegt.
 

Warnfunktion

Mit einer Abmahnung möchte die Arbeitgeberin darüber hinaus deutlich machen, dass sie nicht bereit ist, weitere Pflichtverletzungen zu dulden. Deshalb droht sie arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung für den Fall an, dass sich das Verhalten der Arbeitnehmer*innen nicht ändert.
 

Dokumentationsfunktion

Eine Abmahnung hat außerdem den Zweck, dauerhaft zu dokumentieren, um welches Fehlverhalten es geht.
 

Landesarbeitsgericht Köln stellt auf Dokumentationsfunktion ab

Auch wenn bei einer Abmahnung Rüge- und Warnfunktion im Vordergrund stehen, komme auch der Dokumentationsfunktion eine wichtige und wesentliche Rolle zu. Das folge daraus, dass eine Abmahnung mehrere Jahre für ein Arbeitsverhältnis von Bedeutung sein könne. Dann fährt das Landesarbeitsgericht fort: „Wegen der mehrjährig andauernden Relevanz einer Abmahnung müssen der konkrete Anlass und die konkrete Eigenart der in der Abmahnung beanstandeten Pflichtverletzungen über Jahre hinweg jederzeit rekonstruierbar sein. Dies gilt einerseits vor dem Hintergrund, dass das menschliche Erinnerungsvermögen mit fortschreitender Zeit verblasst, andererseits aber auch deshalb, weil insbesondere auf Arbeitgeberseite im Laufe der Zeit die handelnden Personen und Verantwortungsträger wechseln können.“
 

Abmahnung der Klägerin ist zu unkonkret

Die Arbeitgeberin der Klägerin hätte nach Auffassung des Landesarbeitsgerichtes in der Abmahnung deutlich machen müssen, „… wann welcher Jugendliche bei der Beklagten für welchen Zeitraum vorübergehend stationär untergebracht worden ist, um welchen Vormund und welches konkrete gerichtliche Schreiben es geht und wann die Klägerin in Bezug auf welchen minderjährigen Jugendlichen ihre vertraglichen Pflichten verletzt haben soll.“
Da der Abmahnung all diese Angaben nicht zu entnehmen seien, könne sie ihre Dokumentationsfunktion nicht erfüllen. Sie sei also schon aus formalen Gründen unwirksam. Deshalb müsse die Arbeitgeberin die Abmahnung aus der Personalakte entfernen.
 

Weiterer Grund für fehlende Bestimmtheit

Die Arbeitgeberin hatte versucht, ihrer Abmahnung dadurch größeres Gewicht zu verleihen, dass sie auf „mehrfache Schlechtleistungen in der Vergangenheit“ hinwies.
Dieser Hinweis kann aber ebenfalls nicht zu einem Verbleib der Abmahnung in der Personalakte führen. Denn dazu führt das Landesarbeitsgericht aus: „Um welche ‚Schlechtleistungen in der Vergangenheit` es dabei aber gehen soll, bleibt in der Abmahnung vom 21.12.2016 völlig im Dunkeln und der Spekulation des Lesers überlassen.“
 

Konsequenz der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts

Das Landesarbeitsgericht hat in erfreulicher Klarheit festgestellt, dass die Vorwürfe in einer Abmahnung so konkret sein müssen, dass sie über Jahre hinweg jederzeit rekonstruierbar sind. Deshalb empfiehlt es sich dringend, jede Abmahnung sehr genau daraufhin zu überprüfen, ob sie den Anforderungen der Rechtsprechung genügt. Bestehen Zweifel, können und sollten sich Gewerkschaftsmitglieder kostenfrei von den kompetenten und spezialisierten Jurist*innen der DGB Rechtsschutz GmbH beraten lassen.
 
Hier finden Sie das vollständige Urteil:  
LAG Köln, 19.04.2018, 7 Sa 625/17