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Telearbeit

Was ist das?

  

Telearbeit ist eine Tätigkeit, die unter Verwendung von Informationsverarbeitungstechnik (PC, Laptop, u.ä.) zumindest zeitweise außerhalb der Betriebsstätte des Arbeitgebers durchgeführt wird, wobei die Verbindung zwischen Telearbeiter und Betrieb im Wege von Telekommunikationstechnik hergestellt wird.

Formen der Telearbeit

  

Folgende Formen der Telearbeit (auch elektronische Fernarbeit genannt) werden unterschieden:

  • ausschließlich externe Tätigkeit (auch Teleheimarbeit oder Homeoffice genannt): Hier ist der Telearbeitnehmer ausschließlich an seinem häuslichen mit EDV und Kommunikationstechnik ausgestatteten Arbeitsplatz tätig. Er hat keinen Arbeitsplatz im Betrieb;
  • alternierende Telearbeit: Der Beschäftigte ist zum Teil an seinem im Betrieb eingerichteten Arbeitsplatz tätig, zum meist größeren Teil an seinem EDV-Arbeitsplatz zu Hause;
  • Telearbeit in Satelliten- oder Nachbarschaftsbüros: Die Telearbeit findet in vom Arbeitgeber oder auch vom Telearbeiter eingerichteten Büros statt, die sich an einem kostengünstigen Ort oder in der Nähe des Wohnortes des/der Telearbeitnehmer befinden (z.B. Telecenter);
  • mobile Telearbeit: In diesem Fall ist der Beschäftigte nur gelegentlich im Betrieb (er verfügt dort meist über keinen eingerichteten Arbeitsplatz), seine Arbeit findet an ständig wechselnden Einsatzorten statt (z.B. Außendienstmitarbeiter, Servicepersonal).

  

Die häufigsten Formen der Telearbeit sind die »alternierende« und die »mobile Telearbeit«.

Im Wege der Telearbeit werden heute die verschiedensten Tätigkeiten ausgeführt: Datenerfassung, Textverarbeitung, Programmierung, Pflege und Weiterentwicklung von Software (vgl. hierzu Hessisches LAG v. 13.03.2015 - 10 Sa 575/14), computergestütztes Konstruieren usw.

Rechtlicher Status der Telearbeiter

 

Telearbeiter können ? Arbeitnehmer (§ 5 Abs. 1 BetrVG), aber auch arbeitnehmerähnliche Personen, Selbstständige, die aufgrund eines Dienstvertrages oder Werkvertrages tätig sind oder Heimarbeiter (siehe Heimarbeit) sein.

Die Klärung des Status ist wichtig, weil das Arbeitsschutzrecht in vollem Umfang nur für Arbeitnehmer gilt.

 

Als Arbeitnehmer sind Telearbeiter anzusehen, die aufgrund eines ? Arbeitsvertrags tätig sind und in persönlicher Abhängigkeit zum Auftraggeber/Arbeitgeber stehen: das heißt, wenn sie an seine Weisungen insbesondere in Bezug auf Ort, Zeit und Art der auszuführenden Arbeit gebunden sind und in den Betrieb des Auftraggebers/Arbeitgebers eingegliedert sind.

 

Beispiel für einen Telearbeitsvertrag (aus LAG Rheinland-Pfalz v. 18.11.2014 - 7 Sa 321/14):

» § 1 Vertragsbeginn und Tätigkeit

  1. Der Mitarbeiter wird ab dem 01.06.2010 befristet auf zwei Jahre bis zum 31.05.2012 als Mitarbeiter im Bereich Marketing im Rahmen von Telearbeit eingestellt.
  2. (…)
  3. Die Arbeitgeberin behält sich vor, dem Mitarbeiter im Rahmen seiner Kenntnisse und Fähigkeiten anstelle dieser Aufgaben oder neben ihnen andere Tätigkeiten zu übertragen, die Lage der Arbeitszeit und den Einsatzort zu ändern.

§ 2 Vergütung

  1. Das Arbeitsentgelt beträgt je Monat 3668,00 EUR brutto und wird monatlich, spätestens bis zum 10. eines jeden Folgemonats bargeldlos gezahlt.
  2. Der Mitarbeiter erhält 12 monatliche Grundgehälter. Weihnachts- und Urlaubsgeld werden nicht gezahlt.
  3. Mit der unter Ziffer 1 genannten Vergütung sind Über-, Mehr-, Sonn- und Feiertagsarbeit, soweit sie im Wochendurchschnitt 10?% der im § 4 vereinbarten Arbeitszeit nicht überschreiten, abgegolten.
  4. Die über die Regelung der Ziffer 2 hinausgehend, geleisteten Überstunden werden in Freizeit nach betrieblichen Erfordernissen abgegolten.
  5. (…)

§ 3 Außerbetriebliche Arbeitsstätte

  1. Der Arbeitnehmer verrichtet seine Tätigkeit in seiner Wohnung an einem dort einzurichtenden Arbeitsplatz (außerbetriebliche Arbeitsstätte). Die außerbetriebliche Arbeitsstätte ist mittels Kommunikations- und Informationsmitteln mit der Betriebsstätte des Arbeitgebers verbunden. Die außerbetriebliche Arbeitsstätte gilt als dem Betriebssitz des Arbeitgebers zugeordnet.
  2. Der Arbeitnehmer nutzt unter Beachtung der Arbeitsschutzbestimmungen eigene Arbeitsmittel. Der Arbeitgeber stellt dem Arbeitnehmer im Bedarfsfall eine Ausstattung für die außerbetriebliche Arbeitsstätte zur ausschließlich dienstlichen Nutzung zur Verfügung. (…)
  3. (…)

§ 4 Arbeitszeit

  1. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt wöchentlich 40 Stunden.
  2. Der Arbeitnehmer ist frei in der Einteilung seiner wöchentlichen Arbeitszeit. Er verpflichtet sich, die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes zu beachten. Er wird insbesondere die tägliche Höchstarbeitszeit von acht Stunden und die zwischen zwei Arbeitstagen liegende mindestens elfstündige Ruhepause einhalten. Die Arbeitgeberin behält sich vor, die Lage der Arbeitszeit und der Pausen abweichend zu regeln.
  3. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, seine Arbeitszeiten sowie Urlaubs-, Krankheits- und sonstige Freistellungszeiten in einem Telearbeitsbuch in geschlossener Aufstellung festzuhalten. Das Telearbeitsbuch wird dem Arbeitgeber einmal pro Monat zur Abzeichnung zur Verfügung gestellt. (…)
  4. Der Mitarbeiter ist verpflichtet, seine ganze Arbeitskraft im Interesse der Arbeitgeberin einzusetzen und im Falle der Erforderlichkeit - im gesetzlich zulässigen Rahmen - auch über die betriebliche Arbeitszeit hinaus Mehrarbeit und Überstunden zu erbringen. Diese Verpflichtung erstreckt sich auch auf Schicht-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit. Diese Überstunden werden durch Freistellung abgegolten. Sollte dies nicht möglich sein, werden sie entsprechend vergütet.
  5. Die Anordnung von Überstunden bedarf einer vorherigen ausdrücklichen Anweisung durch die Geschäftsleitung oder einer durch sie ermächtigten Person. (…).«

  

Die Weisungsgebundenheit des Telearbeiters in örtlicher, zeitlicher und fachlicher Hinsicht ist bei der »alternierenden Telearbeit« oder in vom Arbeitgeber eröffneten externen Büros im Regelfall gegeben.

Aber auch bei der ausschließlich »externen Telearbeit« kann Weisungsgebundenheit und damit Arbeitnehmereigenschaft bestehen:

  • der Arbeitsort ist durch die Installation der Hard- und Software festgelegt;
  • die zeitliche Weisungsgebundenheit kann sich aus Terminsetzungen und Berichtspflichten ergeben;
  • die fachliche Weisungsgebundenheit resultiert aus den Arbeitsvorgaben, die mit dem Arbeitsauftrag und der ggf. zu verwendenden Software verbunden sind.

  

Die Eingliederung in den Betrieb (die nicht räumlich, sondern organisatorisch zu verstehen ist) ergibt sich bei allen Formen der Telearbeit regelmäßig aus dem Umstand, dass der Auftraggeber/Arbeitgeber dem Telearbeiter die erforderliche Hard- und Software zur Verfügung stellt und über diese Technik eine Zusammenarbeit mit dem Betrieb stattfindet.

  

Bei der »mobilen Telearbeit« kommt es bei der Klärung des rechtlichen Status des Telearbeiters weniger auf die informationsverarbeitungs- und kommunikationstechnischen Arbeitsmittel (z.B. Laptop, Handy) an als auf die Gesamtumstände der Vertrags- und Arbeitsbeziehung zwischen dem Auftraggeber und dem Telearbeiter.

 

Eine Vereinbarung in allgemeinen Arbeitsvertragsbedingungen, welche die Beendigung einer vereinbarten alternierenden Telearbeit für den Arbeitgeber voraussetzungslos ermöglicht und nicht erkennen lässt, dass dabei auch die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind, ist wegen Abweichung von dem gesetzlichen Leitbild des § 106 Satz 1 GewO gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam (LAG v. Düsseldorf v. 10.09.2014 - 12 Sa 505/14).  

 

Das Heimarbeitsgesetz kann nur auf solche Telearbeiter angewendet werden, die keine Arbeitnehmereigenschaft besitzen und auch nur dann, wenn die Voraussetzungen des Heimarbeitsgesetzes gegeben sind (siehe Heimarbeit).

 

Quelle: Betriebsratspraxis von A bis Z (Christian Schoof); Tarifvertrag: Telearbeit - Was ist das?

Betriebsratspraxis von A bis Z ist Bestandteil des Online-Moduls »Betriebsratswissen online«.

 

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