Hat die oder der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte. So lautet die gesetzliche Vorschrift. 

 

Auf die Kündigungsgründe kommt es nicht an

Wichtig: Bei dieser Vorschrift ist es völlig unerheblich ist, warum das Arbeitsverhältnis beendet wurde. Wird das Arbeitsverhältnis beendet ohne die Kündigungsfrist einzuhalten, ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld sozusagen automatisch. Anders als bei der Sperrzeit sieht das Gesetz nicht die Möglichkeit vor, der Rechtsfolge zu entgehen, sollte es einen wichtigen Grund für die (frühzeitige) Beendigung des Arbeitsverhältnisses geben. 

 

Nordrheinwestfälisches Landessozialgericht bestätigt dies

Das Landessozialgericht Essen hat dies mit einem aktuellen Urteil vom 05.06.2014 bestätigt. Die Klägerin war hier ordentlich gekündigt worden unter Einhaltung der sechsmonatigen Kündigungsfrist.  In einem Vergleich vor dem Arbeitsgericht einigten sich die Parteien auf die Beendigung wie gekündigt. Die Klägerin erhielt eine Abfindung und es wurde ihr die Möglichkeit eingeräumt, das Arbeitsverhältnis mit einer Ankündigungsfrist von einer Woche frühzeitig zu beenden. Die vereinbarte Abfindung sollte sich für den Fall der vorzeitigen Beendigung erhöhen. Diese Regelung in arbeitsgerichtlichen Vergleichen wird auch Sprinterklausel genannt. Von dieser Möglichkeit wird oft Gebrauch gemacht, wenn die Kündigungsfrist sehr lang ist. Den Arbeitnehmern soll es damit erleichtert, werden, ein neues Arbeitsverhältnis einzugehen. 

 

Die Klägerin hatte von diesem Recht Gebrauch gemacht, hatte allerdings keinen neuen Job. Vielmehr erfolgte die frühzeitige Beendigung aus gesundheitlichen Gründen auf Anraten der behandelnden Psychologin.

Während es für die Frage einer Sperrzeit relevant wäre, kommt es für das Ruhen eben nicht darauf an, dass die Klägerin gute Gründe für die frühzeitige Eigenkündigung hatte. Die Klage gegen den Ruhensbescheid war sowohl vor dem Sozialgericht Detmold wie auch in zweiter Instanz vor dem Landessozialgericht Essen erfolglos. Es verblieb bei der von der Bundesagentur für Arbeit verhängten Anordnung des Ruhens des Anspruchs auf Arbeitslosengeld für insgesamt 100 Tage. Die Klägerin hatte eine Abfindung in Höhe von 28.550,- Euro vom ehemaligen Arbeitgeber erhalten. Da die Klägerin am Ende des Arbeitsverhältnisses 49 Jahre alt und 15 Jahre im Betrieb beschäftigt gewesen war, wurde die Entlassungsbeschäftigung zu 35 Prozent berücksichtigt.

 

Auch gesundheitliche Gründe spielen keine Rolle

Das LSG führte dazu aus, dass allein auf die ordentliche Kündigungsfrist des Arbeitgebers abzustellen ist, unabhängig davon, wie das Arbeitsverhältnis beendet worden ist, von welcher Seite die Initiative hierzu ergriffen worden ist und unabhängig davon, wer die Kündigung ausgesprochen hat. Da der Ruhenstatbestand nicht danach unterscheidet, wer und aus welchem Grund gekündigt hat, sondern allein an die ordentliche Kündigungsfrist des Arbeitgebers anknüpft, sei auch unbeachtlich, ob die Klägerin das Arbeitsverhältnis - etwa aus den von ihr vorgebrachten gesundheitlichen Gründen - fristlos hätte kündigen können. 

 

Abfindung muss nicht wegen der vorzeitigen Beendigung gezahlt werden

Die Tatsache, dass die Klägerin einen Teilbetrag der Abfindung auch erhalten hätte, wenn das Arbeitsverhältnis wie im gerichtlichen Vergleich und damit fristgerecht und nicht vorzeitig gelöst worden wäre, war für das Gericht auch ohne Relevanz. Es berief sich auf das Bundessozialgericht welches klargestellt hat, dass ein Kausalzusammenhang zwischen der Abfindung und der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerade nicht erforderlich ist. Die beiden Tatbestandsvoraussetzungen Entlassungsentschädigung wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind nach der Rechtsprechung unabhängig voneinander zu lesen, ohne dass zwischen ihnen eine Kausalitätsbeziehung herzustellen ist. 

 

Das Bundessozialgericht hatte sich im Übrigen auch schon dazu geäußert, dass es keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung (aktuelle Fassung § 158 SGB III) hat. 

Es stellte ebenso klar, dass auch eine aus Anlass einer Betriebsänderung gezahlte sozialplanmäßige Abfindung dem Anwendungsbereich der Ruhensregelung unterliegt. 

 

Anmerkung der Redaktion:

Beschäftigte, die sich „schnell“ aus Ihrem Arbeitsverhältnis lösen wollten, sollten deshalb Vorsicht walten lassen, auch wenn es gute Gründe für die Beendigung gibt. Dies gilt besonders bei langen Beschäftigungsverhältnissen mit langen Kündigungsfristen. Wenn kein Anschlussarbeitsverhältnis besteht und eine Abfindung gezahlt wird, sollten sich Beschäftigte nicht auf eine Beendigung unter Nichteinhaltung der geltenden Kündigungsfrist einlassen. In den Fällen, in denen der Leidensdruck so groß ist, dass der Ablauf der Kündigungsfrist nicht abgewartet werden kann, sollte die Möglichkeit einer Freistellung in Betracht gezogen werden. 

Wegen der vielen Fallstricke sollten sich Betroffene vor Abschluss einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber oder einer Eigenkündigung rechtlichen Rat einholen.

 

 

Silke Clasvorbeck, Onlineredakteurin und Rechtsschutzsekretärin - Bielefeld

 

 

Landessozialgericht Essen, Urteil vom 05.06.2014, L 9 AL 131/13

 

Bundessozialgericht, Urteil vom 24.05.2006, B 11a AL 21/05 R

 

§ 158 Sozialgesetzbuch (SGB) Drei III