Teamleiterin Susanne Theobald, Büro Saarbrücken. | Foto: Thomas Seeber
Teamleiterin Susanne Theobald, Büro Saarbrücken. | Foto: Thomas Seeber

2008 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Neuorganisation der Bundespolizei beschlossen – seitdem findet eine umfassende Umstrukturierung statt. Auf allen Ebenen waren Zielvereinbarungen vorgesehen, unter anderem sollten die Präsenz von Beamten erhöht sowie Fahndungsabfragen und Erfolge gesteigert werden. „Das ging so weit, dass dieselben Beamten sich verstärkt auf Bahnhöfen oder Flughäfen zeigen und gleichzeitig mehr Treffer im Fahndungssystem erzielen sollten“, erklärt Susanne Theobald, Teamleiterin der DGB Rechtsschutz GmbH in Saarbrücken. „Erfüllen sie die eine Vorgabe, verstoßen sie automatisch gegen die andere.“ Das geht so nicht, entschied der Gesamtpersonalrat der Bundespolizeidirektion Koblenz und zog vor Gericht – vertreten von Juristin Theobald: „Ziel war, die Beschäftigten vor der erhöhten Inanspruchnahme zu schützen.“ Das Verwaltungsgericht Mainz gab den Antragstellern Recht: Gemäß § 76 Absatz 2 Nr. 5 BPersVG hat der Personalrat über Maßnahmen zur Hebung der Arbeitsleistung mitzubestimmen. Das gelte auch für die mit den Inspektionsleitern abgeschlossenen Zielvereinbarungen der Bundespolizeidirektion Koblenz, urteilten die Richter und untersagten die weitere Umsetzung der Zielvorgaben. Dagegen legte die Direktion Beschwerde ein.

Vorgaben an Berufswirklichkeit vorbei

Aber auch der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz sprach dem Personalrat das Mitbestimmungsrecht zu. Begründung: Bei gleichbleibender Arbeitszeit sollten die Beamten die Effektivität ihrer Arbeit erhöhen, was einer Hebung der Arbeitsleistung im Sinne des § 76 Absatz 2 Nr. 5 BPersVG entspricht. Dabei spiele es keine Rolle, dass die Zielvereinbarungen einräumten, die Beamten könnten als Ausgleich einfach in anderen Bereichen weniger Einsatz bringen. So einfach darf es sich der Dienstherr nicht machen. Zulässig ohne Mitbestimmung des Personalrates wären solche Entlastungsmöglichkeiten nur, „wenn sie in der Zielvereinbarung selbst enthalten wären und dadurch die gleiche rechtliche Verbindlichkeit wie die vereinbarte Steigerung der Arbeitsergebnisse hätten“, so die Richter.
„Für die Polizeidirektion Koblenz gibt es jetzt nur zwei Möglichkeiten“, schlussfolgert Susanne Theobald. „Entweder sie bezieht bei den Reformen die Personalräte auf allen Ebenen mit ein, oder sie formuliert Zielvereinbarungen, in denen die Entlastungsmöglichkeiten der Beamten konkret festgehalten sind.“ Der Beschluss des Eilverfahrens sei rechtskräftig, betont die Juristin. „Wir wollten, dass der Personalrat schnellstmöglich handeln kann, bevor die Zielvorgaben schon umgesetzt sind.“ Auch das Hauptsacheverfahren werde zum selben Schluss kommen: „Es gibt keinen Weg an der Mitbestimmung vorbei.“

Rechtliche Grundlagen

Beschluss mit weitreichenden Folgen

Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes Rheinland-Pfalz setzt ein wichtiges Signal für die anderen Standorte der Bundespolizei, die auf gleiche Weise umstrukturiert werden. Susanne Theobald vom DGB Rechtsschutz-Büro in Saarbrücken sieht sogar weitreichende Folgen für das gesamte deutsche Beamtenwesen. „In Behörden halten immer mehr Lenkungsmittel aus der Privatwirtschaft Einzug, um die Leistungsfähigkeit zu steigern“, erklärt Susanne Theobald. Auch Zielvereinbarungen gehörten dazu. Der Beschluss zeige, dass Verwaltungen solche Instrumente nicht einfach anwenden könnten, ohne die Personalvertretung einzubeziehen. Sie müssen darauf achten, ob ihre Umstrukturierungsmaßnahmen rechtens sind.