Die Arbeitszeitkonten, die in Leiharbeitsverträgen vereinbart werden, sind in der Regel so ausgestaltet, dass die Arbeitgeber versuchen, ihr Annahmeverzugsrisiko so weit wie möglich auszuschließen:

Annahmeverzugsrisiko auf dem Rücken der Arbeitnehmer*innen

  • Sobald für einzelne Tage oder auch längere Zeiträume keine Einsatzmöglichkeit für die Leiharbeitnehmer*innen besteht, werden sie nach Hause geschickt ( = klassischer Annahmeverzug), 
  • die (ausgefallene) Arbeitszeit wird auch vergütet,  
  • dafür werden aber die entsprechenden Stunden vom Arbeitszeitkonto der Mitarbeiter*innen abgebucht bzw. als Minusstunden abgezogen.

In dieser Konstellation besteht für den Arbeitgeber praktisch kein Annahmeverzugsrisiko, denn jede einzelne Stunde, jeder Tag, an dem ein/e Leiharbeitnehmer*in nicht eingesetzt werden kann, muss von diesem/r entweder vor- oder nachgearbeitet werden. Das Annahmeverzugsrisiko des Arbeitgebers, das nach der entsprechenden Regelung im AÜG der Verleiher nicht vertraglich einschränken darf, wird so vollständig auf die Leiharbeitnehmer*innen verlagert.

Missbrauch von Arbeitszeitkonten

Arbeitszeitkonten dienen – idealerweise im beiderseitigen Interesse – der Flexibilisierung der Arbeitszeit. Das heißt, der Arbeitgeber kann im Bedarfsfall Überstunden anordnen, die auf dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben werden, die Arbeitnehmer*innen können demgegenüber verlangen, die Guthabenstunden in Form von Freizeitausgleich wieder zu entnehmen.


Im Rahmen von Leiharbeitsverhältnissen werden arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeitkonten jedoch in der Regel ausschließlich zu Lasten der Arbeitnehmer*innen durch den Verleiher ausgenutzt: In Zeiten des Einsatzes bei einem Entleiher wird mehr Arbeitszeit angeordnet, als vertraglich vereinbart ist, so dass sich ein Arbeitszeitguthaben aufbaut. In Zeiten, in denen der Verleiher dann keine Einsatzmöglichkeit hat, werden die Arbeitnehmer*innen einseitig in den „Zwangsurlaub“ geschickt und das Zeitguthaben wird abgeschmolzen.

Aktuelle Rechtsprechung

Dieser Vertragsgestaltung hatte das Bundesarbeitsgericht bereits in einer Entscheidung vom 16.04.2014 grundsätzlich einen Riegel vorgeschoben:

„Das Arbeitszeitkonto im Leihverhältnis darf allerdings nicht dazu eingesetzt werden, § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG zu umgehen und das vom Verleiher zu tragende Beschäftigungsrisiko auf den Leiharbeitnehmer abzuwälzen. Regelungen, die es dem Verleiher ermöglichen, in verleihfreien Zeiten einseitig das Arbeitszeitkonto abzubauen, sind unwirksam“. 

Diesem Grundsatzurteil hat sich jetzt auch das LAG Berlin-Brandenburg angeschlossen und im konkreten Fall für den Zeitarbeits-Tarifvertrag DGB / BZA entschieden, dass danach einsatzfreie Zeiten nicht einseitig durch den Arbeitgeber als Minusstunden abgezogen werden dürfen. Die Zeitarbeitsfirma wurde verurteilt, der Arbeitnehmerin knapp 130 Stunden auf ihrem Arbeitszeitkonto gut zu schreiben. Gegen das Urteil wurde von der Arbeitgeberin jedoch wiederum Revision eingelegt.

Die DGB- Tarifverträge zur Zeitarbeit wie zum Beispiel der Tarifvertrag DGB / BZA sehen bereits von Anfang an vor, dass der Ausgleich des Arbeitszeitkontos durch Freizeitentnahme bzw. durch die Reduzierung eines Guthabens nur im Einverständnis mit den Arbeitnehmer*innen erfolgen kann. Dies stellt keinen Verstoß gegen das AÜG dar, da der/die Arbeitnehmer*in dabei selbst über den Freizeitausgleich aus dem Arbeitszeitkonto mitentscheidet und der Arbeitgeber nicht einseitig für Zeiten des Annahmeverzuges Zwangsfreizeit anordnen kann. 

Arbeitszeitkonto überprüfen!

Dennoch setzen sich Arbeitgeber zum Teil auch bei der Anwendung entsprechender Tarifverträge über die tarifvertragliche Regelung hinweg und entscheiden nach eigenem Gutdünken, für Zeiten des Nichteinsatzes bei einem Entleiher „Freizeit“ anzuordnen und dafür ein Arbeitszeitguthaben abzubauen.

Dagegen sollten sich betroffene Leiharbeitnehmer*innen wehren. Und unter Verweis auf die jeweilige tarifvertragliche Regelung und die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes die Rückbuchung der Zeiten des Annahmeverzuges auf das Arbeitszeitkonto verlangen. 

Hier zur Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Berlin-Brandenburg