Jeder Streik hat finanzielle Auswirkungen 

Ein Streik kann teuer werden. Nicht nur für die direkt bestreikten Arbeitgeber, sondern auch für eigentlich Unbeteiligte, wie z.B. andere Unternehmen, die durch die Auswirkungen eines Streiks ihre Tätigkeit einschränken müssen. Diese Verluste während eines Fluglotsenstreiks wollten einzelne Fluggesellschaften jetzt von einer Fluglotsengewerkschaft ersetzt haben. 

In der Vergangenheit ging es bei Schadensersatzforderungen gegenüber Gewerkschaften in aller Regel um Schäden bzw. Verluste, die die direkt bestreikten Arbeitgeber durch einen Streik erlitten hatten. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) kann ein solcher Schadensersatzanspruch bestehen, wenn ein Streik rechtswidrig ist und die Gewerkschaft ein Verschulden trifft.

Ein Streik betrifft naturgemäß oft auch Unbeteiligte

In den jetzt vom BAG entschiedenen Verfahren ging es jedoch nicht um Schäden des bestreikten Arbeitgebers, sondern um andere Betroffene:

Die Fluglotsengewerkschaft hatte im April 2009 die Fluglotsen am Flughafen Stuttgart für 6 Stunden zu einem Unterstützungsstreik für die Tarifverhandlungen der Sicherheitsmitarbeiter*innen aufgerufen. Dadurch fielen zahlreiche Flüge mehrerer Fluggesellschaften aus, hatten Verspätung oder mussten umgeleitet werden. Vier Fluggesellschaften wollten diese Schäden von der Fluglotsengewerkschaft ersetzt haben und haben entsprechende Klagen eingereicht. 

Gesetzliches Streikrecht bleibt geschützt 

Ein solcher Schadensersatzanspruch von „Dritten“, also von einem Streik nur mittelbar Betroffener, hätte eine gravierende Gefahr für die Wahrnehmung des Streikrechtes bedeutet. Denn wenn ein solcher Schadensersatzanspruch tatsächlich bestehen würde, könnte theoretisch jeder, der in irgendeiner Weise durch einen Streik belastet wird, Schadensersatz von der streikenden Gewerkschaft fordern. Bei einem Bahnstreik könnte jeder Fahrgast klagen, bei einem Kita-Streik alle betroffenen Eltern, die Verdienstausfälle haben usw. Das finanzielle Risiko für eine Gewerkschaft wäre so uferlos, dass das Streikrecht in manchen Branchen kaum noch wahrnehmbar wäre.

Dementsprechend hat das BAG, wie auch bereits die Vorinstanzen, die klagenden Fluggesellschaften mit diesen Forderungen in die Schranken verwiesen. 

Dabei ist die Frage, ob es sich im Einzelfall um einen rechtmäßigen oder einen rechtswidrigen Streik der Fluglotsen handelte, gar nicht erst behandelt worden. Die Richter*innen unter Vorsitz der BAG-Präsidentin Ingrid Schmid haben vielmehr ausdrücklich daraufhin gewiesen, dass es bereits an einem zielgerichteten Angriff auf den Gewerbebetrieb der Fluggesellschaften fehlt, so dass bereits von vorneherein kein Schadensersatzanspruch wegen widerrechtlicher Eigentumsverletzung in Betracht kommt.