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Job weg wegen Corona: Überbrückungshilfe für Studierende in der Krise

Der Bundestag hat am Donnerstag, 7. Mai 2020, den Entwurf eines Wissenschafts- und Studierendenunterstützungsgesetzes von CDU/CSU und SPD angenommen. Mit dem Gesetz sollen u.a. Anreize für Studierende geschaffen werden, sich während der Covid-19-Pandemie in systemrelevanten Bereichen zu engagieren. Wer kein BAFöG bekommt, soll einen zinslosen Kredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bekommen. Nach Auffassung des DGB reichen die Hilfen für Studierende und Wissenschaft aber bei Weitem nicht aus.

Elke Hannack, stellvertretende Vorsitzende des DGB, fordert die Koalition auf, bei den Hilfen für Studierende deutlich nachzubessern.
Elke Hannack, stellvertretende Vorsitzende des DGB, fordert die Koalition auf, bei den Hilfen für Studierende deutlich nachzubessern.

 Der Wissenschafts-und Hochschulbetrieb ist in Deutschland aufgrund der COVID- 19-Pandemie erheblich eingeschränkt. Junge Wissenschaftler*Innen, die befristet beschäftigt sind, sind besonders betroffen, da sie den Höchstbefristungsgrenzen unterliegen. Diese Grenzen werden jetzt als zeitlich begrenzte Übergangsregelung um die Zeit der Einschränkungen wegen der Pandemie verlängert.

Sehr prekär ist aufgrund der Pandemie aber auch die Situation vieler Studierender. Wer nicht aus sehr wohlhabendem Elternhause stammt, ist zumeist auf Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAFöG) angewiesen oder muss neben dem Studium seinen Lebensunterhalt mit Erwerbsarbeit verdienen. Im Jahr 2018 bekamen nicht einmal 20 Prozent der Studierenden BAFöG, davon viele nicht den Höchstsatz, der derzeit auch nur 784 Euro im Monat beträgt. Etwa zwei Drittel aller Studierenden arbeiten neben dem Studium, bei den ausländischen Studierenden sind es sogar drei Viertel.

40 Prozent aller Studenten, die kein BAFöG bekommen, müssen parallel zum Studium arbeiten

Einkommen wird in der Regel auf das BAFöG angerechnet. Bereits durch das COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz wurden für BAFöG-Empfänger Anreize geschaffen, sich während der aktuellen Pandemie neben ihrer Ausbildung in Gesundheits- und sonstigen sozialen Einrichtungen sowie in der Landwirtschaft zu engagieren. Mit dem Wissenschafts- und Studierendenunterstützungsgesetz wird der Hinzuverdienst aus allen systemrelevanten Branchen und Berufen künftig komplett von der Anrechnung auf das BAföG ausgenommen sein.

Besonders hart trifft die Pandemie aber Studierende, die keinen Anspruch auf BAFöG und auch ansonsten keine Einkommensquelle wie etwa wohlhabende Eltern haben. 40 Prozent derjenigen, die kein BAFöG bekommen, waren bisher schon auf umfangreiche Nebenjobs von über 10 Wochenstunden angewiesen, um ihr Studium zu finanzieren. Wer in einer Hochschule als Student eingeschrieben ist, hat keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II (Hartz IV). Wenn solche Studierende aufgrund der Pandemie ihren Job verlieren, sind sie nach bisherigem Recht gezwungen, ihr Studium aufzugeben.

Die Unionsfraktionen setzen sich durch: kein weitergehender Zugang zum BAFöG

Einig war sich die Koalition, dass für diese Studierenden eine Möglichkeit geschaffen werden muss, finanziell über die Runden zu kommen. Wer wegen Corona seinen Job verloren hat, soll sein Studium trotzdem fortsetzen und abschließen können. Heftigen Streit gab es jedoch über das Hilfesystem. Während die SPD vorschlug, das BAföG für Studierende zu öffnen, die normalerweise keinen Anspruch haben, bevorzugten die Unionsfraktionen Kredite von der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).

Durchgesetzt haben sich im Wesentlichen die Vorstellungen der Unionsfraktionen. Studierende können ab dem 8. Mai bei der KfW ein Darlehen beantragen, das bis zum 31. März 2021 für sie zinslos ist, da das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Zinsen bis zu diesem Zeitpunkt übernimmt.  Das Darlehen kann bis zu einer Höhe von bis zu 650 Euro im Monat in Anspruch genommen werden. Für Studierende aus EU-Mitgliedstaaten, die sich seit weniger als drei Jahren ständig in Deutschland aufhalten, sowie für Studierende aus Drittstaaten gilt dies ab dem 1. Juni 2020.

Studienkredite der KfW, für die Zinsen zu zahlen sind, helfen Studierende schon seit längerer Zeit

Den KfW-Kredit gibt es indessen bereits seit langem. Beanspruchen können ihn grundsätzlich Studierende der staatlich anerkannten Hochschulen in Deutschland, wenn sie zwischen 18 bis 44 Jahre alt sind. Zusätzlich müssen sie eine der folgenden Voraussetzungen erfüllen:

  • deutscher Staatsbürger mit inländischer Meldeadresse,
  • Familienangehörige eines deutschen Staatsbürgers, die sich mit ihm in Deutschland aufhalten und hier gemeldet sind,
  • EU-Staatsbürger, die sich rechtmäßig seit mindestens drei Jahren ständig in Deutschland aufhalten und hier gemeldet sind,
  • Familienangehörige eines solchen EU-Staatsbürgers, die sich mit ihm in Deutschland aufhalten und hier gemeldet sind,
  •  „Bildungsinländer“ und in Deutschland gemeldet. Bildungsinländer sind Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit, die ihre Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland erworben haben mit Ausnahme derjenigen, die sie an einem Studienkolleg erworben haben.

Kredite der KfW sind für rund elf Monate zinslos, besonders Bedürftige erhalten Geld aus einem Notfallfond

Neu in der Corona-Krise ist zum einen, dass befristet keine Zinsen für den Kredit entstehen. Das gilt im Übrigen auch für Diejenigen, die bereits ein Studiendarlehen der KfW bekommen. Zudem können auch ausländische Studierende, die sich seit weniger als drei Jahren in Deutschland aufhalten, das Darlehen in Anspruch nehmen, sofern sie ihren Erstwohnsitz in Deutschland haben.

Die Koalition hat sich darüber hinaus darauf geeinigt, dass dem Deutschen Studentenwerk 100 Millionen Euro für einen Studierenden-Notfallfond zur Verfügung gestellt werden. So soll über die Studentenwerke vor Ort denjenigen Studierenden geholfen werden, die sich in nachweislich in einer besonders akuten Notlage befinden und ganz unmittelbar Hilfe benötigen und keine andere Unterstützung in Anspruch nehmen können. Voraussetzung ist zudem, dass die bisherige Erwerbstätigkeit durch die Corona-Pandemie weggebrochen ist. Entscheidendes Kriterium ist die besonders dringliche und pandemie-bedingte Bedürftigkeit der Studentin bzw. des Studenten.

DGB: Die Hilfen reichen nicht, die Koalition muss dringend nachlegen

Der DGB hält die Regelungen für unzureichend und fordert deutliche Nachbesserungen. Um finanzielle Notlagen aufzufangen, sollte der Zugang zum BAföG entbürokratisiert und beschleunigt werden  - sowohl für Erstanträge als auch die Neuberechnung von BAföG-Ansprüchen, wenn sich die familiären Einkommensverhältnisse durch Kurzarbeit oder Jobverlust der Unterhaltspflichtigen geändert hätten. Überdies sollten mehr Studierende anspruchsberechtig sein und die Förderung in einen Vollzuschuss umgewandelt werden.

„Die Koalition muss dringend nachlegen, denn die geplanten Maßnahmen reichen bei weitem nicht aus. Studierenden nur einen Kredit der KfW anzubieten wird ihre finanzielle Not genauso wenig lösen, wie der überschaubare Nothilfefonds für Studierende“, sagte dazu die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack am Donnerstag in Berlin.

Zudem brauche es für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Qualifizierung verbindliche Regelungen der Vertragsverlängerung. Für Promovierende müssten die Förderwerke Gelder bekommen, um Promotionsstipendien pauschal und unbürokratisch für die Dauer des Lockdowns zu verlängern.
Hier geht es zur Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum Gesetzesentwurf
Wissenswertes zur Überbrückungshilfe für Studierende auf der Homepage Bundesministeriums für Bildung und Forschung

Dietmar Christians, Rechtsschutzsekretär und Online-Redakteur, DGB Rechtsschutz GmbH,Hauptverwaltung - Frankfurt am Main
Autor*in:
Dietmar Christians
Online-Redakteur (ehemals Rechtsschutzsekretär)
Onlineredaktion - Hauptverwaltung - Frankfurt am Main