dgb-logo
gemeinsam-ziele-erreichen
Neue Standards zum Arbeitsschutz in Zeiten von Corona

Neue Standards zum Arbeitsschutz in Zeiten von Corona

Arbeitsschutz und Corona - Maßnahmen für betrieblichen Infektionsschutz

Auch wenn die Schutzmaßnahmen wegen der Corona-Pandemie nach und nach zurückgefahren werden, bleibt und der Virus erhalten. Die Bundesregierung hatte bereits im Sommer Leitlinien zum Arbeitsschutz („SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard“) bekannt gegeben.

Im Januar 2021 hat sie diese auch in Hinblick auf die „zweite Welle“ mit der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) ergänzt. Die neue Verordnung tritt allerdings voraussichtlich bereits am 15. März 2021 wieder außer Kraft.

1. Wie muss mein Arbeitsplatz gestaltet sein? 

Alle Beschäftigten sollen ausreichend Abstand (mindestens 1,5 Meter) zu anderen Personen halten. Wo dies nicht möglich ist, müssen alternative Schutzmaßnahmen ergriffen werden, etwa Plexiglasabtrennungen oder Ähnliches.

Zusätzlich muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass alle, die sich in den Betrieben aufhalten, regelmäßig gründlich ihre Hände waschen können. Er muss seinen Beschäftigten nicht nur angemessen Zeit einräumen, sondern auch in der Nähe der Arbeitsplätze ausreichend Waschgelegenheiten, hautschonende Flüssigseife und Handtuchspender oder Desinfektionsmittelspender zur Verfügung stellen.

Kontakte der Beschäftigten untereinander müssen auf ein Minimum reduziert werden. Daher muss der Arbeitgeber Schichtpläne so gestalten, dass die Beschäftigten möglichst wenig Kontakt zueinander haben. Wenn ein direkter Kontakt der Beschäftigten untereinander, zu Kund*innen oder Dienstleistern nicht vermieden werden kann, muss der Arbeitgeber geeignete Schutzmasken zur Verfügung stellen.

Büroarbeit soll vorrangig im Homeoffice gemacht werden. Wo das nicht möglich ist, soll eine Mehrfachbelegung von Räumen vermieden werden.

2. Was gilt, wenn es notwendig ist, dass mehrere Kolleg*innen in einem Raum arbeiten müssen?

Ist erforderlich, dass mehrere Personen Räume gleichzeitig nutzen müssen, darf eine Mindestfläche von 10 Quadratmetern für jede im Raum befindliche Person nicht unterschritten werden. Das gilt nach der Verordnung aber nur „soweit die auszuführenden Tätigkeiten dies zulassen“. 

Lassen sie es nicht zu, hat der Arbeitgeber durch „andere geeignete Schutzmaßnahmen“ den gleichwertigen Schutz der Beschäftigten sicherzustellen. Das sind etwa Lüftungsmaßnahmen und geeignete Abtrennungen zwischen den anwesenden Personen.

3. Habe ich Anspruch darauf, meine Arbeiten im Homeoffice zu verrichten?

Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung bestimmt, dass der Arbeitgeber den Beschäftigten, die Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten verrichten, anzubieten muss, dass sie ihre Arbeit in der eigenen Wohnung ausüben können, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen.

Arbeitgeber sind also verpflichtet, Homeoffice anzubieten. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten das Angebot annehmen, soweit sie können.

Streit wird es voraussichtlich darüber geben, wann „zwingenden betriebsbedingten Gründe“ vorliegen. „Zwingend“ ist dabei mehr als „dringend“. Das Arbeitsministerium hat bekannt gegeben, dass es keine „faule Ausreden“ von Arbeitgebern dulden will. Technische oder organisatorische Gründe, etwa weil die technischen Voraussetzungen nicht vorlägen oder weil die betroffenen Beschäftigten noch nicht qualifiziert seien, können höchstens vorübergehend als Verhinderungsgrund angeführt werden.

Die Pflicht des Arbeitgebers, Homeoffice anzubieten, gilt Stand jetzt allerdings nur bis zum 15. März 2021.

4. Muss der Arbeitgeber mir eine Maske zur Verfügung stellen?

Der Arbeitgeber muss FFP2-Masken oder vergleichbare medizinische Atemschutzmasken zur Verfügung stellen, wenn

  • Er nicht für geeignete Raumbedingungen (siehe oben) sorgen kann
  • der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann
  • bei ausgeführten Tätigkeiten mit Gefährdung durch erhöhten Aerosolausstoß zu rechnen ist

Die medizinischen Gesichtsmasken müssen bis einschließlich 25. Mai 2021 den Anforderungen der EU-Richtlinien über Medizinprodukte entsprechen. Das heißt insbesondere, dass sie mit einer sogenannten „CE-Kennzeichnung“ ausgestattet sein müssen. 

5. Ich habe zusammen mit Kolleg*innen Außendienst. Gibt es Vorgaben für gemeinsame Dienstfahrten?

Gemeinsame Fahrten sollen vermieden werden. Wenn mehrere Beschäftigte zu einem gemeinsamen auswärtigen Termin reisen, hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass sie möglichst nicht gleichzeitig ein Fahrzeug nutzen müssen.  Wenn mehrere Beschäftigte ein Firmenfahrzeug nutzen müssen, soll der Kreis der Nutzer klein gehalten werden, zum Beispiel indem einem festgelegten Team ein Fahrzeug zugewiesen wird.

Innenräume der Firmenfahrzeuge sind regelmäßig zu reinigen, insbesondere bei Nutzung durch mehrere Personen.

Fahrten zur Materialbeschaffung bzw. Auslieferung sind nach Möglichkeit zu reduzieren, Tourenplanungen sind entsprechend zu optimieren.

Bei Transport- und Lieferdiensten muss bei der Tourenplanung berücksichtigt werden, dass zeitnah sanitäre Einrichtungen aufgesucht werden können, weil viele öffentliche Toiletten derzeit wegen der Pandemie geschlossen sind.

Wenn Arbeiten außerhalb des Betriebes in Teams verrichtet werden müssen, hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass die Teams möglichst klein sind (2 bis 3 Personen). Außerdem sollen es feste Teams sein, um wechselnde Kontakte bei Fahrten und Arbeitseinsätzen außerhalb der Betriebsstätte zu reduzieren.

6. Wie müssen Pausenräume und Kantinen beschaffen sein?

Es muss ein ausreichender Abstand (mindestens 1,5 Meter) zwischen den Benutzern sichergestellt werde, zum Beispiel dadurch, dass Tische und Stühle nicht zu dicht beieinander stehen. Es ist darauf zu achten, dass möglichst keine Warteschlangen bei der Essensaus- und Geschirrrückgabe sowie an der Kasse entstehen. Wenn nötig sind die Kantinen- und Essensausgabezeiten zu erweitern.

Wenn Kantinen und Pausenräume nicht so umorganisiert werden können, dass ausreichend Sicherheitsabstände bestehen, sollen sie geschlossen werden.

7. Dürfen Arbeitsmittel und Werkzeuge noch von mehreren Beschäftigten benutzt werden?

Verboten ist das nicht. Der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard gibt aber vor, dass Werkzeuge und Arbeitsmittel nach Möglichkeit nur von einer Person zu verwenden sind. Wenn das nicht möglich ist, muss das Werkzeug oder das Arbeitsmittel stets gereinigt werden, bevor es einer anderen Person übergeben wird. Außerdem sollen die Beschäftigten Schutzhandschuhe tragen, wenn die Arbeiten es zulassen.

8. Muss mein Arbeitgeber mir Schutzkleidung zur Verfügung stellen?

Wenn Beschäftigte wegen der Art der Arbeit einen Kontakt zu anderen Personen nicht vermeiden können beziehungsweise die Schutzabstände von mindestens 1,5 Metern nicht einhalten können, muss der Arbeitgeber „Mund-Nase-Bedeckungen“, also Schutzmasken, zur Verfügung stellen. In besonders gefährdeten Arbeitsbereichen muss der Arbeitgeber die Beschäftigten mit einer persönlichen Schutzausrüstung (PSA) ausstatten und deren Verwendung strikt anweisen.

9. Darf dieselbe Arbeitskleidung von mehreren Personen getragen werden?

Ein klares Nein. Der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard schreibt strikt vor, dass nicht nur die Persönlicher Schutzausrüstung (PSA), sondern jegliche Arbeitsbekleidung nur von ein und derselben Person getragen werden darf.

10. Wie müssen Arbeitskleidung und persönliche Schutzausrüstung im Betrieb aufbewahrt werden?

Arbeitskleidung und persönliche Schutzausrüstung müssen getrennt von der Alltagskleidung aufbewahrt werden.

Wenn ausgeschlossen ist, dass zusätzliche Infektionsrisiken und/oder Hygienemängel entstehen und hierdurch zugleich innerbetriebliche Personenkontakte vermieden werden können, soll Ihnen der Arbeitgeber das An- und Ausziehen der Arbeitskleidung zuhause gestatten.

11. Darf der Arbeitgeber mich nach Hause schicken, wenn ich huste und Fieber habe?

Er muss es sogar. Wenn Sie die typischen Anzeichen einer Corona-Infektion zeigen wie Fieber, Husten und Atemnot, müssen Sie umgehend das Firmengelände verlassen und in Ihre Wohnung zurückkehren. Sie müssen sich telefonisch unverzüglich an ihren behandelnden Arzt oder das Gesundheitsamt wenden.
Bis ein Arzt feststellt, dass Sie nicht mit dem Virus infiziert sind, gelten Sie als arbeitsunfähig.

12. Muss mein Arbeitgeber mich darauf hinweisen, wenn ich mit einer/m Kolleg*in Kontakt hatte, bei der ein Verdacht auf Infektion besteht?

Der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard verpflichtet den Arbeitgeber dazu, ein Verfahren zur Abklärung von Verdachtsfällen festzulegen. Er soll in einem betrieblichen Pandemieplan Regelungen treffen, um bei bestätigten Infektionen diejenigen Personen (Beschäftigte und wo möglich Kunden) zu ermitteln und zu informieren, bei denen durch Kontakt mit der infizierten Person ebenfalls ein Infektionsrisiko besteht.

13. Was kann ich machen, wenn der Arbeitgeber gegen Pflichten verstößt, die ihm der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard auferlegt?

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen (§ 3 Arbeitsschutzgesetz). Verstößt der Arbeitgeber gegen diese Pflicht, haben Sie als Beschäftigter verschiedene rechtliche Möglichkeiten. Sie können den Arbeitgeber beim Gesundheitsamt oder dem Gewerbeaufsichtsamt anzeigen oder Sie könnten ihn beim Arbeitsgericht verklagen.

Wenn die Arbeit für Sie eine erhebliche objektive Gefahr darstellt oder es zumindest einen ernsthaften und objektiv begründeten Verdacht gibt, dass Sie durch die Arbeit an Leib oder Gesundheit gefährdet werden, haben Sie die Möglichkeit, Ihre Arbeitsleistung zu verweigern.

Trifft der Arbeitgeber keine geeigneten Schutzmaßnahmen oder lässt er Verdachtsfälle sogar weiter in den Betrieb, hat der Arbeitnehmer ein Zurückbehaltungsrecht, weil seine Gesundheit ernsthaft gefährdet ist. Er muss dann solange nicht in den Betrieb, bis der Arbeitgeber geeignete Maßnahmen getroffen hat.
Sie müssen aber dem Arbeitgeber ausdrücklich erklären, dass Sie wegen der Gesundheitsgefährdung Ihre Arbeit verweigern, bis er für geeignete Schutzmaßnahmen gesorgt hat.