Der Bundestag hat am 25. März ein umfangreiches Sozialpaket beschlossen, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie abzumildern. Der Zugang zum Arbeitslosengeld II und zum Kinderzuschlag wird erleichtert.
1. Inwieweit wird während der Pandemie mein Erspartes angerechnet?
Die Höhe des ALG II hängt von der Hilfebedürftigkeit ab. Wenn Sie Hartz IV beantragen, wird normalerweise Ihr Vermögen und das Vermögen von Menschen geprüft, die mit Ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben (Angehöriger/Lebenspartner).
Wer zwischen dem 1. März und dem 30. September 2020 einen Antrag auf Leistungen der Grundsicherung stellt und dabei erklärt, über kein erhebliches Vermögen zu verfügen, darf Erspartes in den ersten sechs Monaten behalten. Frühestens ab 1. Juli greifen wieder die bislang geltenden Regelungen für den Einsatz von Vermögen. Auch Folgeanträge werden unbürokratisch für zwölf Monate weiterbewilligt.
2. Was ist ein erhebliches Vermögen?
Das richtet sich nach dem Wohngeldgesetz (§ 21 Nummer 3). Es geht nur um Vermögen, das Sie sofort verwerten können, also etwa Barmittel, Girokonten, Sparbücher, Schmuck, Aktien und kapitalisierte Lebensversicherungen.
Erheblich ist das Vermögen, wenn es in der Summe 60.000 Euro für das erste zu berücksichtigende Haushaltsmitglied sowie jeweils 30.000 Euro für jedes weitere zu berücksichtigende Haushaltsmitglied übersteigt.
3. In welcher Höhe werden während der Pandemie Kosten für Unterkunft und Heizung berücksichtigt?
Wenn Ihr Bedarf berechnet wird, werden normalerweise nur Kosten berücksichtigt, insoweit sie angemessen sind. Viele Hilfsbedürftige wohnen deshalb aus der Sicht des Jobcenters in zu teuren Wohnungen. Häufig sind Sie deshalb gezwungen, in billigere Wohnungen umzuziehen.
Wenn Sie zwischen dem 1. März und dem 30. September 2020 einen Antrag auf existenzsichernde Leistungen nach dem SGB II, dem SGB XII und dem Sozialen Entschädigungsrecht stellen, werden in den ersten sechs Monaten des Leistungsbezugs die Ausgaben für Wohnung und Heizung in jedem Fall in tatsächlicher Höhe anerkannt.
4. Wie lange kann ich ALG II bekommen?
Solange Sie bedürftig sind. Das Jobcenter entscheidet allerdings immer nur über ALG II für einen gewissen Zeitraum. In der Regel beträgt er ein Jahr. Er kann aber auch kürzer sein. Das ergibt sich aus dem Bewilligungsbescheid. Wenn Sie weiterhin ALG II benötigen, müssen Sie rechtszeitig einen neuen Antrag stellen, bevor der Bewilligungszeitraum endet. Eine Ausnahme gibt es, wenn der Bewilligungszeitraum zwischen dem 31. März und dem 30. August 2020 endet. In diesem Fall brauchen Sie ausnahmsweise keinen neuen Antrag stellen. Das Jobcenter wird auf der Grundlage des Antrages, den Sie zuletzt gestellt haben, die Leistung ohne Prüfung weiterbewilligen.
Wenn Sie in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie das erst Mal ALG II beantragen, wird das Jobcenter sehr wahrscheinlich die Leistung nur für ein halbes Jahr bewilligen. Das wird deshalb so sein, weil das vereinfachte Verfahren ohne Prüfung des Vermögens nur für sechs Monate gilt und das Jobcenter nach deren Ablauf ohnehin Ihr Vermögen prüfen muss.
5. Was muss ich unternehmen, wenn der Bewilligungszeitraum zwischen dem 31. März und dem 30. August 2020 endet?
Wenn der Bewilligungszeitraum zwischen dem 31. März und dem 30. August 2020 endet, entscheidet das Jobcenter ausnahmsweise ohne Antrag darüber, für welchen Zeitraum es ALG II weiterbewilligt. Es unternimmt keine weitere Prüfung, sondern geht von den Bedingungen zum Zeitpunkt aus, an dem Sie den vorherigen Antrag gestellt haben. ALG II wird also in bisheriger Höhe weiter gewährt.
Wenn der vorherige Bescheid ein endgültiger Bescheid war, bewilligt das Jobcenter die Leistung für ein Jahr weiter. Wenn der Bewilligungszeitraum zum Beispiel am 30.Juli 2020 endet, bewilligt das Jobcenter ohne Antrag ALG II bis zum 30.Juli 2021 weiter.
Wenn das Jobcenter mit dem vorherigen Bescheid nur vorläufig entschieden hatte, bewilligt es ALG II ohne Antrag nur für sechs Monate weiter. Für die Zeit danach müssten Sie gegebenenfalls einen neuen Antrag stellen.
6. Muss ich dem Jobcenter mitteilen, wenn sich im Bewilligungszeitraum bei meinem Einkommen oder hinsichtlich meines Vermögens etwas ändert?
Ja, das müssen Sie. § 60 Sozialgesetzbuch II bestimmt, dass Sie der Agentur für Arbeit jede Änderung in Ihren persönlichen Verhältnissen mitteilen müssen, die sich auf Ihren Anspruch auf ALG II auswirken kann. Das ändert grundsätzlich auch das vereinfachte Verfahren nichts.
Wenn Sie in der Zeit vom 1. März bis zum 30. Juni 2020 das erste Mal einen Antrag auf Leistungen der Grundsicherung gestellt und dabei erklärt haben, über kein erhebliches Vermögen zu verfügen, müssen Sie erst Änderungen in Ihren Vermögensverhältnissen erklären, wenn es um die Zeit nach Ablauf der ersten sechs Monate geht.
Wenn sich an Ihren Einkünften oder den Einkünften eines Mitgliedes Ihrer Bedarfsgemeinschaft etwas ändert, müssen Sie das unverzüglich mitteilen.
7. Was ist eine Bedarfsgemeinschaft?
Was unter einer Bedarfsgemeinschaft zu verstehen ist, regelt § 7 Sozialgesetzbuch II. Danach besteht sie aus
- Ihnen selbst,
- Ihren Eltern oder eines Ihrer Elternteile, wenn Sie bei Ihnen im Haushalt leben, Sie selbst nicht verheiratet sind und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sowie die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner eines Elternteils
- Ihre Partnerin oder Ihr Partner, mit der/dem Sie zusammenleben, auch wenn Sie nicht mit ihr/ihm verheiratet sind
- Eine Person, mit der Sie in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenleben, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Das Jobcenter darf eine solche „Einstehensgemeinschaft“ vermuten, wenn sie mit jemanden länger als ein Jahr zusammenleben, mit ihr/sie ein gemeinsames Kind haben, Kinder oder Angehörige gemeinsam versorgen oder Sie über ihr/sein Vermögen verfügen dürfen.
- Kinder eines der genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.
Die Bedarfsgemeinschaft ist für die Berechnung des ALG II sehr wichtig. Die Leistung bekommen Sie nur, wer Sie erwerbsfähig und bedürftig sind. Wer nicht erwerbsfähig ist, hat Anspruch, wenn er mit jemanden in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, der erwerbsfähig ist, wenn die Bedarfsgemeinschaft bedürftig ist. Berücksichtigt werden dabei die Einkommen und Vermögen aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft.
Gegenstand vieler Verfahren vor den Sozialgerichten ist die Frage, wer zur Bedarfsgemeinschaft gehört, insbesondere ob Menschen, die zusammenleben, eine „Einstehensgemeinschaft“ oder lediglich eine Wohngemeinschaft bilden. Mitglieder einer Wohngemeinschaft bilden nämlich keine Bedarfsgemeinschaft.
8. Wann habe ich einen Anspruch auf Kinderzuschlag?
Unter folgenden Voraussetzungen haben Arbeitnehmer*innen, die Kinder unter 25 Jahre haben, die nicht verheiratet sind oder in einer Lebenspartnerschaft leben, für die sie Kindergeld bekommen, Anspruch auf einen Kinderzuschlag von der Familienkasse:
- Das Familieneinkommen beträgt mindestens 900 Euro (Paare) beziehungsweise 600 Euro (Alleinerziehende) brutto.
- Das Familieneinkommen einschließlich Kindergeld und eventuell Wohngeld reicht für den Bedarf nicht aus und Sie hätten einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II (Hartz IV).
- Das Familieneinkommen einschließlich Kindergeld und eventuell Wohngeld plus Kinderzuschläge reicht aus und Sie hätte keinen Anspruch auf Hartz IV mehr.
Das Sozialschutz-Paket der Bundesregierung zur Bewältigung der Corona-Krise enthält einen vereinfachten Zugang zum Kinderzuschlag.
Während der Corona-Pandemie prüft die Arbeitsagentur bei Neuanträgen nur das letzte Monatseinkommen und nicht wie im „Normalfall“ der letzten sechs Monate. Bewilligungen, die in der Zeit vom 1. April bis 30. September 2020 enden, werden einmalig um sechs Monate verlängert.
Hier geht es zum Antrag