Den Kläger freut es: Das Häuschen auf dem großen Grundstück bleibt sein Eigen. © Adobe Stock rangizzz
Den Kläger freut es: Das Häuschen auf dem großen Grundstück bleibt sein Eigen. © Adobe Stock rangizzz

In Itzehoe sah sich ein 63-Jähriger vor dem Aus seiner Lebensgrundlage für das Alter. Er hatte Leistungen des Jobcenters beantragt. Mit Hinweis auf sein Haus und sein Grundstück lehnte die Behörde seinen Antrag ab. Er müsse sein Haus erst verkaufen und das Geld danach aufbrauchen - und das kurz vor der Rente.

 

Die Jurist*innen des DGB Rechtsschutz in Kiel halfen ihm. Weil das Jobcenter stur blieb, musste das Gericht entscheiden.

 

Das Haus war zu groß geworden
 

Das Jobcenter hatte festgestellt, dass der Kläger Alleineigentümer seines Hausgrundstücks war. Er bewohnte dort 105 m², obwohl rund 90 m² ausreichend wären. Seine Kinder waren zwischenzeitlich ausgezogen, sodass die dem Kläger zustehende Wohnfläche herabgesetzt werden müsse. Außerdem sei das Grundstück viel zu groß. Bevor der Kläger weitere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II beziehen könne, müsse er das Haus verkaufen. 

 

Der Mann verfügte auch über einen alten Mercedes und ein Sparguthaben von knapp 10.000 €. Auch hieraus ergebe sich, dass kein Anspruch auf Arbeitslosengeld II bestehe.

 

So geht das nicht, meinte das Sozialgericht. Die Beklagte habe zu Unrecht abgelehnt, dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu gewähren, denn die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zahlung lägen vor.

 

Nicht jedes Vermögen muss verwertet werden

 

Nach dem SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Hierunter falle aber nicht das Hausgrundstück des Klägers, so das Sozialgericht. Dessen Verwertung sei ausgeschlossen, weil darin eine besondere Härte liege.

 

Eine besondere Härte kann nur bei außergewöhnlichen Umständen bestehen, die nicht von einer ausdrücklichen Freistellung über das Schonvermögen erfasst sind. Es muss sich um Umstände handeln, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte. 

 

Deshalb sind als besondere Härte nur besondere, bei anderen Hilfsbedürftigen regelmäßig nicht anzutreffenden Umstände beachtlich.

 

Der Verkauf des Hauses stellt eine besondere Härte dar

 

Nach Auffassung des Gerichts war beim Kläger eine besondere Härte gegeben. Er stehe bereits kurz vor Erreichen des Rentenalters. Daneben habe er beabsichtigt, die Immobilie als Altersvorsorge bzw. Rentenvorsorge zu nutzen. Die Verwertung des Hausgrundstücks sei unzumutbar und sozial ungerecht.

 

Auch sein Sparguthaben müsse der Kläger nicht vorrangig verbrauchen. Es überschreite den ihm zustehenden Freibetrag nicht. Der vorhandene, alte Mercedes ändere daran nichts. Das Auto sei bereits 2005 zugelassen worden und habe einen Wert von höchstens 3.000 €. Das Bundessozialgericht gehe von einen Mindestwert von 7.500 € dafür aus, dass das Jobcenter einen Verkauf des Autos verlangen dürfe.

 

Mit 63 Jahren verlor der Kläger nun doch nicht noch alles!

Wir hoffen, es bleibt dabei. Das Jobcenter legte Berufung zum Landessozialgericht Schleswig-Holstein ein. Dort ist das Verfahren unter dem AZ L 6 AS 10026/21 anhängig. 

Dass ein Prozess auch anders ausgehen kann zeigt ein Fall aus Detmold. Lesen Sie dazu:

 

Wohnhaus als Vermögen kann Hilfebedürftigkeit ausschließen

Hier geht es zum Urteil des Sozialgerichts Itzehoe

 

 

 

 

Rechtliche Grundlagen

§ 12 SGB II

(1) Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen.

(2) Vom Vermögen sind abzusetzen

1. ein Grundfreibetrag in Höhe von 150 Euro je vollendetem Lebensjahr für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende volljährige Person und deren Partnerin oder Partner, mindestens aber jeweils 3 100 Euro; der Grundfreibetrag darf für jede volljährige Person und ihre Partnerin oder ihren Partner jeweils den nach Satz 2 maßgebenden Höchstbetrag nicht übersteigen,
1a. ein Grundfreibetrag in Höhe von 3 100 Euro für jedes leistungsberechtigte minderjährige Kind,
2. Altersvorsorge in Höhe des nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge geförderten Vermögens einschließlich seiner Erträge und der geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträge, soweit die Inhaberin oder der Inhaber das Altersvorsorgevermögen nicht vorzeitig verwendet,
3. geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, soweit die Inhaberin oder der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand aufgrund einer unwiderruflichen vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann und der Wert der geldwerten Ansprüche 750 Euro je vollendetem Lebensjahr der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person und deren Partnerin oder Partner, höchstens jedoch jeweils den nach Satz 2 maßgebenden Höchstbetrag nicht übersteigt,
4. ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750 Euro für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Leistungsberechtigten
Bei Personen, die
1. vor dem 1. Januar 1958 geboren sind, darf der Grundfreibetrag nach Satz 1 Nummer 1 jeweils 9 750 Euro und der Wert der geldwerten Ansprüche nach Satz 1 Nummer 3 jeweils 48 750 Euro,
2. nach dem 31. Dezember 1957 und vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, darf der Grundfreibetrag nach Satz 1 Nummer 1 jeweils 9 900 Euro und der Wert der geldwerten Ansprüche nach Satz 1 Nummer 3 jeweils 49 500 Euro,
3. nach dem 31. Dezember 1963 geboren sind, darf der Grundfreibetrag nach Satz 1 Nummer 1 jeweils 10 050 Euro und der Wert der geldwerten Ansprüche nach Satz 1 Nummer 3 jeweils 50 250 Euro
nicht übersteigen.

(3) Als Vermögen sind nicht zu berücksichtigen
1. angemessener Hausrat,
2. ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person,
3. von der Inhaberin oder dem Inhaber als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnete Vermögensgegenstände in angemessenem Umfang, wenn die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person oder deren Partnerin oder Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist,
4. ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung,
5. Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks von angemessener Größe bestimmt ist, soweit dieses zu Wohnzwecken behinderter oder pflegebedürftiger Menschen dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
6. Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde.
Für die Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende maßgebend.

(4) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs. Wesentliche Änderungen des Verkehrswertes sind zu berücksichtigen.