Wahrheitspflicht gilt schon bei der Einstellung. Copyright by codiarts/Fotolia
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Ein junger Mann aus Rheinland-Pfalz hatte sich um die Einstellung in den Vorbereitungsdienst der Bundespolizei beworben. Er wollte dort seine Ausbildung zum Polizeibeamten im mittleren Polizeivollzugsdienst machen.
 
Nach der Ablehnung seines Antrages leitete er eine Eilverfahren beim Verwaltungsgericht ein. Er wollte damit erreichen, zunächst einmal bis zum Abschluss des eigentlichen Verfahrens vorläufig aufgenommen zu werden. Das Verwaltungsgericht gab seinem Antrag allerdings nicht statt.

Früheres Ermittlungsverfahren

Gegen den Antragsteller war zu einem früheren Zeitpunkt einmal ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Das hatte er im Einstellungsverfahren verschwiegen. Es ging dabei um den Vorwurf einer Körperverletzung. Der Verdacht bestätigte sich allerdings nicht und das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt.
 
Der Bewerber galt damit strafrechtlich als völlig unbescholtener Bürger. Dennoch sah das Gericht Zweifel an seiner charakterlichen Eignung.
 

Wohlverhaltenspflicht im Beamtenverhältnis

Alle Beamten sind gegenüber ihrem Dienstherrn zur Treue verpflichtet. Dazu gehört auch die sogenannte Wohlverhaltenspflicht. Diese beinhaltet ein Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes, das der Achtung und dem Vertrauen des jeweiligen Berufes gerecht werden muss.
Beamt*innen sind demnach unter anderem gehalten, gegenüber dem Dienstherrn stets die Wahrheit zu sagen. Das betreffe auch das Bewerbungsverfahren, so das Verwaltungsgericht Mainz.
 

Charakterliche Eignung eines Bewerbers ist wesentliches Kriterium

Beamte sind nach Eignung, Leistung und Befähigung einzustellen und zu befördern. Das gibt das Grundgesetz in Art 33  vor. Ganz wesentlich für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis ist dabei die Eignung eines*er Bewerbers*in. Dazu zählt nicht nur die fachliche Eignung sondern auch die charakterliche Eignung.
 
An die charakterliche Eignung dürften bei einer Einstellung in den Polizeivollzugsdienst besonders hohe Anforderungen gestellt werden, so das Gericht. Dabei erforderten die dienstlichen Aufgaben eines Polizisten bei einem*einer Bewerber*in, dass er*sie die Freiheitsrechte der Bürger wahre und rechtsstaatliche Regeln beachte.
 
Das Verschweigen eines Ermittlungsverfahren stelle eine Verhaltensweise dar, die schon für sich alleine genommen geeignet sei, die charakterliche Integrität des Bewerbers in Frage
zu stellen. Das sehen auch andere Verwaltungsgericht ebenso.
 

Pflicht zu wahrheitsgemäßen Angaben im Bewerbungsverfahren

Das Gericht sah berechtigte Zweifel an der charakterlichen Eignung des jungen Mannes. Das gegen ihn gerichtete Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung war zwar eingestellt worden. Er hatte im Bewerbungsverfahren jedoch verschwiegen, dass es ein solches Verfahren gegeben hatte.
 
Im Bewerbungsverfahren war er jedoch auch danach gefragt worden, unabhängig vom Ausgang eines solchen Ermittlungsverfahrens. Denn durch die Angabe  - auch eingestellter  - Verfahren werde der Dienstherr überhaupt erst in die Lage versetzt, sich durch Beiziehung der Ermittlungsakten ein umfassendes Bild über den*die Bewerber*in zu machen. Dies gelte insbesondere dafür, ob er*sie den besonderen charakterlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienst gewachsen sein werde.
 
Dadurch, dass der Antragsteller des hiesigen Verfahrens diese abgefragten Angaben nicht machte, habe er die Bedeutung der Pflicht zu Wahrheit gegenüber seinem Dienstherrn verkannt. Er habe außerdem eigene Interessen in den Vordergrund gestellt. Das lasse für die Zukunft gleich gelagertes Fehlverhalten erwarten.
 
Hinzu komme, dass auch der Vorwurf einer Körperverletzung im Widerspruch zur Tätigkeit eines Polizeibeamten stehe. Zu dessen Aufgaben gehöre es nämlich, Straftaten zu verhindern und zu verfolgen.
 
In dieser Situation habe der Dienstherr die Bewerbung ablehnen dürfen.

 

LINKS:

 

Ablehnung einer Bewerbung für den mittleren Polizeivollzugsdienst

 

Einstellung in den Justizvollzugsdienst; Verneinung der charakterlichen
Eignung ("Kollegenstreich" wegen "Lagerkoller")

 

Schadensersatz wegen verspäteter Übernahme in das Probebeamtenverhältnis

 

Beamtenrecht

Das sagen wir dazu:

Diese Entscheidung gilt keinesfalls uneingeschränkt in der Pauschalität, es fehle die charakterliche Eignung eines Bewerbers, wenn er ein eingestelltes Ermittlungsverfahren verschweige.

Man bedenke, es ging dabei nicht um ein laufendes Strafverfahren, sondern es liefen erst Ermittlungen. Bereits einfache Anzeigen ohne vollständigen Nachweis des Sachverhaltes können solche Ermittlungen nach sich ziehen.

Völlig unbescholtene Bürger geraten damit häufig in das Visier der Staatsanwaltschaft. Wird das Ermittlungsverfahren eingestellt, bleibt vom ursprünglichen Vorwurf nichts mehr. Der*die Betroffene kann dann jederzeit von sich sagen, noch nicht straffällig geworden zu sein.

Aber dem Gericht wird man durchaus darin folgen können, dass unterschiedliche Berufe auch unterschiedliche Grade der charakterlichen Eignung mit sich bringen müssen. Gerade im Polizeidienst wird es zweifelsohne wichtig, nur diejenigen Bewerber*innen einzustellen, die es auch außerhalb des Diensts mit der Rechtsordnung ernst nehmen. Dazu gehört nun auch einmal die Wahrheitspflicht gegenüber dem Dienstherrn.

Selbstverständlich müssen Polizeibeamte damit in diesem Sinne charakterlich geeignet sein. Uneingeschränkt davon auszugehen, dass der fehlende Hinweis im Bewerbungsverfahren auf ein eingestelltes Ermittlungsverfahren generelle Zweifel an der charakterlichen Eignung eines Bewerbers mit sich bringt, ist in dieser Pauschalität allerdings abzulehnen.

Das dürfte für angehende Polizeibeamte ebenso wie für andere Berufsgruppen gelten.

Hier lag der Sachverhalt jedoch anders. Im Bewerbungsverfahren war ausdrücklich nach früheren Ermittlungsverfahren gefragt worden. Es gab einen expliziten Hinweis darauf, dass das auch für eingestellte Verfahren gelte. Hier die Unwahrheit zu sagen, stellt schon einen Verstoß gegen die Wahrheitspflicht im angehenden Beamtenverhältnis dar, der dazu berechtigt, den*die Bewerber*in abzulehnen.

Rechtliche Grundlagen

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 33
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.